Читать книгу Öffentliche Finanzwirtschaft - Bodo Leibinger - Страница 22

Оглавление

1.3.2.3Ertragshoheit über Steuern

58

Unter den Steuervorschriften des Grundgesetzes nimmt Art. 106 die zentrale Rolle ein. Mit der Verteilung der Steueraufkommen auf die Gebietskörperschaften werden zugleich unterschiedliche Steuertypen begrifflich festgelegt, siehe unten. Der Gesetzgeber darf keine Steuern erfinden, die sich den Typusbegriffen des Art. 106 GG nicht zuordnen lassen.[7]

59

Das Aufkommen vieler Steuern wird den Gebietskörperschaften jeweils ausschließlich zugeordnet; man spricht vom Trennsystem der Steueraufkommen. Art. 106 Abs. 1 GG enthält die Bundessteuern, Abs. 2 die Länder- und Abs. 6 die Gemeindesteuern.

60

Einkommen-, Körperschaft- und Umsatzsteuer (die sog. Gemeinschaftsteuern) unterliegen jedoch dem Verbundsystem. Bund und Länder teilen sich nach Art. 106 Abs. 3 GG deren Steueraufkommen. Die Gemeinden erhalten einen Anteil an der Einkommen- und Umsatzsteuer (Art. 106 Abs. 5 bzw. 5a GG) und einen Teil des Länderaufkommens aller drei Gemeinschaftsteuern (Art. 106 Abs. 7 GG).

61

Festbeträge (nicht Steueranteile) werden den Ländern nach Art. 106a (für Zwecke des öffentlichen Personennahverkehrs) und 106b GG (auf Grund der Übertragung der Kraftfahrzeugsteuer an den Bund) aus dem Steueraufkommen des Bundes gewährt.

Abbildung 5:Die Verteilung der Steuern nach dem Trenn- und dem Verbundsystem


62

Nicht alle in Art. 106 GG aufgezählten Steuern und Steuerarten (Typusbegriffe) existieren tatsächlich. Die Vorschriften sollen vielmehr sicherstellen, dass alle vom Gesetzgeber beschlossenen und noch zu beschließenden Steuern präzise den Steuergläubigern (Bund, Ländern oder Gemeinden) zugeordnet werden können.

63

Finanzmonopole bestehen nicht mehr, das Aufkommen der Zölle (also der Steuern auf den grenzüberschreitenden Warenverkehr) steht der EU als Eigenmittel zu (siehe oben).

64

Verbrauchsteuern (Art. 106 Abs. 1 Nr. 2 GG) sind solche, die auf den Konsum von Gütern durch Endverbraucher angelegt sind. Ihr Aufkommen steht grundsätzlich dem Bund zu. Sie zählen zu den indirekten Steuern, bei denen die Steuerlast von denen, die die Steuern an den Staat abzuführen haben, auf die Endverbraucher abgewälzt wird.

65

In Deutschland besteht eine allgemeine Verbrauchsteuer, die auf nahezu alle zu konsumierenden Güter erhoben wird: die Umsatzsteuer (verkürzt auch als Mehrwertsteuer bezeichnet[8]). Sie steht nicht dem Bund alleine zu, sondern als Gemeinschaftsteuer des Art. 106 Abs. 3 GG Bund und Ländern gemeinsam.

65a

Zusätzlich werden besondere (spezifische) Verbrauchsteuern auf Genussmittel und Energieerzeugnisse (einschließlich elektrischen Strom) erhoben.

66

Verbrauchsteuern auf Genussmittel sind die Steuern auf Trinkalkohol[9],

 Spirituosen (AlkoholStG),

 alkoholhaltige Süßgetränke („Alkopops“, AlkopopStG),

 Schaumwein und sog. Zwischenerzeugnisse (SchaumwZwStG) sowie

 Bier (BierStG),

und die Steuern auf Kaffee (KaffeeStG) und Tabak (TabakStG).

67

Die Biersteuer steht nicht dem Bund zu, sondern nach Art. 106 Abs. 2 Nr. 4 GG ausschließlich den Ländern.

68

Die Verbrauchsteuer auf Energieerzeugnisse (EnergieStG) zielt auf fossile, nachwachsende und synthetische Brenn- und Kraftstoffe ab. Der elektrische Strom wird mit Stromsteuer (StromStG) belegt.

