Читать книгу Die ersten 3 Jahre meines Kindes - Anne Pulkkinen - Страница 25

Jedes Baby ist anders

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Das Verhalten des Neugeborenen und des jungen Babys hängt nicht nur von den Erfahrungen ab, die es im Mutterleib sammeln konnte. Dauer und Ablauf der Geburt haben ebenso einen Einfluss darauf wie die Tatsache, ob es zu früh oder zu spät geboren wurde. Abgesehen von diesen äußeren Einflüssen bringt jedes Baby auch sein eigenes Temperament mit. Manche Kinder sind von Anfang an eher ruhig und weniger aktiv, andere wiederum stecken voller Energie, sind dauernd in Bewegung und voller Tatendrang. Einige bringt nicht einmal der größte Lärm aus der Ruhe, andere reagieren schon auf den geringsten Geräuschpegel. So unterschiedlich die kleinen Erdenbürger aussehen, so unterschiedlich ist eben auch ihr Charakter, und genauso unterschiedlich reagieren sie auch auf Veränderungen in ihrer Umgebung.

Wenn Sie Ihr Kind von Anfang an in unterschiedlichen Situationen beobachten, können Sie sich spätestens nach zwei, drei Monaten ein Bild von seinem Wesen machen: Gehört es eher zu den ruhigeren Vertretern oder zu den ganz wachen Kerlchen? Auf dieses ureigene Temperament haben Sie keinen Einfluss.

Babys verhalten sich intuitiv richtig

Das Baby besitzt von Geburt an verschiedene biologische Fähigkeiten, die das bloße Überleben sichern, wie das Atmen, die Nahrungsaufnahme und die Regulierung der Körpertemperatur. Um sich in das soziale Umfeld zu integrieren, ist jedoch noch einiges mehr nötig.

WEINEN UND SCHREIEN

Babys können noch nicht sprechen. Aber sie können durch Weinen und Schreien auf sich aufmerksam machen. Meist reagieren die Erwachsenen darauf prompt, und die Kleinen bekommen zum Beispiel Nahrung oder werden auf den Arm genommen. Dies zeigt, dass ein Säugling von Anfang an dazu in der Lage ist, soziale Kontakte zu knüpfen. Schreien ist sozusagen ein sicheres Überlebensprogramm.

SELBSTREGULATION

Unter der Selbstregulation versteht man die Fähigkeit eines Babys, störende Reize auszublenden oder sich daran zu gewöhnen (das Baby kann dann zum Beispiel trotz Lärms schlafen). Einige Babys können sich in so einem Fall selbst beruhigen, indem sie an ihrem Daumen, einem Schnuller oder einem Tuch nuckeln. Anderen hilft das Repertoire an Bindungsverhaltensweisen (>.), das innere Gleichgewicht wiederherzustellen. Werden sie getröstet, ist alles wieder in Ordnung.

Das Baby kann von sich aus Kommunikation fordern und sich auf diese Weise selbst regulieren. Wird ihm der Blickkontakt zu viel, wendet es seine Augen ganz einfach ab. Manchen Babys fällt es schwer(er), sich selbst zu regulieren, zum Beispiel weil sie eine schwere Geburt hatten, krank sind oder körperliche Blockaden vorliegen. Ein Hinweis dafür könnte häufiges Weinen sein. Suchen Sie in solchen Fällen fachmännische Hilfe, zum Beispiel in einer Mütterberatung, einer Babysprechstunde, einer Praxis für Osteopathie oder einer Facharztpraxis für Kinder- und Jugendpsychiatrie.

NACHAHMUNG

Spiegelneuronen im Gehirn (>) ermöglichen es dem Baby, die ersten Kontakte aufzunehmen. Mit ihrer Hilfe kann das Neugeborene seine Eltern nachahmen. Wenn Sie zum Beispiel Ihre Zunge weit herausstrecken, imitiert Ihr Baby Sie vermutlich. In den meisten Fällen gelingt es ihm auch, den Mund weit zu öffnen oder die Lippen zusammenzupressen, wenn Sie ihm dies vormachen.

