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Heinz Höher, Kind der Bundesliga

Heinz Höher ist tot. Der ehemalige Spieler und Bundesligatrainer ist 81 Jahre alt geworden. Beim VfL Bochum ist er eine Legende. Und in Nürnberg erlebte Höher nicht nur den ersten Spielerstreik im deutschen Profifußball, sondern prägte auch eine äußerst erfolgreiche Zeit.

Heinz Höher war sicherlich kein einfacher Mensch. An ihm schieden sich die Geister. Ehemalige Spieler und Mitspieler von ihm können sich noch heute erbittert darüber streiten, ob seine Methoden genial oder verrückt waren. Aber in einem Punkt sind sich alle einig: Er war ein besonderer Mensch, über den man viele Geschichten erzählen konnte. Der Autor Ronald Reng hat genau dies in seinem preisgekrönten Buch „Spieltage“ über die Historie der Bundesliga auf vortreffliche Art und Weise getan. Dabei zeichnete Reng das Bild eines vom Fußball besessenen Mannes, der auch schon einmal unter einem Pseudonym Leserbriefe an die lokale Presse schrieb, um sich über die Höher-Berichterstattung zu beschweren.

In Bochum ist Heinz Höher bis heute eine viel beachtete und geschätzte Persönlichkeit. 1968, als man den großen FC Bayern München mit 2:1 im Pokal-Halbfinale nach Hause schickte, lieferte der gebürtige Leverkusener eine formidable Leistung auf dem Platz ab. Acht Jahre später saß Höher dann auf der Trainerbank, als es zu einem weiteren Highlight-Spiel gegen die Roten kam. Damals, am 18. September 1976, führten die Bochumer bereits mit 4:0 gegen die Bayern, bevor sie am Ende die Partie mit 5:6 aus den Händen gaben. Trainer Heinz Höher sagte nach der Begegnung, bei der die Bochumer Mannschaft über weite Strecken ein sensationelles Spiel geliefert hatte, etwas sehr Bemerkenswertes: „Es ist für unsere Spieler ganz einfach ungewohnt, vor vollen Rängen zu spielen. Nur so ist es zu erklären, dass einzelne Spieler mehr gaben, als sie hatten.“

Wie speziell Höher im Umgang mit seinen Profis war, zeigt die Erinnerung seiner beiden ehemaligen Spieler Heinz-Werner Eggeling und Jupp Kaczor. Wieder einmal ging es damals gegen die Bayern – doch dieses Mal mit dem besseren Ende für den VfL: „Wir kamen in den Raum, wo vorne wie immer die Tafel stand. Und plötzlich macht Höher einfach das Licht aus. Wir haben nur gedacht, was ist denn nun los? Niemand hat ein Wort gesprochen. Und dann geht irgendwann das Licht wieder an, er dreht die Tafel rum und da steht vorne drauf: ,Wir schlagen Bayern München, hap, hap, hap …‘ Ja, dann sind wir losgefahren und haben sie weggehauen!“ Das war Heinz Höher. Kreativ, aber eher schweigsam. Vielleicht passt es deshalb auch so gut zu ihm, dass er irgendwann begann zu schreiben. 1992 erschien sein Kinderbuch „Tommo“, das er seinem Sohn Thomas widmete.

In seiner Duisburger Zeit in den Jahren zwischen 1979 und 1980 erfand Höher eine absolute Neuheit im Umgang mit der Presse. Eines Tages waren ihm die ständig wiederkehrenden Phrasen zu bunt geworden, und so fertigte Höher Kärtchen für die Journalisten an, auf denen bestimmte Antworten zu Fragen über den allgemeinen Leistungsstand der Mannschaft draufgedruckt waren. So musste er sich nicht ständig wiederholen und dabei auch noch selbst langweilen. Das tat er im Übrigen nicht, weil er sich mit den Leuten von der Presse im Allgemeinen nicht verstand. Ganz im Gegenteil. Zu Bochumer Zeiten ging Höher mit dem befreundeten Journalisten Heinz Formann gerne bei Auswärtsspielen in die Spielbank. Sie hatten dabei einen kleinen Code verabredet, den sie vor der Abfahrt aus Bochum austauschten. Er lautete: „Nimmst du deine Krawatte mit?“ Als sie gemeinsam eines Nachts in Berlin spielten, klappte es mal wieder richtig gut. Sie gewannen und gewannen und gingen am Ende mit vollen Taschen aus der Spielbank. Bei der morgendlichen Rückkehr war es allerdings mit dem Strahlen im Gesicht der beiden VfLer vorbei, wie sich Formann erinnert: „Wenn du aber um vier Uhr morgens zum Hotel kommst, und deine Frau ist wach, gibt es nur eine Möglichkeit, die ich von Jürgen Köper gelernt habe: Ich habe ihr all die munteren Scheine gegeben und sagte: Jetzt musst du schweigen!“

