Читать книгу Handbuch Wirtschaftsstrafrecht - Udo Wackernagel, Axel Nordemann, Jurgen Brauer - Страница 404

3. Tathandlungen

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Der Täter muss nach beiden Tatvarianten des § 299 Abs. 1 StGB für sich oder einen Dritten einen Vorteil fordern, sich versprechen lassen oder annehmen.[172] Annehmen ist die tatsächliche Entgegennahme des Vorteils, Sichversprechenlassen die Annahme des Angebots eines zukünftig zu erbringenden Vorteils und Fordern die (auch konkludente) Erklärung des Täters, dass er einen Vorteil als Gegenleistung für eine unlautere Bevorzugung begehrt; allein die erste Tatvariante („fordern“) verlangt keine Übereinkunft von Geber und Nehmer des Vorteils. Ob der Empfänger der Erklärung ihre Bedeutung versteht, ist irrelevant; es kommt auch nicht darauf an, ob das Ansinnen sofort zurückgewiesen wird.[173] Mit der Tatmodalität des Forderns setzt die Strafdrohung des § 299 StGB bereits im Anbahnungsstadium an[174] und erfasst (mit Vollendungsstrafe) auch von vornherein untaugliche Anbahnungsbemühungen, womit eine weite Vorverlagerung der Strafbarkeit einhergeht;[175] eine Rücktrittsmöglichkeit besteht nicht.[176]

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Der Angestellte oder Beauftragte muss zur Verwirklichung des § 299 Abs. 1 StGB für das Unternehmen (ehemals: „geschäftlicher Betrieb“) handeln, also für dieses im Außenverhältnis auftreten.[177] Vorgänge innerhalb des Unternehmens werden deshalb nicht erfasst.[178]

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Vorteil ist nach gängiger Definition – wie bei den §§ 331 ff. StGB – jede Zuwendung, die die wirtschaftliche, rechtliche oder persönliche Lage des Empfängers objektiv verbessert und auf die er keinen Anspruch hat.[179] Die h.M. dehnt die Reichweite des Vorteilsbegriffs aber zu Recht aus, indem sie zur Vermeidung ungerechtfertigter Straflosigkeit anerkennt, dass ein Vorteil „bereits im Abschluss eines Vertrags liegen kann, der Leistungen an den Amtsträger zur Folge hat und zwar selbst dann, wenn diese nur das angemessene Entgelt für die von ihm selbst aufgrund des Vertrags geschuldeten Leistungen sind.“[180] Ein solcher Vorteil ist unabhängig von der geschuldeten Gegenleistung; denn auch bei angemessener Gegenleistung kann sich gerade der Vertragsschluss und der damit begründete, nicht anders erreichbare Anspruch auf eine Zuwendung als vorteilhaft darstellen.[181] Rechts- und Abgrenzungsfragen im Zusammenhang mit Ansprüchen sind daher nicht beim („naturalistisch“ geprägten) Tatbestandsmerkmal Vorteil, sondern vielmehr im Rahmen der ohnehin normativ aufgeladenen Unrechtsvereinbarung zu behandeln.[182] Die Zuwendung, die nicht aus dem Vermögen des Vorteilsgebers stammen muss,[183] wird meist materieller Art sein – in Betracht kommen etwa Geldzahlungen, die Gewährung von Rabatten, die Stundung einer Schuld, die Gewährung eines Darlehens, die Zuwendung von Gebrauchsgütern, Einladungen zu Urlaubsreisen, die Einräumung von Vermögens- oder Gewinnbeteiligungen[184] oder die Vermittlung einer Nebentätigkeit.[185]

Beispiel

Obwohl es sich dabei nicht immer um das beste Angebot handelt, bucht die im Unternehmen für die Organisation von Geschäftsreisen zuständige Angestellte diese regelmäßig im Reisebüro R, weil R ihr pro 30 gebuchter Reisen einen „Reisegutschein“ im Wert von 200 € ausstellt.[186]

Ausreichend sollen nach h. M. auch immaterielle Zuwendungen zumindest dann sein, wenn diese derartig erheblich sind, dass die persönliche Besserstellung derjenigen durch einen materiellen Vorteil vergleichbar ist.[187]

