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Die Tragödie des Bürgermeisters Vorlauf

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Nach dem frühen Tod Herzog Albrechts IV. (reg. 1395–1404) kam es sofort zu Spannungen zwischen seinen Vettern aus der steirischen leopoldinischen Linie der Habsburger, die sich die Vormundschaft über den kindlichen Herzog Albrecht V. (geb. 1397, gest. 1439) teilten. Nach dem ständischen Schiedsspruch von 1406 sollte Herzog Leopold IV. (reg. 1395–1411) in Österreich, sein Bruder Herzog Ernst (reg. 1402–1424) aber in der Steiermark regieren. Beide waren leicht erregbare, habgierige, jedoch tapfere Männer, die einander voll Neid, Eifersucht und Misstrauen gegenüberstanden. Da die beiden um Wiener Neustadt und Neunkirchen stritten und Herzog Ernst mehr Rechte an der Vormundschaft anstrebte, brach in Niederösterreich ein Bürgerkrieg aus. Jeder stützte sich auf seine Anhänger: Ernst auf den Herrenstand und die bürgerliche Oberschicht Wiens, Leopold auf die Handwerker und die ärmeren Bürger. Als diese versuchten, Leopolds Einzug in die Stadt zu erzwingen, brach ihr Aufstand zusammen und Bürgermeister Konrad Vorlauf ließ fünf der Anführer hinrichten. Als sich Leopold mit Ernst versöhnte, wurde Wien dem Einflussbereich Leopolds zugeschlagen. Jetzt forderten die Zünfte den Kopf des Bürgermeisters und Leopold beugte sich dem nur zu gerne in Vorfreude auf eine Sondersteuer, mit der er die Stadt belegte. Herzog Ernst rührte keinen Finger, als Konrad Vorlauf zusammen mit dem Münzmeister und Judenrichter Hans Rockh, dem Hansgrafen Konrad Ramperstorffer und zwei weiteren Ratsherren zum Tod verurteilt wurde. Als die Todeskandidaten am 11. Juli 1408 auf dem Blutgerüst auf dem Schweinemarkt (heute Lobkowitzplatz, eine Gedenktafel erinnert daran) standen, wollte der Henker zuerst Ramperstorffer enthaupten, da trat Vorlauf vor und sprach: »Der Vorlauf war euer aller Vorläufer in dieser Sache, womit wir zwar nicht meinen konnten, den Tod zu verschulden gegen Albrecht, unsern rechten Herrn, und auch jetzt noch soll mein Name wahr bleiben durch die Tat! Euer Bürgermeister soll euer Vorläufer sein im Tode, wie im Leben!« Da der Henker zitterte, beruhigte er ihn: »Zage nicht, sondern walte deines Amtes! Ich verzeihe dir von Herzen den Streich, der mich unschuldig trifft! Führe ihn herzhaft und rasch!« Dann empfahl er Gott seine Seele. Als die Männer tot waren, blieben ihre Leichen noch bis gegen Abend dort liegen, anschließend wurden sie zum Stefansfreithof gebracht und begraben. Vorlaufs trauernde Witwe Dorothea stiftete eine Schutzmantelmadonna im Stephansdom, die dort heute noch zu sehen ist, und auch die Gebeine der Toten bekamen später vorne im rechten Seitenschiff des Doms ein Ehrengrab. Ihr Grabstein aus rotem Marmor zerbrach beim Brand von 1945 in kleine Teile. Er trug folgende (lateinische, hier übersetzte) Inschrift:


Die Hinrichtung des Bürgermeisters Vorlauf erfolgte auf dem Schweinemarkt, nicht wie hier dargestellt vor der Schranne

»Stehe, weine – klage – seufze, sterblicher Mensch –

lese, lerne – was die Arbeit und der Glaube, was die Herrlichkeit der Welt, was die Hoffnung – Kinder – Reichtümer, was die Ehre nützt und gibt.

Siehe, unter diesem kleinen Steine liegen drei Bürger begraben: Konrad Vorlauf, Kunz Ramperstorfer und Hans Rock. –

Denn sie waren ausgezeichnet unter allen in dieser Stadt die ersten, durch ihre Ämter berühmt, und haben in Tugend und Ehren und wohlverdient gelebt. Das Schicksal jedoch ist ein trügerisches Rad; ein einziger Tag kostete sie das Leben.

So wie sie die Liebe im Bürgerbund verband, so wollte auch jeder zuerst seinen Hals dem verhängnisvollen Schwerte hinstrecken, welchen unglücklichen Vortritt demnach Vorlauf dennoch behauptete;

1408, acht Tage nach dem Fest der Heiligen Margareta.«

Hexen, Mörder, Henker

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