Читать книгу Der Horoskop-Killer - Angela L. Forster - Страница 7

Оглавление

4

»Üble Sache heute Morgen.« Lichtenstein blinzelte aus zusammengekniffenen Brauen und grapschte gezielt in die Zweierreihe Flaschen, die drei Schritte weiter akkurat nebeneinanderplatziert an Soldaten beim Appell erinnerten.

Also doch, dachte Frank. Peter hatte sich über die Ladung Kaffee auf seiner Wampe bei seinem Saufkumpan Arni ausgeheult.

Trotz der Ernsthaftigkeit der Lage, in der er sich befand, schmunzelte er, vermied jedoch Lichtensteins Blick. Peter, als Lacher der Abteilung. Ein übergewichtiger, gekochter, zum Leben erwachter Hummer, der auf dem Flur an den Kollegen wie ein Pfeil vorbeischoss. Ein Bild, das im Verlag Wochen für Gesprächsstoff sorgen würde.

Lichtenstein füllte zwei Stumpengläser mit ölig gelblicher Flüssigkeit, schob Frank eins in die Hand.

»Schwamm drüber. Peter kläfft wie’n Bluthund, dem man das Karnickel klaut, aber der beruhigt sich wieder.« Mit absterbendem Lächeln kippte er das Hochprozentige, das einer Tinktur zum Hühneraugenentfernen glich, in seinen Schlund. »Das Teufelszeug ist von meinem Vierundfünfzigsten übrig geblieben.« Er schmatzte, um den Geschmack des Alkohols einen Augenblick zu verlängern. Dann schnappte er nach der Flasche und schwenkte sie durch die Luft. »Frank, ich nenn’ Sie Frank«, setzte er erneut an, »wir Zeitungsleute sind doch eine Familie.«

Lichtenstein füllte sein Glas erneut, setzte es an den Mund, entfernte es, leckte sich die Lippen ohne getrunken zu haben und zögerte. »Nun, was soll ich sagen?« Als wolle er seiner Rede mehr Ausdruck verleihen, schob er den birnenförmigen Bauch vor, lachte wieder, nur dünn und nicht bayrisch, eher hanseatisch kühl. Frank kannte das Lachen. Ein Onkel aus Hamburg-Blankenese, seit fünfzehn Jahren hatte er ihn nicht mehr gesehen, doch sein Lachen war ihm noch in Erinnerung. Die Knopfreihe in Lichtensteins gestreifter Baumwolle wehrte sich gegen die Erschütterung. Und Frank fragte sich, ob ihm gleich siebzehn Perlmuttknöpfe wie Katapultgeschosse um die Ohren sausten.

»Margarete, das alte Mädchen … stellen Sie sich vor«, begann Lichtenstein, »schmeißt die mir heute Morgen den Job vor die Füße.« Unvorsichtiger, als es Glas auf Glas zuließ, landete die Flasche auf dem Tisch und Lichtensteins Masse im rostbraunen Polster der Sitzecke.

Frank rutschte in den Sessel gegenüber, unsicher, was folgte.

Der Todesstoß oder die Auferstehung.

»Sagt, sie habe einen Lottogewinn eingefahren, und ich solle mir die lausigen Kröten für die Sterndeuterei in die Haare schmieren. Und für Ersatz dürfte ich in den unteren Reihen wühlen. Alleine wühlen, als wüsste ich nicht über meine Leute …« Ein Schnauben kroch aus Lichtensteins Kehle, während er mit der Rechten über die teigig glänzende Stirn wischte. Dieser Mann schwitzte und schnaufte ständig. Im Sitzen wie im Stehen. Wobei seine aufsteigende Hitze möglicherweise vom zweiten gefüllten Glas herrührte, das er sich wie Orangenlimonade in den Rachen kippte.

Lichtenstein war ein großer, sehr schwerer Mann, der etwas von einer Galionsfigur besaß. Die runden, starr blickenden Augen, buschig nach oben geschwungenen Augenbrauen, die breiten wulstigen Lippen und eine Nase, die mittig knollenförmig auswucherte, gaben dem Gesicht die Courage, die es brauchte, um durchs Leben zu gehen.

Doch Frank wusste, Lichtenstein war nicht zu unterschätzen. Nächstenliebe war für ihn ein Fremdwort; die Auflage des Münchner Kreisels Muttermilch. Bei jedem seiner Worte bot sich Vorsicht an. Im Verlag galt er als Täuscher mit messerscharfem Verstand und einer Entschlossenheit, die ihn rasant in den Chefsessel katapultiert hatte. Lichtenstein tat nichts ohne Gegenleistung. Er drehte das Rad und wer nicht mitdrehte, landete in der Sackgasse. Kollegen verliehen ihm den Beinamen Kameltreiber.

»In jedem Schlechten steckt auch Kapital«, sagte Lichtenstein rau. »Und in Ihrer Personalakte … Noch zwei Jahre Astrologie nachgesetzt. Vorbildlich, vorbildlich.« Sein Mund verzog sich zu einem anerkennenden Grinsen. Dann schlug er Frank so kräftig auf die Schulter, dass der fast vornüber vom Sofa gefallen wäre. Wie ein Routinier, der keine Widerworte duldete, schnaufte er: »Eine Zeitung ohne Horoskop, was ist das schon? Sagen wir’s mal so, das ist ja nur die halbe Miete, was?« Er gönnte Frank den Versuch eines schmallippigen Lächelns. »Sollten Sie jedoch … Aber ich denke, wir verstehen uns.«

Der Horoskop-Killer

Подняться наверх