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Es gibt breiten Konsens darüber, dass sozialadäquate Zuwendungen die Voraussetzungen des § 299 StGB nicht erfüllen;[188] der BGH nutzt dieses Merkmal zur Eingrenzung des Begriffs des strafrechtlich relevanten Vorteils.[189] Übliche Vorteilsgewährungen geringen Umfangs, die ungeeignet sind, den Wettbewerb zu beeinträchtigen, etwa kleine „Werbegeschenke“, „Trinkgelder“ oder die Einladung zu einem Geschäftsessen, sind im Wege rechtsgutsorientierter Auslegung (bzw. teleologischer Reduktion) aus dem Bereich des Tatbestandes auszunehmen.[190] Dabei sind die Grenzen (noch) sozialadäquater Zuwendungen bei § 299 StGB grundsätzlich weiter zu ziehen als im Kontext der Tatbestände der Amtsträgerkorruption.[191] Denn die gesellschaftlichen Üblichkeiten fallen in den beiden Bereichen auseinander;[192] auch ist das Rechtsgut der Amtsträgerbestechungsdelikte – nach h. M. das „Vertrauen der Allgemeinheit in die Integrität von Trägern staatlicher Funktionen und in die Sachlichkeit staatlicher Entscheidungen“[193] – weitaus „empfindlicher“ als das der Angestelltenbestechung.[194] Insgesamt ist allerdings zu beachten, dass Vorteile von sehr geringem Wert ohnehin (mangels Bestimmungseignung des Bestechungsmittels) kaum jemals als Gegenleistung für eine konkrete Bevorzugung versprochen, gefordert oder angenommen werden, so dass der Tatbestand des § 299 StGB schon aus diesem Grund (keine „Unrechtsvereinbarung“) unerfüllt bleibt und das Heranziehen eines eher vagen Gesichtspunktes wie dem der „Sozialadäquanz“ dann entbehrlich ist.[195]

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Inwieweit höherwertige Zuwendungen durch andere Kriterien wie Einkommen bzw. berufliche Stellung und Lebensumstände des jeweiligen Angestellten, Anlass sowie Art und Weise der Zuwendung oder sonstige Begleitumstände ausgeglichen werden können, ist umstritten.[196]

Beispiel

Ein Möbelhersteller lädt drei leitende Angestellte der Einkaufsabteilung einer großen (Möbel-)Kaufhauskette (Jahreseinkommen jeweils über 100.000 €) zum Besuch eines Europapokal-Fußballspiels (VIP-Logenplätze im Wert von jew. 300 €)[197] zwecks Feier einer 15jährigen Geschäftsbeziehung ein – noch zulässige „Klimapflege“ oder bereits strafbare Bestechung?

Zum Teil wird wegen großer Schwierigkeiten, belastbare kompensationstaugliche Kriterien angeben und begründen zu können, die Zulässigkeit höherwertiger Belohnungen generell verneint.[198] Eine Reihe von Autoren lässt allerdings die Abwägung im Einzelfall unter Berücksichtigung vorgenannter Kriterien zu.[199] Für eine erweiterte Perspektive i.S.d. letztgenannten Ansicht spricht neben der verfassungsrechtlich gebotenen restriktiven Auslegung des Strafrechts (als ultima ratio) vor allem der richtige Grundgedanke der Lehre von der Sozialadäquanz, Handlungen, die zwar vom Wortlaut einer Strafbestimmung umfasst sind, sich aber völlig im Rahmen der normalen, geschichtlich gewordenen sozialen Ordnung des Lebens bewegen, aus dem Bereich des Unrechts herausfallen zu lassen.[200] Dennoch ist hier in der (präventiven) Rechtsberatung große Vorsicht geboten. Denn das Risiko, dass die Beurteilung des (vom Berater als noch sozialadäquat eingestuften) Verhaltens durch die Strafverfolgungsorgane anders ausfällt, weil diese die Ausgleichsfaktoren nicht akzeptieren oder anders gewichten, ist bei § 299 StGB (als abstraktem Gefährdungsdelikt!)[201] einigermaßen hoch.[202] Eine Dokumentation der für die soziale Üblichkeit einer Zuwendung sprechenden Aspekte ist daher im Hinblick auf eine Senkung des Strafbarkeitsrisikos (zumindest auf der subjektiven Tatseite) sinnvoll; auf transparentes Handeln in Übereinstimmung mit den (ggf. vorhandenen) Verhaltens/Complianceregeln der beteiligten Organisation sollte immer geachtet werden.[203] – Die Bedeutung, die der Lehre von der sozialen Adäquanz für die Einschränkung des Anwendungsbereichs der Bestechungsdelikte generell zugemessen wird, ist ersichtlich Ausdruck der in vielen Fällen bestehenden Unsicherheit, das noch erlaubte bzw. sogar sozial gebotene, allgemeinen Höflichkeitsmaßstäben oder gesellschaftlichen Notwendigkeiten entsprechende[204] vom strafrechtlich relevanten Verhalten zu trennen. Klare Kriterien dafür fehlen bislang in vielen Bereichen.[205] Dass Schmiergeldzahlungen in bestimmten Branchen üblich geworden sind, steht ihrer Strafbarkeit dabei selbstverständlich noch nicht entgegen[206] – aus dem Sein darf nicht auf das Sollen geschlossen werden.[207]