69

Mit Ausnahme der Kaffeesteuer sind die vorgenannten Verbrauchsteuern harmonisiert, d.h. sie unterliegen einschlägigen EU-Richtlinien (z.B. Richtlinie 2008/118/EG -Systemrichtlinie-) um Besteuerung und Verfahren innerhalb der EU gleichmäßig zu gestalten. Die Alkopopsteuer als solche ist keine harmonisierte Verbrauchsteuer, aber der darin enthaltene Trinkalkohol ist von der Systemrichtlinie der EU erfasst.

70

Neben den bundeseinheitlich geregelten Verbrauchsteuern sieht Art. 106 GG auch örtliche Verbrauchsteuern vor, also solche, die durch Landesgesetz geregelt werden. Ihr Aufkommen steht nach Abs. 6 Satz 1 den Gemeinden zu.

71

Verkehrsteuern knüpfen an Handlungen im Rechtsverkehr an, z.B. an rechtsgeschäftliche Handlungen. Die Verkehrsteuern stehen nach Art. 106 Abs. 2 GG grundsätzlich den Ländern zu, so z.B. die Grunderwerbsteuer.

72

Verkehrsteuern auf motorisierte Verkehrsmittel (Kraftfahrzeugsteuer, Luftverkehrsteuer) und auf den Kapitalverkehr stehen hingegen dem Bund zu (Art. 106 Abs. 1 Nr. 3 und 4 GG).

73

Die Umsatzsteuer wurde oben als Verbrauchsteuer klassifiziert. Sie ist aber auch eine Verkehrsteuer, die an vertragliche Lieferungen und sonstige Leistungen anknüpft. Sie steht nach Art. 106 Abs. 3 GG Bund und Ländern gemeinsam zu, siehe oben.

74

Aufwandsteuern sind solche, die an die Einkommensverwendung in Form der Nutzung bestimmter Güter (Aufwand) anknüpfen. Soweit sie nicht bundeseinheitlich geregelt sind, stehen sie als örtliche Steuern den Gemeinden zu (Art. 106 Abs. 6 Satz 1 GG). Beispiele wären die Zweitwohnsitz- und die Hundesteuer.

75

Die Typusbegriffe Verkehr-, Verbrauch- und Aufwandsteuer müssen sich in Bezug auf einzelne Steuergegenstände nicht gegenseitig ausschließen.

76

Als Zuschlagsteuer (Ergänzungsabgabe) wird der Solidaritätszuschlag zur Einkommen- und Körperschaftsteuer erhoben. Anders als die ihm zugrunde liegenden Steuern steht sein Aufkommen nach Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG ausschließlich dem Bund zu.

Übersicht 1:Steuerhoheiten anhand zehn exemplarischer Steuerquellen

Steuer Gesetzgebung (Art. 105 GG) Verwaltung (Art. 108 GG) Ertrag (Art. 106 GG)
Bund Länder Gemeinden
Einkommensteuer Bund Länder Abs. 3 Abs. 3 Abs. 5*²
Umsatzsteuer Bund Länder* Abs. 3 Abs. 3 Abs. 5a*²
Körperschaftsteuer Bund Länder Abs. 3 Abs. 3 –*²
Gewerbesteuer Bund*³ Länder Abs. 6
Grundsteuer Bund*³ Länder Abs. 6
Grunderwerbsteuer Bund*³ Länder Abs. 2 Nr. 3
Erbschaftsteuer Bund Länder Abs. 2 Nr. 2
Versicherungsteuer Bund Bund*4 Abs. 1 Nr. 4
bundes-gesetzliche Verbrauchsteuern Bund Bund Abs. 1 Nr. 1
außer Biersteuer Bund Bund Abs. 2 Nr. 4

*

außer Einfuhrumsatzsteuer nach Abs. 1

nach Abs. 7 erhalten die Gemeinden einen Steueranteil am Länderaufkommen

die Länder legen (durch Gesetz) den Steuersatz der Grunderwerbsteuer fest (Art. 105 Abs. 2a) und den Gemeinden ist (per Landesgesetz) das Recht der Festlegung (durch kommunale Satzung) der Hebesätze der Grund- und Gewerbesteuer einzuräumen (Art. 106 Abs. 6 Satz 2)

*4

nach § 5 Abs. 1 Nr. 25 FVG Aufgabe des BZSt

77

Für den bundesstaatlichen Finanzausgleich (also die Verteilung der Steueraufkommen zwischen den Gebietskörperschaften) sind die Regelungen von Art. 106 Abs. 3 und 4 sowie Art. 107 GG anzuwenden. Auf ihren Grundlagen wird das Nähere im FAG und im MaßstG geregelt.

Öffentliche Finanzwirtschaft

Подняться наверх