»GRUSSREAKTION« UND BLICKKONTAKT

Wenn Eltern ihr Baby aus einer Entfernung von etwa 20 bis 25 Zentimetern betrachten, »antwortet« es ihnen in der Regel mit einem universellen »Gruß«: Es öffnet Augen und Mund weit, hebt die Augenbrauen und streckt den Kopf leicht nach hinten. Auf diese Weise »belohnt« das Kind den Versuch der Kontaktaufnahme – und die Kommunikation kann beginnen.

Schon ein Neugeborenes ist in der Lage, einen intensiven Blickkontakt zu seiner Mutter oder seinem Vater herzustellen. Es schafft damit die Grundlage für das gemeinsame Kennenlernen und die Bindung. Der relativ große Kopf (ein Viertel der Körpergröße), die hohe, gewölbte Stirn und die großen runden Augen – Experten nennen diese Kombination Kindchenschema – lösen bei fast allen Erwachsenen ein fürsorgliches Verhalten aus und fördern so die gegenseitige Kommunikation.

Zum Elternsein »geboren«

Aber nicht nur Babys, auch alle frischgebackenen Eltern verfügen über angeborene, intuitive Verhaltensweisen, die ganz unbewusst ablaufen.

AMMENSPRACHE

»Wie geeeht es dir? Bist du müüüde? Jaaa, du bist müüüde!« Nicht der Inhalt dieser Worte spricht Babys an, sondern die vereinfachte und übertriebene Sprachmelodie. Und Wissenschaftler haben festgestellt, dass Eltern dies intuitiv nutzen. Wenn sie ihr Baby beruhigen wollen, wählen sie eine tiefere Tonlage. Wenn sie es anregen und aufmuntern wollen, ist ihre Stimme höher und die Sprachmelodie steigt an.

RICHTIGER ABSTAND

Halten Eltern ihr Baby auf dem Arm, zum Beispiel beim Stillen oder Flaschegeben, wählen sie instinktiv den Abstand, in dem Neugeborene am besten sehen können (20 bis 25 Zentimeter).

RHYTHMISCHE STIMULATION

Mutter und Vater schaukeln das Baby auf dem Schoß oder in den Armen jeweils in ihrem eigenen Rhythmus. Sie beruhigen dadurch ihr Baby, geben ihm Sicherheit und Urvertrauen. Das trägt zur Bindung bei. Mit der Zeit (bis drei Monate) erkennt das Kind dann allein an den Bewegungen, wer es gerade schaukelt. Genauso lässt sich die persönliche »Handschrift« der Eltern übrigens auch beim Streicheln oder beim Klopfen auf den Rücken beobachten.

NACHAHMUNG

So wie das Baby die Mimik seiner Eltern nachzuahmen versucht, reagieren auch die Mutter und der Vater auf ihr Kind. Sie »antworten« auf sein Gähnen und seine Sauggeräusche, indem sie selbst ebenfalls laut gähnen oder mit den Lippen Nuckelbewegungen machen. Auch das ist eine frühe Form der Kommunikation miteinander – ganz intuitiv.

TIPP

Zeit für sich

Mit der Geburt Ihres Kindes ändert sich Ihr Leben von einem Tag auf den anderen vollkommen: Nichts ist mehr so, wie es war. Selbst wenn Ihr Baby kein »Schreibaby« ist, kann der Alltag mit ihm – so wundervoll es ist – manchmal auch ganz schön anstrengend sein. Ihr Baby bestimmt den Tag rund um die Uhr, und je jünger es ist, desto mehr braucht es Sie. Planen Sie daher immer wieder bewusst Zeit für sich selbst ein, damit Ihre inneren Ressourcen nicht völlig erschöpfen. Vielleicht einigen Sie sich mit Ihrem Partner oder Ihrer Partnerin, dass jeder ein, zwei Stunden pro Woche nur für sich hat – zum Lesen, Baden, Schlafen, Musikhören … Manchmal können Mütter die zwei Stunden anfangs nicht am Stück genießen, weil sie zwischendurch noch stillen müssen. Aber schon bald können auch sie einfach mal aus dem Haus gehen und den Babyalltag kurz hinter sich lassen. Wenn Sie sich zuweilen ausgelaugt und müde fühlen, hilft es oft schon, sich an die schönen Momente mit dem Baby zu erinnern: wie herrlich es duftet, sein erstes Lächeln, wie es selig schlafend auf Ihrem Arm liegt oder zufrieden vor sich hin gluckst. Freuen Sie sich einfach darüber, dass Sie das schönste und süßeste Baby auf der Welt haben! Auch das gibt neue Kraft.

