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DU STEIGST MIR

IN DIE NASE


Bei manchen Liebesgeschichten wird einem schlecht. Da lernt man jemanden kennen, findet ihn interessant, klug und schön, unterhält sich bestens. Doch nach der ersten gemeinsamen Nacht ist es gelaufen. Man kann den anderen nicht riechen.

Die Nase ist ein unterschätztes Organ. Müsste man sich entscheiden, ob man lieber das Augenlicht oder den Geruchsinn verlöre, würde man eher auf das Riechen verzichten, als blind zu sein. Man zöge auch das Hören dem Riechen vor. Das ist, nun ja, kurzsichtig: Denn die Nase entscheidet mit, ob jemand zu einem passt. Wenn man den Partner und seinen Eigengeruch nicht am liebsten inhalieren möchte und davon high wird – ja, was soll dann werden? Man beschnuppert die Haut des andern, atmet seinen Atem ein, wühlt die Nase in sein Haar, liegt in seinem Schweiß. So muss es sein.

Weil zumindest die Wissenschaft weiß, wie uns unsere Nase durchs Leben führt, betreibt sie rege Forschung auf dem Gebiet. So hat vor Kurzem ein Team an der Universität Bern herausgefunden, dass der Geruch von Frauen an ihren fruchtbaren Tagen Männer besonders betört. Man ließ die männlichen Probanden an den Baumwolltüchern riechen, die Frauen während ihres Eisprungs nachts in ihre Achselhöhlen legten. Fast ausnahmslos rochen die Männer die Frauen am liebsten, die einen hohen Östrogenspiegel aufwiesen. Vom weiblichen Sexualhormon wird in der fruchtbaren Phase am meisten produziert. Das zog die Männer an.

Was mich an solchen Befunden immer erstaunt – wie dankbar sie wiedergegeben werden. Als böten sie nun eine Erklärung für alles. So lesen Männer ja angeblich auch an erweiterten Pupillen ab, wann eine Frau empfängnisbereit ist. Doch Studien, die Begehren allein mit Biologie erklären, verleiten zu einer reduktionistischen Sicht. Warum sich ein Mann am liebsten in der Achselhöhle einer Frau verstecken möchte, das ist nicht auf die Essenz »Reproduktionsfähigkeit« zu reduzieren, sondern hat viele Nebennoten.

Also stecken wir die Nase etwas tiefer hinein. Es ist ein wilder, komplexer Cocktail von Gerüchen, das heißt Molekülen, wenn sich zwei Leute begegnen. Bei dieser chemischen Kommunikation müssen Moleküle in einer bestimmten Konzentration vorhanden sein, damit beim Gegenüber ankommt: »Ich will etwas von dir.« Das sagte die Psychologin Bettina M. Pause in der »ZEIT«, wo sie gefragt wurde, wie man den Richtigen findet. Auch sie vereinfacht: Frauen zögen dominante Männer vor. Laut ihr passiert der Austausch über Gerüche aber immer in einem sozialen Kontext, und ob man verzaubert oder abgestoßen wird, sei höchst individuell. Zudem habe der Geruchssinn bei der Wahl des Partners vor allem einen Einfluss »in die negative Richtung«: Er hält uns von denen fern, die nicht zu uns passen.

Riecht jemand, dass er selber nicht gut riecht? Stößt er die meisten ab, oder riecht ein Mensch für irgendjemanden immer gut? Diese Fragen wurden nicht beantwortet, drängen sich aber beim zunehmend auch olfaktorischen Dichtestress im öffentlichen Raum auf. Und deshalb sollte man den natürlichen Körpergeruch nicht verherrlichen, finde ich. Sondern froh sein um Seifen, Parfüms und Deodorants, mit denen man die eigenen Ausdünstungen überdeckt.

Womöglich können künstliche Düfte die Liebe genauso entfachen, jedenfalls die großen mit ihren schönen Namen. »Bel Respiro«, »L’Heure Folle«, »Lonestar Memories«. Oder sie erinnern an die vergangene Liebe, sobald ihre Spur einen irgendwo streift.

Aber dann hält man vielleicht besser den Atem an.

In jeder Beziehung

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