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Unter Hinweis auf die Unerlässlichkeit von Bestechungszahlungen zur Auftragserlangung auf einigen ausländischen Märkten[208] wird gelegentlich die Frage gestellt, ob in Fällen mit Auslandsbezug für die Beurteilung der „Sozialadäquanz“ der Vorteilsgewährung nicht die entsprechenden ausländischen Sitten und Gebräuche maßgebend seien.[209] Ausgangspunkt entsprechender Forderungen ist ersichtlich die – schon im Zusammenhang mit der Schaffung des § 299 Abs. 3 StGB a.F. geäußerte – Sorge um die internationale Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen.[210] Für ausschließlich im Ausland begangene Taten (z.B. erfolgte Zahlungen bzw. dort getroffene Zahlungsvereinbarungen) ist diese Sorge jedenfalls in einer wichtigen Fallkonstellation allerdings unbegründet: Ist die Tat am ausländischen Tatort nicht strafbar (sondern etwa [nachweislich!] als gesellschaftlich anerkannte Notwendigkeit tatbestandslos oder gerechtfertigt), ist wegen der in beiden Absätzen des § 7 StGB geforderten Tatortstrafbarkeit das deutsche Strafrecht nicht anwendbar.[211] Anders verhält es sich, wenn zumindest die tatbestandsmäßige Handlung in Deutschland vorgenommen wird, weil § 299 StGB dann nach den §§ 3, 9 StGB unabhängig davon Geltung beansprucht, ob die ausländische Rechtsordnung einen den Sachverhalt erfassenden Tatbestand enthält. Die dortigen Gepflogenheiten könnten jedoch in diesem Fall Eingang in die strafrechtliche Bewertung nach deutschem Recht finden (sog. Fremdrechtsanwendung), wenn das „sozial Übliche“ Gegenstand einer außerstrafrechtlichen, nach ausländischem Recht zu beurteilenden Inzidentfrage wäre. Unter dem Gesichtspunkt der Anwendung fremden Rechts macht es in der Praxis bei Auslandssachverhalten bisher nur wenig Probleme, zur Ausfüllung normativer Tatbestandsmerkmale ausländisches Recht heranzuziehen.[212] Denn hier wird nur der „Regelungseffekt“ der außerstrafrechtlichen Normen in das Strafrecht übernommen.[213] Das Merkmal des „Vorteils“, durch das nach überwiegender Ansicht Gesichtspunkte der sozialen Adäquanz Eingang in den Tatbestand finden sollen (s. Rn. 35 f.), ist indessen „naturalistisch“ geprägt und wird nicht durch (außerstraf-)rechtliche Regeln definiert. Für die Heranziehung ausländischer Geschäftssitten gibt es hier keinen Anknüpfungspunkt.[214] Diese können freilich insofern von Bedeutung sein, als im Ausland Zuwendungen in einer bestimmten Größenordnung etwa schon für den Aufbau geschäftlicher Beziehungen unentbehrlich sind oder dem allgemeinen Anstand entsprechen und nicht im Hinblick auf eine Besserstellung gegenüber Konkurrenten gemacht werden. Dass es dann am Merkmal der „Unrechtsvereinbarung“ fehlt, folgt schlicht aus der auf Gegenleistungen für Bevorzugungen beschränkten Fassung des Tatbestandes (der Wettbewerbsvarianten). Zuwendungen, die auf eine das Leistungsprinzip korrumpierende Bevorzugung gerichtet sind, unterfallen, auch wenn im Staat des Empfängers „üblich“, dagegen dem deutschen Straftatbestand.[215] Bestätigt wird das durch den 2015 neugefassten § 299 StGB (bzw. ehemals § 299 Abs. 3 StGB a.F.), der in den Nrn. 1 der Absätze 1 und 2 einen weltweiten Schutz des Leistungswettbewerbs anordnet, und zwar bei von deutschem Territorium aus begangenen Taten auch unabhängig davon, ob das Ausland den Wettbewerb als strafschutzwürdiges Rechtsgut anerkennt.

