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1.3.5Verfassungsrechtliche Bestimmungen für die Haushaltswirtschaft des Bundes
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Die darauffolgenden Vorschriften des Abschnitts X, Art. 110 bis 115 GG, gelten ausschließlich für die Haushaltswirtschaft des Bundes. Für die Länder ist Vergleichbares in ihren jeweiligen Landesverfassungen enthalten, z.B. Art. 78 bis 83 BayVerf. Außerdem ist es Angelegenheit der Landesgesetzgeber, die Haushaltswirtschaft der Gemeinden zu regeln.
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Art. 110 GG ist die Kernvorschrift für die Haushaltswirtschaft des Bundes. Aus ihr leiten sich fundamentale Haushaltsgrundsätze ab (siehe dazu „Haushaltsgrundsätze“). Die Besonderheiten der Haushaltsgesetzgebung und die Regelungsgrenzen des Haushaltsgesetzes enthalten Art. 110 Abs. 2 bis 4 GG (siehe dazu „Haushaltskreislauf“).
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Wenn ein Haushaltsplan abweichend von Art. 110 Abs. 2 GG nicht vor Beginn des betreffenden Rechnungsjahres festgestellt wurde, dann gelten die Ausgabeermächtigungen vor Etatgenehmigung des Art. 111 Abs. 1, damit die nötige Handlungsfähigkeit des Bundes sichergestellt ist. Reichen die gesetzlichen Einnahmequellen nicht aus, um die nach Abs. 1 zu leistenden Ausgaben zu decken, dann dürfen Einnahmen aus Krediten nach Abs. 2 getätigt werden. Dabei ist die Schuldenbremse aus Art. 115 GG (siehe unten) zu berücksichtigen.
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Art. 112 GG versetzt das BMF in die Lage, bei unvorhergesehenen und unabweisbaren Bedürfnissen nicht geplante zusätzliche Ausgaben zu bewilligen (siehe dazu „Haushaltskreislauf“); diese Befugnis endet dort, wo der Haushaltsgesetzgeber noch die Möglichkeit hätte den Plan anzupassen (zeitliche Unabweisbarkeit). Die Befugnis gilt für einzelne Ausgabebedürfnisse. Spätestens dann, wenn zum Ausgleich ungeplanter zusätzlicher Ausgaben die voraussichtlichen Einnahmen nicht zur Verfügung stehen, muss dem Gesetzgeber die Entscheidung vorbehalten sein.
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Durchaus bemerkenswert ist die Möglichkeit der Bundesregierung, die Beschlussfassung des Bundestages auszusetzen (Art. 113 Abs. 1 Satz 3 GG) oder nach Abs. 2 sogar eine erneute Beschlussfassung zu verlangen. Das gilt für Gesetze, die die Einnahmen des Bundes mindern oder seine Ausgaben erhöhen würden (siehe dazu „Haushaltskreislauf“), bei denen grundsätzlich die Zustimmung der Bundesregierung erforderlich ist (Art. 113 Abs. 1 Satz 1 GG).
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Art. 114 GG regelt die Grundsätze der Rechnungslegung und der Finanzkontrolle (siehe dazu „Haushaltskreislauf“). Sein Abs. 2 ist die Grundlage für die Aufgabe des Bundesrechnungshofes als unabhängiges Verfassungsorgan für die Prüfung der gesamten Wirtschaftsführung des Bundes. Dessen Befugnisse enthält die BHO, das Nähere regelt das BRHG.
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Nach Art. 115 Abs. 1 GG darf der Bund Kredite nur aufnehmen und Eventualverbindlichkeiten (Bürgschaften, Garantien und sonstige Gewährleistungen) nur dann eingehen, wenn er durch Gesetz dazu ermächtigt worden ist. Üblicherweise enthält dazu das jährliche Haushaltsgesetz diese Ermächtigungen (§§ 2 und 3 HG 2021).
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Diese Ermächtigungen zur Kreditaufnahme schränkt Art. 115 Abs. 2 Satz 1 GG für den Bund ein. Nach der Schuldenbremse (siehe auch oben, Art. 109 Abs. 3 GG) ist der Haushaltsausgleich der Einnahmen und Ausgaben grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten zu erreichen; dabei gilt der Bundeshaushalt als ausgeglichen, wenn die Einnahmen aus Krediten 0,35% des nominalen Bruttoinlandsprodukts nicht überschreiten (Art. 115 Abs. 2 Satz 2 GG). Zudem darf gem. Art. 115 Abs. 2 Satz 3 GG eine Konjunkturkomponente berücksichtigt werden (Näheres s. Abschnitt 2.4 und 3.3.4.2).
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Nicht nur bei konjunkturellen Störungen, sondern auch in außergewöhnlichen Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen, dürfen die vorgenannten Obergrenzen durch Bundestagsbeschluss überschritten werden (Art. 115 Abs. 2 Satz 6 GG).
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Das Nähere zu den Verschuldungsregeln ist im Artikel-115-Gesetz (G115) festgelegt.
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Abschnitt X des Grundgesetzes enthält zum einen umfangreiche Regeln für die Finanzen von Bund und Ländern. Zum anderen bildet er die Grundlage für viele zuvor erwähnte einfachgesetzliche Regelungen.