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Ein Leben zwischen Puff und Barcelona

Vielen Fußballfans ist der Mann mit der markanten Stimme unvergessen. Sein Reporter-Stil war einzigartig: stets etwas zu laut und schrill. Rolf Töpperwien zum 70. Geburtstag – ein Blick zurück auf Storys und Skandale.

Sie erinnern sich doch sicherlich an das Blödelduo „Klaus und Klaus“ und ihren Riesenhit „An der Nordseeküste“? Am 31. August 1985 traten die beiden ungleichen Sangesbrüder beim Nordderby Werder Bremen gegen den Hamburger SV auf – und zwar direkt vor der Partie beim Einlaufen der Mannschaften. Der eine Klaus im Werder-Trikot, der andere im HSV-Dress. Ausgedacht hatte sich diese wilde Idee ein Mann, der eigentlich an diesem Nachmittag einen ganz anderen Job zu erledigen hatte. Aber ZDF-Reporter Rolf Töpperwien war schon immer ein Freund der blumigen Spielberichte, und so verschaffte sich der heutige Jubilar für die abendliche Ausstrahlung des Samstagabendklassikers „Das aktuelle Sportstudio“ die etwas anderen Bilder eines Derbys.

Und da auch die Fans der beiden Vereine Töpperwiens Idee klasse fanden und sofort gesanglich mit einstiegen, verhalfen dieser kurze Auftritt auf dem grünen Rasen und das Millionenpublikum vor den Bildschirmen am Abend dem Gesangsduo zum endgültigen Durchbruch. Übrigens: Einer der beiden von „Klaus und Klaus“, der korpulentere Klaus Baumgart, war von 1990 bis 1993 Vize-Präsident seines Heimatklubs VfB Oldenburg. So klein ist die Fußballwelt.

Doch zurück zum ZDF-Reporter Rolf Töpperwien und seiner ganz besonderen, unverkennbaren Art und seinen kuriosen Einfällen. Sein spezielles Markenzeichen war stets: er selbst! Bis heute legendär und so herrlich exemplarisch für das Arbeiten Töpperwiens sind die Szenen nach dem 6:6 des FC Schalke 04 1984 im DFB-Pokal zu Hause gegen den FC Bayern München. Auf dem Platz tanzten und sangen ausgelassene Zuschauer um den dreifachen Torschützen des Abends, Olaf Thon, herum. Direkt neben dem kleinen Schalker versuchte Rolf Töpperwien mitten im dicksten Getümmel sich energisch Platz und Gehör zu verschaffen – ein Auge dabei stets zurück in Richtung seines Kameramanns, der auf noch aussichtsloserem Posten verharrte. Doch Töpperwien gab nicht auf. Er rangelte und drängte und sprach dabei die Fans immer wieder direkt an, doch dem Olaf endlich sein verdientes Interview zu ermöglichen.

Und dann klappte es tatsächlich – als aus dem Hintergrund behelmte Polizisten für einen Moment die Lage etwas beruhigen konnten. Und Töpperwien? Der entlockte in dieser unglaublichen Situation, nach diesem unfassbaren Spiel zwischen dem FC Schalke 04 und dem FC Bayern München dem erstaunten, gerade 18 Jahre alt gewordenen Olaf Thon eine scheinbare Banalität, die sich aber aufgrund der gesamten Rahmenbedingungen bei vielen Zuschauern bis heute im Gedächtnis festgebrannt hat: Der dreifache königsblaue Torschütze des Abends schlief doch tatsächlich auch in dieser Nacht zu Hause noch immer in Bayern-Bettwäsche.