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Für die Erfüllung des Tatbestandes genügt – anders als nach § 12 UWG a.F. – ausdrücklich auch die Gewährung eines Vorteils für einen Dritten (typisch: eine dem Täter nahestehende Person).[216] Ob der Gesetzgeber damit auch den Geschäftsinhaber bzw. den Betrieb/das Unternehmen als Drittbegünstigten in den Kreis der möglichen Zuwendungsempfänger einbezogen wissen wollte, geht aus den Gesetzgebungsmaterialien nicht hervor.[217] Dem Wortlaut lässt sich jedenfalls keine Einschränkung entnehmen, so dass bisher überwiegend davon ausgegangen wurde, „Dritter“ i.S.d. § 299 StGB könne auch der Betrieb oder das Unternehmen sein, für das der Angestellte oder Beauftragte tätig ist.[218] Diese Auslegung – die jedenfalls in dieser Pauschalität mittlerweile von der wohl herrschenden Auffassung in der Literatur kritisiert wird[219] – ist problematisch, weil es einem Mitarbeiter grundsätzlich möglich sein muss, im geschäftlichen Verkehr Vorteile (etwa Rabatte) für das Unternehmen auszuhandeln.[220] Ein – mit Entscheidungsbefugnis ausgestatteter – Angestellter gerät sonst in eine schwer erträgliche Pflichtenkollisionslage, wenn ihm § 299 StGB nach herrschender Interpretation unter Strafandrohung verbietet, seinem Prinzipal im Rahmen eines Austauschvorgangs Vorteile zu verschaffen, während er arbeits- oder gesellschaftsrechtlich – bei Vorliegen vermögenswerter Exspektanzen sogar unter dem Druck des Untreuetatbestandes – verpflichtet ist, für sein Unternehmen das vorteilhafteste Geschäft abzuschließen.[221] In der Literatur wird auch noch aus einem anderen Grund eine einschränkende Gesetzesinterpretation mit dem Ziel gefordert, den Geschäftsinhaber aus dem Kreis derjenigen herauszunehmen, die als Drittvorteilsempfänger in Betracht kommen: Nur auf diesem Wege lasse sich ein Wertungswiderspruch zur gesetzlich eindeutig angeordneten Straflosigkeit des Geschäftsherren vermeiden, der selbst einen Vorteil für sich fordert, annimmt oder sich versprechen lässt.[222]

