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DAS KOMMANDIERTE

VERGNÜGEN


Es war ein leicht gefühltes Vorhaben, ein Wochenende in den Bergen. Die Sonne schien, die Bienen summten, die Felsen ragten in den blauen Himmel. Wir wollten da hinauf und dann wieder hinunter, zwischendurch gut zu Abend essen, anderntags beizeiten wieder heim. Im Hotel angekommen, in dem es nach Aromaölen roch, wurden wir mit den Worten empfangen, sie lagen auf dem Kopfkissen auf: »Genießen Sie die Tage bei uns. Sie haben es sich verdient.« Im Bad kommandierte es zwischen Heublumenseife und Massagestein: »Lassen Sie die Seele baumeln.«

Etwas renkte aus.

Ich weiß nicht, wo meine Seele sitzt und ob sie baumeln kann. Genießen tue ich nicht auf Geheiß, überhaupt, zu fordernd kommt mir inzwischen das Wort Genuss daher, im Widerspruch zu seinem Versprechen. Woher wissen die, was ich verdient habe? Vielleicht lag ich schon die ganze Woche faul herum. Der Satz wird dahingesagt, um jemanden bestätigend zu belohnen, aber der Befehlston verrät ihn. Denn oft verdienen ja die, die ihn sagen, am meisten daran. Sie profitieren davon, dass man intensiv geleistet hat und dann wieder verwöhnt und aufgebaut werden muss. Dabei meinen sie es nur gut. So gut wie Eltern es mit ihrem Kind meinen, ohne dass sich das Kind dagegen wehren kann. Genauso empfindet man es als Erwachsene und hat nun ein Wort dafür, wenn auch ein ebenfalls zu häufig gebrauchtes: Die Gutmeinenden sind übergriffig.

Und so gibt man sich der Verwöhnung hin, entspannt sich hinein in den Zustand, in dem man nichts mehr will als das totale Erschlaffen und sogar zu denken aufhört. In einem letzten hellen Moment vernimmt man vielleicht noch den Gedanken, dass die Ausweitung der Komfortzone mit dem Bekämpfen von Stress und Leistung einhergeht. Stress wird zum Feind erklärt, der das wachsende Angebot an Mitteln und Techniken, ihn zu vermeiden oder die Gestressten zu belohnen, rechtfertigt. Wer es nicht merkt, dem wird es sanft einmassiert.

Jetzt im Frühling drängt sich einem die gute Laune wieder überall auf. Theodor W. Adorno meinte die Unterhaltungsmusik, als er den Begriff vom »kommandierten Vergnügen« prägte. Man nimmt das Kommando am Morgen aus dem Radio entgegen, vorgespielt von zu fröhlichen Moderatoren. Es rieselt abends aus den Liftlautsprechern herab. Wattierte Befehle zum Glücklichsein, ohne dass ich mich entscheiden kann, ob ich das will. Normierte gute Laune für die Masse, ununterscheidbar.

Man erkläre jemandem, dass man an einem sonnigen Tag lieber bei geschlossenen Läden vor dem Computer sitzt oder hinter einem Buch. Das tun doch nur Einsame oder sonst Unglückliche. Aber sie tun es mit einem Grund: weil die wabernde Euphorie, wenn die Temperaturen steigen, sie hinunterzieht. Sie spüren den Druck, glücklich zu sein, und werden nur noch trauriger.

Aber auch an sich heitere Menschen sehen nicht ein, weshalb sie mit befohlenem Wohlgefühl den Herausforderungen der Zeit begegnen sollen. Weshalb sie auf Befehl loslassen sollen, obwohl sie gerne festhalten an Ansprüchen, die sie sich selber stellen. Ich gehe nicht ins Hotel, um glücklich zu werden. Sondern ich reise glücklich und übernachte in einem Hotel. Vielleicht verträgt es sogar einen Streit. Störfall in der diktierten Harmonie.

Denn was wäre die Alternative? Das Denken schlägt nicht mehr aus. Es bohrt sich nicht ein, hinterlässt keine Wunden. Es baumelt jetzt.

In jeder Beziehung

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