Читать книгу Der Horoskop-Killer - Angela L. Forster - Страница 15
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Christoph Eichberger füllte Kaffee in seinen Lieblingsbecher. Robert, sein siebenjähriger Sohn, hatte diesen im Kindergarten mit dicken gelben Sonnen und Strichmännchen bemalt.
»Ich glaub es nicht«, sagte der, drehte den Kopf und lächelte. »Du als eingefleischte Atheistin, des bayrisch katholischen Glaubens Abtrünnige, liest das Horoskop? Sag nur, du glaubst solch okkultistischen Schmarrn?«
»Agnostikerin«, murmelte Petra, »und jetzt komm her und sieh dir das an.«
Mit den Händen auf den Schreibtisch gestützt blickte Eichberger über die Schulter seiner Kollegin, auf eine Seite, die ausgeschmückt mit nachtblauem Wolkenhimmel, goldenen Sternen, verheißend auf Hoffnungen und Sehnsüchte des nächsten Jahres hinwies. »Und?« Sein Atem roch nach Kaffee, der sich mit dem Hauch einer Zitrus-Note seines Aftershave mischte.
»Und?« Petra klang vorwurfsvoll. »Verdammt, erkennst du das nicht?«
Kopfschütteln.
»Pfeil und Bogen.« Nachdrücklich tippte sie auf das Tierkreiszeichen des Schützen.
»Du meinst …?« Eichberger runzelte die Stirn, löste sich vom Holz und wühlte in den Unterlagen. »Karin Bertram, Bertram. Wo … hier. Geboren am 27.11.1975, das heißt, sie ist, war, Sternzeichen Schütze. Schön und gut, nur was beweist uns das?«
Petra zog die Akte aus Eichbergers Händen und las laut. »Der vierundfünfzigjährige Oberarzt Wolfgang Vogler war Skorpion und starb am 20.11.2008 an Zyankalivergiftung, mit einer Kanüle in seine Halsschlagader injiziert.«
Eichberger zuckte die Achseln. »Kein Zusammenhang zwischen den letzten beiden Toten. Kein Verwandtschaftsverhältnis, weder Freunde noch Bekannte. Auch war sie in keinem Bogenschützenverein gemeldet. Geschweige jemals Patientin in der Uni-Klinik. Alles abgeklärt.«
Hektisch winkte Petra ab. »Hör zu. Vogler wurde im Sternzeichen Skorpion geboren, warte … Geboren am 19.11.1956.«
»Schalt ’nen Gang runter«, sagte Eichberger. »Er ist zwar zeitnah geboren und gestorben, aber die Erfahrung zeigt, das soll vorkommen. Und dass wir einen Täter suchen, den immer am letzten Tag des Sternzeichens ein Durchdreher erwischt, ist eine Tatsache, mit der sich das Team seit Monaten rumschlägt. Warum veranstaltest du jetzt so einen Wirbel?«
»Christoph, das ist … Verdammt, wir sind solche Idioten.« Sie schlug die Fingerspitzen an die Stirn und warf einen Blick aus dem Fenster. Weißgraue Wolken trieben durch kahle Birkenstämme, Eichen und Blutbuchen, die den Bürgersteig mit bronzenen und tiefroten Blättern wie einen Teppich bedeckten. Sie holte tief Luft. »Verstehst du nicht?«, sagte sie und blickte Eichberger ins Gesicht. Die zwei Zentimeter lange Narbe, die auf linker Stirnseite waagerecht verlief, hielt sie für einen Wimpernschlag gefangen. »Monatelang suchen wir nach Übereinstimmungen, wälzen uns Seite für Seite durch Papiere, wühlen an Tatorten herum und übersehen das Wesentliche.«
Eichberger nickte. Langsam dämmerte ihm, was seine Kollegin versuchte, zu erklären. »Willst du mir sagen, wir haben es mit einem …«
»… psychopathischen Horoskop-Killer, der jeden Monat am letzten Tag des aktuellen Sternzeichens mordet, zu tun.« Sie lehnte sich zurück, spürte beschwörendes Magenknurren, zündete eine Zigarette an.
Oma Johannas Worte erklangen widerhallend: »Kind, wenn du schon dieses Kraut rauchst, dann nicht auf nüchternen Magen.«
Oma hatte recht. Jedes Mal wurde ihr kotzübel. Doch sie hatte die Wahl. Großmutter Johannas Rat beherzigen oder aufhören mit der Qualmerei. Eine gesunde, leider auch anstrengende Alternative, die als guter Vorsatz fürs nahende neue Jahr sich gedanklich in die Liste der mehr oder weniger durchführbaren Vorsätze einreihte.
Wie gern wäre sie Weihnachten zu Oma Johanna ins Alte Land nach Jork gefahren. Sie könnte mit ihr über die Weide laufen, soweit Omas zweiundneunzig Jahre dies zuließen. Geschichten aus Kindertagen hören. Ihre Nähe genießen und sich beim Knistern im Kamin und leckerem Walnusskuchen an sie schmiegen. »Kind, dass wäre schön, dann wären wir eine nette Runde«, sagte Oma letzte Woche, als sie sie anrief. Sie hatte ihre Worte nicht verstanden. Hatte Oma Besuch? Wen hatte sie eingeladen? Hoffentlich nicht ihre Eltern und ihren Bruder.
Petra stöhnte hörbar auf. Aber ihr Schnaufen vertrieb nicht die Präsenz der vermaledeiten Mordserie, die einen Urlaub, zählte man zur kinderlosen Singlegruppe, unmöglich machte. Bereits daran zu denken erübrigte sich, fiel der Blick auf den Bereitschaftsplan, der an jeder Bürotür mahnte.
»Horoskop-Killer«, brummte Eichberger. Nachdenklich knetete er sein Kinn, als kontrolliere er seinen akkuraten Kinnbart und dessen Wuchs.
Seit April dieses Jahres geschah jeden Monat ein Mord, und außer der Datumsthese hielten sie nichts in der Hand. Der Täter schien ein Superhirn zu sein, dass ihnen ständig eine Nasenlänge voraus war und jegliche Spur verwischte.