In Duisburg endete die Zeit auf der Bank vorzeitig. Erst ein Drittel aller Spiele war absolviert, als Höher bereits zur Diskussion stand. Doch der nahm die verbalen Bösartigkeiten damals recht gelassen: „Mich muss hier keiner abschießen. Ich gehe freiwillig. Der Trainerstuhl in Duisburg hat ohnehin nur zwei Beine.“ Sein Frankfurter Kollege Friedel Rausch, der ihm gerade eine 0:6-Niederlage beigebracht hatte, ergänzte humorvoll: „Nur zwei dünne Beine!“

Kurios war kurze Zeit später sein Engagement in Düsseldorf. Nachdem die Fortuna den erfolglosen „Lautsprecher“ Otto Rehhagel rausgeworfen hatte, kam der Deutschland-Flüchtling Heinz Höher zufälligerweise in die Heimat. Der war zu diesem Zeitpunkt eigentlich Trainer bei Ethnikos Piräus: „Ich wollte nur einmal nach dem Rechten schauen und die Familie besuchen.“ Da griff die Fortuna sofort beherzt zu – und so absolvierte Höher sein letztes Spiel als Trainer in Griechenland schon nach seiner ersten Begegnung mit Düsseldorf. Höhers Begründung: „Ich hatte das versprochen. Zum harten Profigeschäft gehört schließlich auch noch ein bisschen Menschlichkeit!“ Dennoch ging es nach seiner Zeit in Düsseldorf wieder zurück nach Griechenland mit den beiden Stationen PAOK Thessaloniki und Olympiakos Piräus.

Was danach folgte, war eine unglaublich spannende wie erfolgreiche Episode zwischen den Jahren 1984 und 1988 beim 1. FC Nürnberg, die mit dem ersten Spielerstreik im deutschen Profifußball begann. Damals vor fast genau 35 Jahren weigerten sich beim Club die Spieler, unter ihrem Trainer Heinz Höher weiterzuarbeiten. Der Coach würde nicht zu ihnen passen, war das Argument der Profis. Eine durchaus übliche Einschätzung im bezahlten Fußball, die in 99,9 Prozent aller Fälle dazu führt, dass die Kluboffiziellen kurz darauf ihren Übungsleiter in die Freizeit entlassen. Doch damals in Nürnberg war alles anders. Die „Oktober-Revolte“ ging auch deshalb in die Geschichte ein, weil sich die Spieler äußerst ungeschickt anstellten. Sie verweigerten mehrheitlich das Training und formulierten ein Protestschreiben. Seit diesen Tagen wissen Fußballprofis vor allem eine Sache: Wenn sie nicht mehr mit einem Trainer zusammenarbeiten wollen, sollten sie sich alle öffentlichen Meinungsäußerungen und Aktionen sparen. Denn beim Club ging die Sache für sechs altgediente Profis damals nach hinten los. Präsident Schmelzer hielt an Coach Heinz Höher fest und schmiss die Arbeitsverweigerer raus. Was folgte, war die beste Zeit des Vereins für viele Jahre. Die erzwungene Neuaufstellung sorgte dafür, dass die jungen Talente schneller in die Mannschaft integriert wurden. Der frische Geist durchfuhr einen ganzen Verein und setzte neue Kräfte frei. Heinz Höher erlebte seine vermutlich schönste Zeit im Profifußball.

Doch danach wurde es weitgehend still um Heinz Höher. Denn zur Wahrheit seines Lebens gehörte auch, dass er viele Jahre hochgradig alkoholabhängig war. Erst 2010 schaffte er den endgültigen Absprung und lebte seitdem abstinent. Als Trainer des VfL Bochum sagte Heinz Höher einmal: „Wir werden nicht absteigen. Ja, wenn wir im nächsten Jahr das an Glück erhalten, was uns momentan an Widerwärtigkeiten vorgesetzt wird, werden wir sogar Deutscher Meister!“ Das hat er leider nie geschafft. Aber trotz des Ausbleibens der ganz großen Erfolge in seiner Karriere wird man sich immer an ihn als echtes Kind der Bundesliga erinnern. Heute ist Heinz Höher im Alter von 81 Jahren gestorben.

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