Читать книгу Torn apart - Zerrissen zwischen zwei Männern - Cedrina Lautenfeld - Страница 16
Im Museum
ОглавлениеAm nächsten Morgen zeigte sich die Nordsee von ihrer nicht zu schönen Seite. Der Himmel war bedeckt und es war wieder windig. Doch das störte niemanden, da ein Ausflug nach Husum zum Nissen-Museum geplant war. Nach dem Frühstück fuhren sie los.
Cassandra saß wieder mit José in der hintersten Sitzreihe des Kleinbusses. Doch dieses Mal hatte sie eine Jeans angezogen, da sie damit rechnete, dass José wieder versuchen würde sie anzufassen.
Sie hatte richtig vermutet. Kaum waren sie ein paar Kilometer Landstraße gefahren, spürte sie Josés warme, zärtliche Hand auf ihrem Oberschenkel. Sie grinste und wendete ihren Kopf in seine Richtung.
José sah sie liebevoll an und lächelte. Er bedauerte, dass sie heute eine Jeans trug. Doch er vermutete, dass sie absichtlich eine Jeans gewählt hatte, um dadurch jedwede Annäherung von seiner Seite zu unterbinden. Aber José ließ sich nicht stoppen. Mit der Zeit wanderte seine Hand immer dichter in Richtung von Cassandras Schritt, um dann plötzlich sanft dort zu landen.
José spürte die Wärme, die von Cassandras Schritt ausging und es erregte ihn. Zusätzlich spürte er jetzt die angespannte Innenseitenmuskulatur von Cassandras Oberschenkeln. Sie hatte zwar damit gerechnet, dass José seine Hand wandern lassen würde. Trotzdem aber hatte sie reflexartig ihre Beine zusammen gedrückt, um seiner Hand keinen Platz zwischen ihren Beinen zu geben. Doch sie war nicht schnell genug gewesen. Jetzt schaute Cassandra José fragend an und schüttelte leicht den Kopf.
José grinste. Ihr sanfter Protest amüsierte ihn. Doch als Cassandra ihre Oberschenkelmuskulatur wieder entspannte, verschwand Josés Hand dennoch nicht aus ihrem Schritt. Zu sehr genoss er die erotische Wärme, die von ihrem Schritt ausging. Zu sehr hatte er das Verlangen mit ihr zu schlafen. Er fühlte sich ihr nah, wenn er eine Hand in ihrem Schritt hatte.
Aber Cassandra war anderer Meinung. Es irritierte sie, dass ihr Körper sich nicht gegen seine Berührung sperrte, sondern dass sie seine Hand in ihrem Schritt sehr genoss. Sie kämpfte gegen das langsam aufkommende Verlangen mit ihm schlafen zu wollen. Sie wusste genau, dass es falsch war diesem Verlangen auch nur in Gedanken nachzugeben. Daher kämpfte sie dagegen an und versuchte, allerdings nur halbherzig, Josés Hand aus ihrem Schritt zu entfernen.
José bemerkte es und grinste. Mit großer Genugtuung stellte er fest, dass Cassandra mehr und mehr von seinem Charme und seiner männlicher Ausstrahlung gefangengenommen wurde. Schritt für Schritt kam er ihr wieder näher.
Das Nissen-Museum lag am Rande des kleinen historischen Stadtkerns von Husum. Es gab nur wenige für den Kleinbus geeignete Parkplätze und so mussten sie in einer Nebenstraße vom Museum parken.
Trotz des kühlen Wetters befanden sich nicht viele Besucher in dem Museum. Daher störte es auch niemanden, dass Cassandra und Michael auf Englisch und Spanisch José erklärten, worum es in dem Museum ging.
René hörte den Erklärungen der beiden genauso aufmerksam zu wie José. Doch verstand er nur den englisch sprachigen Teil. Während der spanischen Erklärung laß René die deutschsprachigen Erklärungen, um nach dem Museumsbesuch mindestens genauso gut wie José informiert zu sein, da er vermutete, dass sie beim Abendessen über den Museumsbesuch sprechen würden und er auf gar keinen Fall schlechter informiert sein wollte als sein Konkurrent.
José interessierte sich sehr für das Leben der Menschen an der Nordseeküste und im Hinterland. Fasziniert schaute er sich die durch die Jahrhunderte technisch immer besser werdenden Konstruktionen von Schutzwällen und Dämmen gegen Sturmflut und Hochwasser an.
