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Als die Hosen Uli Hoeneß reizten

Ende des letzten Jahrhunderts veröffentlichte die Düsseldorfer Punkband „Die Toten Hosen“ ihren Song „Bayern“ mit der berühmten Liedzeile „Ich würde nie zum FC Bayern München gehen“. Beim deutschen Rekordmeister stieß das auf Unverständnis.

„Das ist doch bloß wieder eine dieser Gruppen, die damit versucht, bekannt zu werden.“ Das Urteil des Trainers des FC Bayern München fiel im Frühjahr 2000 eindeutig aus. Ottmar Hitzfeld konnte dem neuen Song der Düsseldorfer Punkband „Die Toten Hosen“ nichts Positives abgewinnen. Verständlich, bei dem Liedtext. Aber in einem Punkt irrte der Coach des Rekordmeisters: „Bekannt“ werden musste die Kapelle um ihren Frontmann Campino vor zwanzig Jahren nicht mehr. Sie füllte schon damals genau wie die Bayern jedes Stadion bis auf den letzten Platz.

Campino hat aus seinem Fan-Herzen nie eine Mördergrube gemacht. So bekennt er sich bei großen Turnieren öffentlich zur englischen Nationalmannschaft und lässt damit manch deutschen Patrioten zweimal kräftig schlucken. Und aufgrund seiner biografischen Wurzeln teilt er sich seine Liebe zur Fortuna aus Düsseldorf und zum FC Liverpool zu gleichen Teilen auf. Dass er „nie zum FC Bayern München“ gehen würde, erfuhr eine größere Öffentlichkeit vor zwanzig Jahren, als die Band zusammen mit dem Regisseur des Kultfilms „Bang Boom Bang“, Peter Thorwarth, das Musikvideo zu ihrem Hit „Bayern“ auf einem Ascheplatz in Düsseldorf-Flingern drehte. Der kurze Film endet mit den legendären und tatsächlich so gefallenen Worten des damaligen Managers der Münchener, Uli Hoeneß, der sich ebenso wie sein Trainer weidlich schwertat, seinen Gedanken eine humorige Note zu verpassen, als er über den Song urteilte: „Das ist der Dreck, an dem unsere Gesellschaft irgendwann ersticken wird.“

Im Song singt Campino: „Das wollen wir nur mal klarstellen, damit man uns richtig versteht: Wir haben nichts gegen München. Wir würden nur nie zu den Bayern gehen.“ Jahre zuvor hatte sich das allerdings noch ganz anders angehört, als er in einem Interview ohne Umschweife erklärte: „Der FC Bayern? Von denen halte ich das Gleiche wie von München: Die ganze Stadt ist Schrott!“ Allerdings hatte Campino da auch noch zu anderen Klubs zumeist eine klare und schnörkellose Meinung. Als Ende der 1980er eine Truppe aus dem Saarland kurzfristig für Furore sorgte, meinte er nur kurz und knapp: „Homburg? Ein alberner Verein!“ Und weil sich zu dieser Zeit auch die beiden Werksklubs aus Leverkusen und Uerdingen anschickten, den deutschen Fußball mit Geld im Rücken zu erobern, hatte der gebürtige Düsseldorfer auch hierfür nur Verachtung übrig: „Die Chemie-Heinis, die sollen doch turnen gehen!“ Eine Meinung, die Campino im Jahre 2009 übrigens kurzfristig zurückstellen musste, weil sein Freund und ehemaliger Liverpool-Spieler Sami Hyypiä für die Bayer-Elf auflief: „Ich muss mich darauf vorbereiten, Sympathien für Bayer Leverkusen aufzubringen. Das ist als Düsseldorfer normalerweise nicht wirklich möglich, aber da geht bei mir dann die Freundschaft vor.“

Die eigene rheinische Herkunft war es dann aber auch, die das Lied über den FC Bayern München überhaupt erst ermöglichte: „Wenn wir aus Dortmund kommen würden, hätten wir den Song nicht gemacht. Das wäre uns ein zu direkter Angriff gewesen. Aber als Düsseldorfer nimmt uns doch keiner fußballerisch ernst.“ Zehn Jahre zuvor hatte genau diese Liebe zur Fortuna die Band auf die Spuren von Elton John gebracht. Wie der englische Hitparadenstürmer beim FC Watford wollten sie ihren Fußball-Klub finanziell unterstützen. Von jedem verkauften Konzertticket ihrer Tour sollte eine Spende an ihren Verein gehen. Und so prangte in dicken orangefarbenen Lettern auf jeder Karte: „Plus eine Fortuna-Mark“.

Zuerst hatte man damals in Medienkreisen an einen besonders klugen Werbegag der fünf Musiker aus dem Rheinland gedacht, doch schon bald war klar, dass den fußballbegeisterten Düsseldorfern die Sache wirklich ernst war, wie Campino euphorisch erklärte: „Es muss wieder ,in‘ sein, zur Fortuna zu gehen oder etwas für den Verein zu machen. Da haben wir uns gedacht, es wird Geld für so viel Unsinn gespendet, also lasst uns von unserem Geld etwas Vernünftiges machen, zum Beispiel einen Spieler kaufen.“

Was mit den eingesammelten Spenden genau passieren sollte, darüber waren sich die fünf zunächst allerdings nicht einig. Sollte es ein Stürmer, ein Mittelfeldspieler oder doch eher einer für die löchrige Abwehr sein? Mit einem Augenzwinkern verständigte man sich darauf, dass der Trainer am besten wissen müsse, was zu tun sei: „Wir haben da volles Vertrauen zum Ristić. Gute Leute, die er geholt hat. Der Karl Werner zum Beispiel macht Sachen, die kann der Rijkaard auch nicht besser … hat Ristić gesagt.“

Am Ende wurde die Aktion unter dem Motto „Wir kaufen das rechte Bein von Anthony Baffoe“ zu einem großen Erfolg und zu einem legendären Kapitel Bundesliga-Geschichte. Die eingesammelten 200.000 DM reichten, um einen großen Teil der Ablöseforderungen von Fortuna Köln für den späteren ghanaischen Nationalspieler zu erfüllen.

Auch mit den Bayern hat Campino mittlerweile seinen Frieden gefunden: „Man kann mit Bayern München nur ordentlich als Feind umgehen, wenn man unsachlich bleibt. Sobald man sich an Fakten hält, wird es schwierig.“ Doch Bayern-Fan sollte sein eigener Sohn im besten Falle dennoch nie werden. Und um das zu verhindern, hatte sich Campino schon früh einen schlauen wie amüsanten Plan ausgedacht: „Ich werde ihm eine DVD von einem großen Liverpooler Sieg zeigen, aber nicht sagen, dass das Spiel schon stattgefunden hat, sondern so tun, als wäre es eine Live-Übertragung. Wir werden uns gemeinsam freuen, und ich hoffe, damit ist der Virus platziert.“

Aber wahrscheinlich war das überhaupt nicht mehr nötig, wie eine andere Geschichte beweist. Als der Kleine nämlich einmal auf der Straße von einem Bekannten gefragt wurde, wohin man denn unterwegs sei, sagte die Mutter: „Wir gehen zur Oma, Klöße essen. Lenny ist nämlich ein Klöße-Fan.“ Woraufhin der Kleine den Kopf schüttelte und meinte: „Nein, ich bin doch Liverpool-Fan.“

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