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Im türkischen Bad

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Das türkische Bad war eher ein Ort für Geschichten als zum Baden. Das allgemeine Stimmengewirr, das unter der Kuppel dahinschwebte, verschluckte alles. Einzelne Wörtchen und Wörter, Schwüre, Segenswünsche, Streitereien um einen Platz unter dem großen Wasserstrahl, Scherze, Gerüchte, Diskussionen – alles was vom einen Ende der Stadt zum anderen passiert war, wurde umgerührt und tropfte zusammen mit den Tropfen des erkalteten Dampfs ins Becken.

Vranica hatte sich bereits abgeschrubbt, sie musste sich nur noch abspülen. Ins Becken ging sie nie. Sie mochte es nicht, mit dem Weibsvolk in ein und dieselbe trübe Flüssigkeit einzutauchen und unabsichtlich ihre aufgequollenen, schmutzigen Körper zu berühren. Auf der einen Seite der Muschelschale aus Marmor an der Wand sitzend schöpfte sie mit einer Kupferschüssel vom überlaufenden Wasser und goss es selig über sich aus. Über den Kopf, die Schultern, sie übergoss ihren Rücken und ihren Bauch. Die Sonne stand am Nachmittag schon tief und spähte durch den Abzug des Dachs herein. Sie hatte sich durch den engen Spalt gezwängt, den heißen Dampf durchschnitten, sich in einigen Farben vervielfältigt, und nun streckte sich der Strahl zu einem langen Trichter, dessen breitere Öffnung genau auf Vranicas Körper fiel. Sie begann zu funkeln wie eine Ohrider Perle. Versunken in das göttliche Spiel mit dem Wasser und der Sonne, sah sie nicht, wie Rabiye aus dem Becken stieg und in ihre Richtung angeschlichen kam. Auf der anderen Seite war der Platz am kleinen Trog frei und die einem ungewaschenen Gärtuch ähnelnde Frau nahm ihn ein. »Was für ein Glück!«, dachte sie sich. Vranica war gekommen, um ein wenig zu baden. Eine günstige Gelegenheit, sie anzusprechen.

»Vranica, wie schön du doch bist! Deine Schwiegermutter, ihren Kopf sollte man auf einen Pfahl spießen, meine war genauso, ein unersättlicher Drachen. Dauernd hat sie etwas an einem auszusetzen, dreimal die Pest wünsch ich ihr!« Der erwähnte Name ließ das Gesicht der fortgejagten unfruchtbaren Witwe finster werden und Rabiye ließ sofort das verhasste Thema fallen und machte eine Kehrtwendung: »Wie schön deine Haut ist! Echte Seide! Samtiger Atlas! Mein Gott, wer wohl das Glück haben wird?«

»Ich habe keinen, sie zu streicheln, aber ich habe auch keinen, der meine Seele bersten lässt. Deshalb ist mein Körper seidig«, sagte Vranica.

»Aber, aber, jetzt erzähl doch keine Märchen!«, kam Rabiye die Gelegenheit zupass, und sie begann gutmütig nachzubohren.

»Wieso sollte ich dich belügen? Du wirst mir doch nicht etwa ein Goldstück für die richtige Antwort geben?«, entgegnete Vranica mit gleichgültiger Trägheit, während sie fortfuhr, sich mit der Kupferschüssel zu übergießen.

»Mein Gott, selbst wenn du eine Verwandte der Sonne wärst, würdest du nicht so strahlen!«, ging die Gesprächspartnerin zum Angriff über. »Vorgestern gehe ich in Adems Laden, um mir Hirsebier zu kaufen, na, bei unserem Nachbarn eben«, sprach sie ohne Umschweife die sie quälende Frage an, »und was sehe ich? Wie er da leuchtet mit seiner weißen Schürze, dieser Albaner strahlt ja geradezu wie der Mond. Mein lieber Freund, sage ich mir, wer hat dich wohl gewaschen, Fremder, Arnaute verfluchter, du Unglücksrabe!«

Vranica versuchte nicht einmal, so zu tun, als würde sie nicht merken, worauf die geschickte Frau hinauswollte. Sie zog die schmalen Augenbrauen zusammen und sagte:

»Hör gut zu!« Ohne sich namentlich an sie zu wenden und ihr direkt in die Augen blickend sagte sie: »Wenn du mich nicht in Frieden lässt, dann wirst du dein blaues Wunder erleben! Hörst du?«

Rabiye hatte so einen Pfeil nicht erwartet, aber sie rannte nicht fort, sondern riss sich zusammen und entgegnete:

»Oh, liebe Schwester, unsere Männer sind nicht so wie die …«, sagte sie, wobei sie zur Sicherheit auch ihre beiden Schwager mitzählte.

»Wie?«, Vranica klemmte sie mit den Augen ein wie einen Armvoll Heu zwischen den Zinken einer Heugabel.

»Naja, keine Weiberhelden eben. Weder Bruder Petre noch Bruder Ilija«, sagte Rabiye, um die Ehre ihrer Schwager zu verteidigen.

»Ärgere dich nicht wegen deines Bruders Petre. Und auch um deinen Bruder Ilija brauchst du dir keine Sorgen machen. Auf deinen Mann hab ich es abgesehen. Ich denke, mit dem fang ich an«, zischte Vranica zwischen ihren zusammengepressten weißen Zähnen hindurch und wartete, weil sie sah, dass die Drohung Wirkung zeigte, schadenfroh auf eine Antwort.

Die eine – wie aus dem Paradies entstiegen. Weiße Haut. Der Körper elastisch und glatt – eine echte Flussbarbe. Keine einzige Falte über dem Bauch, der nicht geboren hatte. Nass, glänzend, wie ein Kranz um den Kopf geschlungen waren ihre Zöpfe noch schwärzer als Teer geworden.

Die andere – flink, mit Augen wie Weberschiffchen. Mit Hautfältchen über der schütter gewordenen Behaarung zwischen den Beinen. Die Brüste, ausgesaugt von den vier geborenen Kindern, schaukelten wie Strümpfe an einer Wäscheleine.

»Aber meiner, der ist auch kein Frauenheld, selbst wenn man zwischen Sonnenauf- und untergang keine solche Bosheit wie die seine antrifft«, sammelte Rabiye Kräfte, um den reinen Namen ihres Mannes zu verteidigen.

»Na vielleicht sollte ich es dann mal versuchen, was? Wo er doch kein Frauenheld ist. Meine Haut ist wie von Seidenraupen gezwirnt, während deine … Schau dich doch mal an, wie mit Kienholz beweihräuchert«, explodierte die schöne Witwe auch für sich selbst unerwartet.

Rabiye tat so, als sei ihr die Seife heruntergefallen, sie bückte sich, um sie zu nehmen. Das Seifenstück rutschte über den nassen Marmor immer mehr in Richtung Tür. Gewaschen oder nicht zu Ende gewaschen schlich sie aus dem Bad, und Vranica blieb in aller Ruhe zurück, um sich fertigzubaden.

Die unfruchtbare Witwe

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