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4. Mindestharmonisierung, Vollharmonisierung und Vorlagepflicht
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Eine Begrenzung der Vorlagepflicht, die eher inhaltlicher Art ist, folgt aus der Geltung des Mindeststandardgrundsatzes. Wenn das nationale Gericht lediglich Zweifel hat, ob es mit seiner Entscheidung über den Standard der Richtlinie hinausgehen könnte, so besteht eine Vorlagepflicht nicht, soweit die Mitgliedstaaten einen über die Richtlinie hinausgehenden Schutz vorsehen dürfen (siehe dazu oben Rn. 21 f.).
Das Gericht darf aber auch im Fall einer Mindestharmonisierung stets eine Vorlage an den EuGH vornehmen, wenn es erfahren möchte, wie weit genau die Vorgaben der Richtlinie gehen. Die typische Vorlage gründet auch hier darauf, dass das Gericht das nationale Recht richtlinienkonform, also genau im Sinne der Richtlinie auslegen möchte, sich über die Bedeutung der Richtlinie jedoch nicht im Klaren ist.
Für Vollharmonisierungsrichtlinien besteht eine wichtige Auslegungsfrage darin, welche Einzelfragen der Vollharmonisierung unterfallen und wie weit bestimmte Bereichsausnahmen reichen. Denn die Mitgliedstaaten haben oft ergänzende Normen erlassen oder beibehalten, die den Schutz der Richtlinie erweitern. Deren Vereinbarkeit mit der Richtlinie hängt jeweils davon ab, ob diese Regelungen außerhalb des vollharmonisierten Bereichs liegen.[150] Denn innerhalb des vollharmonisierten Bereichs sind Abweichungen nicht zulässig (mit Beispielen Rn. 228, Rn. 355, Rn. 468).