BABYS SIGNALE VERSTEHEN

Am Verhalten des Babys lässt sich ablesen, wie es ihm geht. Doch nicht immer sind seine Signale so deutlich, dass die Eltern sie sofort erkennen, deuten und entsprechend reagieren können. Manchmal signalisieren nur körperliche Zeichen, dass es dem Kleinen nicht gut geht: etwa eine unregelmäßige Atmung, eine veränderte Hautfarbe (rötlich, marmoriert oder blass) oder Zittern. Auch fahrige Bewegungen, eine starke oder schlaffe Körperspannung und das Vermeiden von Blickkontakt sind Zeichen, dass sich das Baby nicht wohlfühlt. Halten diese Symptome an und verstärken sie sich, sollten Sie den Kinderarzt aufsuchen.

Wenn Sie Ihr Baby genau beobachten, werden Sie bald merken, dass sich der Grad seiner Aufmerksamkeit anhand sieben unterschiedlicher Verhaltens- und Bewusstseinszustände zeigt, die sich bereits in den ersten Lebenstagen herausbilden. Gelingt es Ihnen, diese Zeichen zu erkennen, wissen Sie genau, wann es Zeit ist, mit Ihrem Baby zu spielen und zu kuscheln, wann es Trost braucht und wann es schlafen will.

Zeit zum Beobachten

Nehmen Sie sich regelmäßig Zeit, um Ihr Baby zu beobachten – und nichts anderes. Genießen Sie diese Phase des intensiven Kennenlernens. Schauen Sie genau, wie es liegt, wie es schaut, wie es atmet … Was könnte es in diesem Moment brauchen? Möchte es gerne mit Ihnen spielen? Will es eher allein sein oder lieber auf den Arm genommen werden?

RUHIGER WACHZUSTAND – »ICH BEOBACHTE DICH UND DIE WELT«

Das Baby bewegt sich kaum, seine Augen sind offen und strahlen. Seh- und Hörsinn sind aktiviert, es nimmt seine Umgebung wahr und reagiert, wenn Sie ihm zum Beispiel einen Gegenstand zeigen. In dieser Phase ist Ihr Baby bereit für ein ruhiges Spiel und Zwiegespräche.

AKTIVER WACHZUSTAND – »SPIEL MIT MIR«

Das Baby ist ausgeschlafen und satt, vergnügt und neugierig. Es bewegt sich viel, gibt Laute von sich und ist aktiv. Jetzt ist Zeit für gemeinsame Bewegungsspiele; das Baby kann sich aber auch gut allein beschäftigen.

QUENGELN – »MIR IST UNWOHL«

Ihr Kind macht ruckartige und unkoordinierte Bewegungen und quengelt vor sich hin. Es erscheint überreizt und hungrig (nach Nahrung und Nähe). In diesem Übergangsstadium will das Baby darauf aufmerksam machen, dass es sich unbehaglich fühlt. Wenn Sie das Signal rechtzeitig erkennen und herausfinden, was das Unwohlsein verursacht, ist Ihr Kleines meist schnell wieder zufrieden.

WEINEN UND SCHREIEN – »MIR GEHT ES NICHT GUT, ICH BRAUCHE DICH«

Schreien ist immer ein Signal für starkes Unbehagen (Hunger, Durst, Schmerzen, Wunsch nach Nähe), und Weinen ist oft die Vorstufe davon. Vielleicht ist das Baby überreizt und braucht eine Pause. Weil der Körper infolge des Schreiens Stresshormone ausschüttet, kann sich das Kind oft nicht allein beruhigen. Wenn Sie ihm dabei helfen, lernt es, dass seine Bedürfnisse befriedigt werden.

HALBSCHLAF – »ICH BIN NOCH ETWAS MÜDE« ODER »ICH WERDE MÜDE«

Ihr Baby braucht nicht nur einfach Schlaf. Es braucht auch genug Zeit zum Einschlafen und Aufwachen. Reibt es sich zum Beispiel die Augen oder zupft am Ohr, ist es Zeit, ins Bett zu gehen. Es findet in diesem Übergangsstadium viel besser in den Schlaf, als wenn es übermüdet und gereizt ist.