Töpperwien, der Mann aus Osterode am Harz, ist in seiner Reporterkarriere viel herumgekommen. Er hat alle Stadien von Barcelona bis Johannesburg gesehen – doch am liebsten war er wohl in Bremen. Das wusste auch der spätere Bundestrainer Erich Ribbeck: „Der schläft doch in Bremer Bettwäsche, den haben sie grün-weiß eingewickelt.“ Aus seiner Vorliebe für die Hansestädter und ganz besonders für ihren langjährigen Übungsleiter Otto Rehhagel hat Rolf Töpperwien in der Tat nie einen Hehl gemacht. Und so sagte der ZDF-Reporter sogar einmal ganz freimütig: „Udo Lattek mag Otto Rehhagel nicht, also mag ich Lattek nicht.“ Der Angesprochene ließ allerdings mit einer Retourkutsche nicht lange auf sich warten. Lattek: „Wer ist Rolf Töpperwien, hat der schon mal eine Mannschaft trainiert? Als ich noch Trainer war, ist der bei mir doch früher überall reingekrochen, wo eine Öffnung war.“

Bei Werder war Töpperwien so etwas wie der Haus- und Hofberichterstatter, der ganz besonders von seinem fast schon innigen Verhältnis zu Otto Rehhagel profitierte. Unvergessen die Szene, als Werder nach dem Europapokalsieg 1992 gerade wieder in Bremen gelandet war und „Töppi“, wie er gerne genannt werden möchte, wieder aus dem dicksten Getümmel legendär-ausgelassen kommentierte: „Jetzt! Jetzt betritt Otto Rehhagel deutschen Boden!“

Aber auch Rehhagel wusste, was er an seinem Reporter beim ZDF hatte. Als eines Tages Töpperwiens Schwester und Rundfunkmoderatorin Sabine vor dem Werder-Trainer mit dem Mikrofon auftauchte, meinte Rehhagel wenig charmant: „Gute Frau, schicken Sie mir Ihren Bruder, mit dem rede ich.“

Nicht alle Zuschauer haben Töpperwien, der 2010 mit 60 Jahren beim ZDF ausschied, und seine ganz spezielle Art geliebt, wie dieser Reim des „SportBild“-Lesers Dietmar Z. aus 4980 Bünde 21 Ende der 1980er Jahre zeigt: „Ist Rolf Töpperwien am Ball, hoffen wir auf Tonausfall.“ Und den hätte es für den Reporter – wegen einer skurrilen Geschichte abseits des grünen Rasens – einmal beinahe von seinem Arbeitgeber zwangsverordnet gegeben. Doch was war geschehen?

Über Töpperwien, der sich selbst immer als sehr volksnah sah („Ich gehe zu den Jungs in deren Stammkneipen, und da spüren die dann beim Bier: Der Töppi hat ja die gleichen Interessen wie ich, der kennt die Hitparade, und der pfeift auch mal einer Frau nach“), wusste eines Tages plötzlich ganz Deutschland, dass er im Puff gewesen war, dort eine Menge Spaß gehabt, aber anschließend dennoch die Höhe der Rechnung beanstandet hatte. Die Schlagzeile damals lautete: „Wie oft kann Töppi?“

Doch warum wusste die Presse eigentlich so genau von Töpperwiens Techtelmechtel – er soll es in einer Nacht viermal mit einer „willigen Melanie“ („Die Welt“) getrieben haben – und konnte diese delikaten Informationen so ausgiebig ausschlachten? Es klingt kurios, aber Töppi selbst ist es gewesen, der die Sache an die Öffentlichkeit gebracht hat. Denn fahrlässigerweise hatte er auf Original-ZDF-Briefpapier die Höhe der Summe für seinen Ausflug ins Etablissement infrage gestellt. Die 4.000 Mark, die er für seinen Abend im Münchener Amüsierbetrieb „Leierkasten“ zahlen sollte, empfand Töpperwien als viel zu hoch. Und seine spitzfindige Erklärung klang dabei durchaus plausibel: „Ich bin doch kein Marathon-Mann!“

Dummerweise nahm der „Leierkasten“ anschließend die freundliche Einladung zu ganz viel kostenloser Werbung dankend an und schickte das Schreiben über einen „Münchener Szene-Anwalt“ an die „Abendzeitung“. Und die veröffentlichte den Brief natürlich mit Genuss. Danach machte die Nachricht in ganz Deutschland die Runde. Und auch wenn die Geschichte selbstverständlich für Töppi nicht ohne war – irgendwie passt sie zu seinem kunterbunten Leben voller Storys und Skandale.

Heute feiert der Mann, der vielen Fußballfans noch immer unvergessen ist, seinen 70. Geburtstag.

Zwischen Puff und Barcelona

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