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Das Verständnis, nach dem auch der Geschäftsinhaber als Dritter Empfänger des von seinem Angestellten geforderten Vorteils sein kann,[223] obwohl er selbst als Täter des § 299 StGB ausscheidet, erzeugt offenkundig Widersprüche. In der Literatur wurde mittlerweile mehrfach versucht, diese durch eine einschränkende Auslegung aufzulösen, wobei z.T. auf sehr unterschiedliche Begründungen zurückgegriffen wird.[224] Odenthal etwa argumentiert, das (ungeschriebene) Tatbestandsmerkmal der Unrechtsvereinbarung setze voraus, dass der Angestellte oder Beauftragte sich persönlich das Versprechen geben lasse, dass ein Vorteil gewährt werde. Handele ein Angestellter dagegen nicht für sich, sondern im Rahmen seiner Zuständigkeit für das Unternehmen, komme eine Vereinbarung mit der Gesellschaft zustande, so dass es am Merkmal der Unrechtsvereinbarung fehle.[225] Inwiefern die Voraussetzung eines „persönlichen“ Versprechens an den Angestellten gerade dem Merkmal der Unrechtsvereinbarung entnommen werden können soll, ist zwar unklar.[226] Der dahinterstehende Gedanke ist dagegen nachvollziehbar: Bei zivilrechtlicher Betrachtung wird, wenn der Angestellte in Vertretung der Gesellschaft handelt, nur diese berechtigt und verpflichtet.[227] Das Aushandeln von Vorteilen durch den Geschäftsinhaber selbst liegt aber, auch wenn mit einer unlauteren Bevorzugung des Zuwendenden verbunden, gerade außerhalb des Regelungsbereichs des § 299 StGB.[228] Eine „zivilrechtsakzessorische“ Sicht[229] würde einen Großteil der Fälle von Vorteilszuwendungen an das Unternehmen aus dem Anwendungsbereich der Norm herausfallen lassen. Die Vorschrift erfasst nämlich nur Angestellte, die Entscheidungskompetenz haben oder zumindest Entscheidungen beeinflussen können[230], und mit einer solchen Position im Innenverhältnis wird meist eine entsprechende Vertreterposition im Außenverhältnis verbunden sein.[231]

Von § 299 StGB erfasst wären nur noch Fälle des Missbrauchs der Vertretungsmacht, in denen kollusives Zusammenwirken von Angestelltem/Beauftragtem und Vorteilsgeber zur Unwirksamkeit der Vollmacht auch im Außenverhältnis führt. Solche Situationen werden allerdings regelmäßig dadurch gekennzeichnet sein, dass der Vorteil gerade nicht (nur) dem Unternehmen zufließt, sondern zumindest mittelbar einen persönlichen Vorteil für den Angestellten bedeutet (typische Kick-Back-Konstellation[232]), so dass sie schon aus diesem Grunde tatbestandsmäßig sind. Es spricht also viel dafür, dem geschäftlichen Betrieb (als Drittbegünstigten) gewährte Vorteile aus dem Tatbestand herauszunehmen.[233]

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Das Resultat einer solchen Auslegung deckt sich zudem mit dem der – in der Begründung allerdings zweifelhaften – BGH-Rechtsprechung in jüngerer Zeit, nach jetziger Rechtslage müsse ebenso wie vor der Änderung des Tatbestandes durch das KorrBekG 1997 die Zuwendung zumindest mittelbar für den Täter von Vorteil sein. Mit der Einfügung der Worte „oder einen Dritten“ in § 299 StGB habe der Gesetzgeber lediglich eine Klarstellung erstrebt, so dass für die Frage, ob eine Drittzuwendung „Vorteil“ sei, „dem persönlichen Interesse des Bestochenen entscheidende Bedeutung“ zukomme.[234] Die Gesetzesbegründung legt ein solches Verständnis zwar nicht nahe: Von einer „Klarstellung“ ist dort in dem Sinne die Rede, dass „klargestellt werden [soll], dass auch die Vorteilsgewährung an Dritte erfasst wird“;[235] noch deutlicher ist an anderer Stelle zu lesen, der Nachweis eines mittelbaren Vorteils für den Amtsträger sei nach der Neuregelung nicht mehr erforderlich.[236] Für die hier erörterte Konstellation – Zuwendungen an den Geschäftsinhaber – kann dem BGH aber zumindest im Ergebnis zugestimmt werden. Denn das Rechtsgut des § 299 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 StGB – der Leistungswettbewerb – wird durch Zuwendungen an das Unternehmen in aller Regel nicht beeinträchtigt.