So wie Ihr Baby nicht von einem Moment auf den anderen schläft, dauert es auch seine Zeit, bis es ganz wach wird. Beim Aufwachen öffnet und schließt das Kind abwechselnd seine Augen oder lässt sie halb geöffnet. Es macht einen ruhigen Eindruck, scheint aber »geistig« noch abwesend. Es braucht noch ein bisschen, um völlig wach zu werden. Lassen Sie ihm diese Zeit. Genießen Sie die Ruhe, und beobachten Sie, wie Ihr Kleines langsam aus dem Traumland in den Alltag zurückkehrt – bereit für neue Abenteuer.

TRAUMSCHLAF – »MEIN GEHIRN IST AKTIV«

Die Augen Ihres Babys sind zwar geschlossen, hinter den Lidern sind aber deutlich Augenbewegungen zu erkennen; in der Fachsprache heißt dies REM-Schlaf-Phase (>). Das Baby bewegt sich auch manchmal, zieht Grimassen, runzelt die Stirn und lächelt. Jetzt verarbeitet das kleine Gehirn, was es zuvor erlebt hat. Viele Eltern deuten diese Aktivitäten fälschlicherweise als Aufwachzeichen, nehmen ihr Baby aus dem Bett und behindern so ungewollt die geistige Verarbeitung der Geschehnisse. Warten Sie daher, wann immer es geht, ab, bis Ihr Kleines von allein aufwacht.

INFO

Warum weint mein Baby?

Wenn ein Baby weint oder schreit, ist das auf jeden Fall ein Alarmsignal. Sie sollten daher so schnell wie möglich versuchen herauszufinden, was die Ursache für sein Unbehagen ist. Leider gelingt dies jedoch nicht immer. Manche Eltern haben sogar das Gefühl, ihr Baby würde den ganzen Tag ununterbrochen schreien. Zwar sprechen Ärzte im Allgemeinen erst dann von einem Schreibaby, wenn das Kind mehr als drei Wochen am Stück an mehr als drei Tagen wöchentlich über drei Stunden schreit. Diese Regel ist aber nur eine Faustregel. Sie als Eltern entscheiden, ob Ihr Schreihals für Sie ein Schreibaby ist oder nicht. Holen Sie sich Hilfe, wenn Sie nicht weiterwissen. Fragen Sie Ihren Kinderarzt um Rat, ob organisch alles in Ordnung ist. In den ersten drei Monaten sind oft Koliken Grund für das Schreien. Vielleicht liegt aber auch eine Blockade vor (>), oder das Baby schafft es einfach nicht, sich selbst zu regulieren.

Denken Sie immer daran, dass Ihr Kind Sie mit seinem Weinen nicht ärgern will. Es geht ihm nicht gut und braucht Ihren Trost. Die häufigsten Ursachen, warum ein gesundes Baby weint:

 Es ist müde.

 Es langweilt sich und möchte mit Ihnen spielen.

 Es hat Hunger.

 Es hat Bedürfnis nach Nähe und Kuscheln.

 Seine Windel ist nass und voll.

 Es braucht Ruhe, um neue Eindrücke verarbeiten zu können.

 Ihm ist zu kalt oder zu warm.

 Sein Bauch tut weh (Blähungen).

 Die Kleidung drückt irgendwo.

 Es durchläuft gerade oder in Kürze einen neuen Entwicklungsschritt.

 Mama oder Papa sind unruhig oder gestresst.

 Die wichtigsten Bezugspersonen erleben eine Konfliktsituation.

TIEFSCHLAF – »ICH SCHLAFE GANZ TIEF«

Das Baby schläft jetzt ruhig, sein Gesicht ist entspannt, und die Augen sind fest geschlossen (Non-REM-Phase; >). Es atmet tief und gleichmäßig, nur manchmal ist ein Seufzer zu hören; das Nervensystem kann sich beruhigen. Genießen Sie diese Zeit der Ruhe auch für sich.

Die ersten 3 Jahre meines Kindes

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