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Der Wiener Bußgeldkatalog

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Albrecht II. verlieh der Stadt Wien am 24. Juli 1340 ein Stadtrechtsprivileg, das die Bestimmungen des Rudolfinums vom 24. Juni 1278 weitgehend übernahm und ergänzte. Die Privilegien enthalten zahlreiche strafrechtliche Bestimmungen, die in ähnlicher Form überall im Land und in den anderen Städten galten.

Als Gerichtsort war ausschließlich die »Schranne« (von Schranken) am Hohen Markt bestimmt. Erbbürger, die innerhalb des Grabens und der Stadtmauer ein Vermögen im Wert von mindestens fünfzig Pfund besaßen, waren, wie schon erwähnt, vor willkürlicher Verhaftung geschützt. Die Zahl der Eideshelfer wurde auf vier beschränkt. Anders als in früheren Zeiten drohte dem Täter nun bei Mord und bei Ehebruch unter Verheirateten die Todesstrafe. Nach einer Hinrichtung wurde das Vermögen des armen Sünders aber nicht angetastet, bei Verbannung hingegen wurden dreißig Pfund seines fahrenden Vermögens eingezogen, alles andere stand Frau und Kind sowie den übrigen Erben zu.

Den Menschen wurde ein unterschiedlicher Wert zugeschrieben: Wurde ein Erbbürger getötet, verletzt oder geschlagen, so kam dies den Täter weit teurer zu stehen als ein Vergehen am weniger ehrbaren Mann oder gar einem eigenen Diener. Reiche hatten für ein Verbrechen mit Geld, Arme mit Leib und Leben zu zahlen. »Ob aber ain purger dem andern ein hant, einen fuez, ein ouge oder ein nase oder dhain ander lid abslecht, der geb dem richtter zehen phunt, und dem, der den schaden hat, als vil. Mag aber der den schaden getan hat der phenning nicht gehaben, der richtter richt von im, als daz recht ervindet und ertailt also: ein oug wider ein oug, ein hant wider ein hant, und also von den andern liden.«7 Der Täter hatte das Bußgeld meist doppelt zu zahlen, einmal dem Opfer und noch einmal denselben Betrag dem Richter, in manchen Fällen sogar ein drittes Mal der Stadt. Hier als Beispiel einige »Tarife«, in Klammer sind die Strafen für den Nichteinbringungsfall gesetzt:

Bei einer Verletzung an einem Glied, die zur Lahmheit führt, zweimal fünf Pfund (oder Zufügung der gleichen Wunde); bei absichtlicher Blendung dreimal zwanzig Pfund und Verbannung (oder Blendung); bei einfacher Verwundung ohne Dauerfolgen zweimal zwei Pfund (oder Häuten und Kahlscheren). Die bewusste Aufnahme eines Geächteten kostete zehn Pfund (oder Handabschlagen), im Wiederholungsfall verfügte der Richter über Leib und Gut. Bei Schlagen mit dem Stecken waren zweimal zwei Pfund zu zahlen. War das Opfer Knecht oder Diener des Täters, so kam die Sache überhaupt nicht vor Gericht, kostete also gar nichts. War der Geschlagene aber jemand, der innerhalb der Stadt über ein Vermögen im Wert von mindestens dreißig Pfund verfügte, so betrug die Buße zweimal fünf Pfund. War das Opfer hingegen ein »leichter Mann«, der den Schlag verdient hatte, »so soll dieser noch drei Schläge dazu bekommen«. Interessanterweise kosteten Ohrfeigen mit der flachen Hand mehr als Prügel mit dem Stecken: an Knecht und leichtem Mann zweimal sechzig Pfennig, hatte es das Opfer aber »verdient«, dann bekam der Geohrfeigte nichts, der Richter jedoch ein Pfund.

Auf Vergewaltigung stand, sofern die Frau geschrien und innerhalb von 14 Tagen Anklage erhoben hatte, die Enthauptung, ebenso auf Geschlechtsverkehr eines Knechts mit den weiblichen Verwandten seines Herrn. Merkwürdig mutet die Regelung für Ehebruch an: tötete ein Ehemann die beiden Ehebrecher auf frischer Tat, wurde er gar nicht bestraft. Tötete er nur den Mann und ließ seine Frau absichtlich leben, so musste er dem Richter den hohen Betrag von dreißig Pfund bezahlen! Ließ er aber beide gefangen nehmen, bestimmte der Richter ihr weiteres Schicksal, im schlimmsten Fall wurden sie in eine Grube gelegt und mit einem Pfahl durchstoßen. Ging jedoch ein Ehemann mit einer unverheirateten Frau fremd, war der Pfarrer für den Fall zuständig und verhängte eine Kirchenstrafe, der Richter trat nicht in Aktion.

Falsches Zeugnis zu geben kostete zehn Pfund an den Richter und Wiedergutmachung des Schadens (oder Abschneiden der Zunge), der Täter wurde übersiebnet. Bei Verspottung Gottes und Marias wurde die Zunge abgeschnitten, eine Ablösung der Strafe durch Geld war nicht erlaubt. Diese Bestimmungen finden sich im Gesetz bunt gemischt mit straf-, privat- und handelsrechtlichen Vorschriften, was Sinn machte, denn der Stadtrichter war ohnehin für alle Rechtsfälle zuständig. Die angeführten Tarife blieben übrigens vom Rudolfinum bis zu Kaiser Maximilian I. gleich, erst dieser passte sie an den inzwischen eingetretenen Wertverlust des Geldes an und erhöhte sie um hundertfünfzig Prozent. Die mittelalterliche Währung war erstaunlich stabil.8

Hexen, Mörder, Henker

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