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Daher ist auch dem Ansatz Winkelbauers, bei Zuwendungen an das Unternehmen stets pauschal die „Unlauterkeit“ zu verneinen,[237] im Grundsatz zuzustimmen. Das liegt daran, dass in den von den Wettbewerbsvarianten des § 299 StGB erfassten Fällen – wenn also das Unternehmen „Bezieher“ bzw. Veräußerer der Ware ist (zu dieser Voraussetzung näher unten Rn. 64) – die Bezugsentscheidung in aller Regel nicht auf sachwidrigen Erwägungen gründen, sondern sich am im Leistungswettbewerb maßgeblichen Preis-Leistungs-Verhältnis orientieren wird.[238] Mit anderen Worten wird bei normalen Austauschverträgen ohne Beratungselement[239] der Angestellte stets nur das für sein Unternehmen insgesamt vorteilhafteste Geschäft realisieren (wollen).[240] Dieses do ut des zwischen Vorteilsgewährung und Bevorzugung im Wettbewerb ist dem Leistungswettbewerb gerade immanent; von wettbewerbswidrigem Verhalten kann keine Rede sein.[241]

Jedenfalls muss, solange die Geschäftsinhaberbestechung nach der eindeutigen – wenn auch kriminalpolitisch möglicherweise kritikwürdigen – gesetzgeberischen Entscheidung straflos ist, auch die Konstellation straflos bleiben, in der der Angestellte als Vertreter des Unternehmens für dieses Vorteile fordert, sich versprechen lässt oder annimmt. Denn in der Sache handelt es sich in diesem Fall ebenfalls um „Geschäftsinhaberbestechung“.[242]

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Vor diesem Hintergrund ist auch das Aushandeln von Vorteilen für verbundene Unternehmen innerhalb eines Konzerns als straflos zu qualifizieren. Dazu ein Beispiel:

Beispiel[243]

Der L erklärt als Leiter der IT-Abteilung der V-AG gegenüber dem zuständigen Vertriebspersonal der T-AG, dass die V-AG nur dann Telekommunikationsdienstleistungen von der T-AG beziehen werde, wenn die T-AG einen Sponsoring-Vertrag mit der W-GmbH (als Trägerin eines Bundesligafußballvereins) abschließt. Bei der W-GmbH handelt es sich um eine 100 %-ige Tochtergesellschaft der V-AG.

Die wirtschaftlichen Interessen der Konzernmutter V-AG und des Tochterunternehmens W-GmbH sind hier im Rahmen einer rechtlich zulässigen Konzernierung[244] zu einem einheitlichen Konzerninteresse verwoben. Vorteile, die der Angestellte der V-AG für die W-GmbH aushandelt, sind deshalb gleichsam als Vorteile für die V-AG anzusehen. Diese Konstellation muss genauso bewertet werden, wie wenn der Angestellte der Konzernmutter den Vorteil unmittelbar für den eigenen Anstellungsbetrieb aushandeln würde. Hier wie dort übt er lediglich die Marktmacht seines Prinzipals aus, wenn er dem Vorteilsgeber den Vorteil als zusätzliche Leistungskomponente im Rahmen der Bezugsvereinbarung zwischen Prinzipal und Vorteilsgeber abringt. Eine selbständige Unrechtsvereinbarung zwischen dem Vorteilsgeber und dem Angestellten persönlich kommt daneben gar nicht zustande, so dass eine Strafbarkeit nach § 299 Abs. 1 Nr. 1 StGB jedenfalls schon deshalb ausscheidet.[245]

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An der Straflosigkeit der Vorteilsannahme für den Prinzipal ändert sich grundsätzlich auch dann nichts, wenn ein Vorteil ohne[246] oder sogar gegen den Willen[247] des Prinzipals ausgehandelt wird bzw. – im Fall von juristischen Personen – nicht vom Geschäftszweck des Prinzipals gedeckt ist.[248] Solange dem Agenten nicht selbst zumindest ein mittelbarer Vorteil aus dem Geschäft erwächst (s. dazu oben Rn. 40), fehlt es auch in diesen Fällen schlichtweg an einer Unrechtsvereinbarung: Der Agent lässt sich hier nicht durch einen Vorteil persönlich „kaufen“, sondern handelt lediglich eine aus Sicht des Prinzipals ungünstige Bezugsvereinbarung aus. Ein schlechtes Geschäft allein vermag jedoch keine Strafbarkeit nach § 299 StGB zu begründen.[249]

Handbuch Wirtschaftsstrafrecht

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