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Zweiter Teil

Lohn der Arbeit - Das Trauerspiel

1

Zeitgleich bemühte sich Frank Schubert, Licht auf das Dunkel seines Bildschirmes zu bringen. Die Abgabefrist für den Druck raste in die letzten Minuten. »Los«, keuchte er, »mach den Schirm frei. Lichtenstein hat mir nur eine Stunde Frist eingeräumt.« Hektisch hämmerte er auf den Tasten, die ihr Klackern wie das Zähneklappern eines Erfrierenden wiedergaben. Plötzlich erwachte der Bildschirm wieder zum Leben.

»Mein Freund«, blinkte Frank entgegen. »Alles ist erledigt.«

»Erledigt? Was ist erledigt?« Frank drückte den Rücken an die Stuhllehne.

»Deine Ausarbeitungen, die ich ab heute übernehme, um dir wie versprochen Macht, Ruhm und Reichtum zu verschaffen.«

»Versprochen?«, blaffte Frank. »Noch ist nichts versprochen oder besprochen. Und solltest du als arbeitsloser Ghostwriter glauben …«

»Du gehst mir auf die Nerven, Frank. Und zum letzten Mal erkläre ich dir, dass mein Tun und Handeln dir allein gebührt.«

Frank steckte eine Zigarette in den Mundwinkel, drehte am Rad vom Feuerzeug und hielt die Flamme an die Tabakspitze. »Ich muss sagen, ihr seid klasse. Diesmal habt ihr den Vogel abgeschossen.« Er lachte den Rauch durch die Lippen. »Aber ihr strapaziert meine Geduld«, seine Finger schossen über die Tasten, die Zigarette im Mundwinkel glühte wie ein Signallicht, »und ihr habt euch gewaltig geschnitten, wenn ihr denkt, ihr könnt mich zwei Tage vor Weihnachten auf die Schippe nehmen.« Frank stand auf und öffnete das kleine runde Fenster. Die Scharniere quietschten, als klagten sie den Schlussakkord eines Gebets vom Minarett.

»Mein Freund, nur weil du mich nicht siehst, heißt das nicht, dass ich nicht da bin.«

»Es langt. Den Mist hör ich mir keine Minute länger an.«

Franks Gesicht brannte und die Adern an seinem Hals schwollen zu dicken Würsten. »Schluss jetzt«, schrie er, riss die Tür auf und rannte über den Flur. Als er an Kellbergs Büro ankam, biss dieser gerade in eine belegte Leberkässemmel.

»Was gibt’s?«, schmatzte er. Senf, körnig braun, quoll über den Rand des Fleischweckens, aus dem er erneut ein Stück wie ein hungriges Tier mit den Zähnen herausriss.

Wortlos warf Frank die Tür ins Schloss, rannte um die linke Gangecke, rempelte mit Schimmelpfennig zusammen, hastete drei Büros weiter.

»Achim Fender Kleinanzeigen«, thronte in schwarzen Buchstaben an der Glastür. Mit festem Griff drückte er den Eisengriff. Fender saß gebeugt über dem Schreibtisch und korrigierte Anzeigen für die morgige Dienstagsausgabe.

»Hast du noch nichts von Anklopfen gehört?«, schnauzte er. Mit selbstgefälligem Blick sah er an Frank vorbei hoch zur Bürouhr. Achim war ein paar Zentimeter kleiner, zehn Jahre älter als Frank und wog dreißig Kilo mehr. Sein Kopf thronte auf massigen Schultern wie eine Bowlingkugel, die eine dichte schwarze Mähne umgab. Seine hohe Stirn und die buschigen Augenbrauen sowie die eng zusammenliegenden Augen erinnerten mehr an ein tierisches als an ein menschliches Wesen. Und mit einer Sache traf der geheimnisvolle Botschaftenschreiber ins Schwarze: Achim wurde nie sein Freund.

»Hey, Nachwuchs-Merlin, schläfst du im Stehen?«

Frank winkte ab. Hier bekam er keine Antworten. Den Blick auf abgewetztes Linoleum gerichtet schlurfte er über den Flur. Wer spielte ihm diesen Streich? Ein gutgesinntes Wesen mit übernatürlichen Fähigkeiten, das gerade ihn fürs Glück auserwählte? Sollte er als Astrologe weltoffener mit solch Himmel-Erden-Mysterien umgehen? Hatte Fortuna ihr Glückshorn über ihm ausgeschüttet?

Der Horoskop-Killer

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