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3. Keine Vorlagepflicht bei Offensichtlichkeit des Auslegungsergebnisses

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Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH braucht eine Vorlage nicht zu erfolgen, wenn der EuGH bereits eine Entscheidung zur betreffenden Frage gefällt hat oder die Antwort offensichtlich ist. Der EuGH benutzt die Formel, dass die Antwort „derart offenkundig“ sein muss, „dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt“ (C.I.L.F.I.T.-Rechtsprechung; man spricht auch von „Acte-clair-Rechtsprechung“).[144]

Trotz der Klarheit dieser Formel sind Meinungsverschiedenheiten über ihre Bedeutung aufgetreten.[145] Insbesondere der BGH hat die C.I.L.F.I.T.-Rechtsprechung gerne als Basis einer Argumentation genutzt, durch die eine an sich erforderliche Vorlage vermieden werden sollte.[146] Jedoch kann Offenkundigkeit keineswegs schon dann angenommen werden, wenn bei Anwendung nationaler Gedankengänge die Auslegung zweifelsfrei erscheint. Auch die Auslegung nur der deutschen Textfassung einer Richtlinie reicht nicht aus.[147] Wörtlich erklärt der EuGH in C.I.L.F.I.T.: „Das innerstaatliche Gericht darf jedoch nur dann davon ausgehen, dass ein solcher Fall vorliegt, wenn es überzeugt ist, dass auch für die Gerichte der übrigen Mitgliedstaaten und den Gerichtshof die gleiche Gewissheit bestünde.“

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Es ist daher missverständlich, wenn vorgeschlagen wird, eine Vorlage in einem Fall, in dem die (EU-rechtliche) Vorschrift nach nationaler Sichtweise klar, nach EU-rechtsbezogener Sichtweise aber zweifelhaft erscheint, nur dann zu tätigen, wenn bereits eine den Zweifeln Nahrung gebende, von der Ansicht des nationalen Gerichts abweichende Entscheidung des EuGH vorliegt.[148] Unsinnig wäre es aber auf der anderen Seite, ein Gericht, welches bei Berücksichtigung der deutschen Fassung einer Richtlinie und Anwendung des diese umsetzenden nationalen Rechts keine Zweifel daran hat, wie ein Fall zu entscheiden ist, dazu zu zwingen, nunmehr auch die Sichtweise zu untersuchen, die sich für andere europäische Gerichte, vielleicht französische, spanische, polnische oder griechische ergeben könnte. Eigene Zweifel des nationalen Gerichts sind also entscheidend. Nötig ist die Vorlage aber bei auch nur geringem Zweifel – und dazu gehören eben auch schon die Fälle, in denen man denkt, irgendjemand anders könne vielleicht ernstliche Zweifel haben.[149] Die nationalen Gerichte sollten sich stets bewusst sein, dass sie die richtlinienkonforme ebenso wie die rechtsvergleichende Sichtweise nur unzureichend beherrschen (können). Das europäische Privatrecht ist in seiner ganzen Struktur, seiner Zielrichtung und seinen Prinzipien so anders als das deutsche Privatrecht, dass nicht in Parallelen gedacht werden kann.

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