Es gab auch einen Bericht über die Sturmflut vom Februar 1962, die den Hamburger Stadtteil Wilhelmsburg und umliegende Bereiche komplett überschwemmte. Viele Menschen ertranken in den Fluten oder erfroren in der kalten Nacht auf ihren Hausdächern, auf die sie sich zu retten versucht hatten. Die Fotos der Zerstörung und der verzweifelten und hilflosen Menschen, berührten José zu tiefst. Traurig schaute er Lissi und Robert an und fragte sie auf Englisch: “Wo ward ihr damals? Wie sehr hatte Euch diese Katastrohe getroffen?“
Überrascht von seiner Frage und seinem offensichtlichen Mitgefühl, sahen sich Lissi und Robert schweigend an. Dann antwortete Robert: „Wir waren sehr junge Leute damals. Wir waren geschockt wie alle anderen auch. Aber mehr als warme Decken und Lebensmittel zu spenden konnten wir damals nicht tun.“ Lissi nickte.
„Meine Familie hat damals eine andere Familie, die alles in den Wassermassen der Sturmflut verloren hatte, in ihrem Haus aufgenommen.“ Sie nickte betroffen als sie sich an diese Zeit erinnerte. „Wir haben auch Kleidung gespendet. An die Familie die bei uns wohnte und an all die anderen Opfer.“
José nickte. Dieses Ereignis machte ihn betroffen. Doch die damalige Hilfsbereitschaft der Bevölkerung, die nicht von der Flut betroffen war, freute ihn. Er betrachtete die Fotos der Wiederaufbaumaßnahmen in Hamburg und schaute sich danach die Information über die Technik der heutigen Flutmaßnahmen an.
Auf einer Karte sah er auch, dass Cassandra in einem Hamburger Stadtteil wohnte, der auch heute nicht von Hochwasser bedroht war, sollte erneut eine sehr starke Sturmflut wie damals Hamburg treffen. Erleichtert sah er Cassandra an und lächelte.
René war überrascht. Er hatte nicht damit gerechnet, dass José so viel Mitgefühl und echte Betroffenheit äußern würde. Ungewollt empfand er diesen Wesenszug von José als sehr sympathisch. Trotzdem wachte er weiterhin über jede Handlung von José. Er wollte es ihm so schwer wie möglich machen, Cassandra näher zu kommen. Denn René war inzwischen klargeworden, dass er nicht verhindern konnte, dass José Cassandra näher kam, doch es sollte so selten wie möglich passieren.
Wieder draußen auf der Straße, machten sie einen Spaziergang durch den kleinen historischen Stadtkern von Husum. Das Wetter war besser geworden. Die Sonne schien und der wolkenlose Himmel strahlte in seinem schönsten blau.
René ging Hand in Hand mit Cassandra durch die schmalen Straßen und freute sich, dass er jetzt wieder ihre Aufmerksamkeit hatte. Cassandra lächelte René an. Sie freute sich, dass er ihre Hand hielt und nah bei ihr war.
Aber auch sie hatte Josés offensichtlich ehrliche Anteilnahme an den Ereignissen der Sturmflut von 1962 berührt. Sie mochte diese weiche, mitfühlende Seite von José. Diese Tatsache machte es ihr aber auch noch schwerer ihn gefühlsmäßig fern zu halten. Er war ein guter Mensch und er war vernünftig und zuverlässig. Allerdings hatte er auch ein wildes Temperament, das ihn manchmal Dinge tun ließ, die er später bereute.
Auf dem Rückweg nach St. Peter Ording fuhren sie an einem Hinweisschild eines Discounters vorbei und entschieden spontan ihre Lebensmittelvorräte heute schon aufzufüllen. Lissi und Robert sowie Cassandra und Michael schnappten sich jeweils einen Einkaufswagen und zogen durch den Discounter.
René und José folgten Cassandra und Michael. José schaute sich das Sortiment interessiert an und hatte dann eine Eingebung. „Wie wäre es wenn wir beide für heute Abend ein mexikanisches Abendessen kochen?“, fragte er daraufhin Cassandra, die ihn völlig überrascht anschaute.
„Aber Du kannst doch gar nicht kochen.“ Äußerte sich Cassandra jetzt skeptisch. José grinste. Michael auch. „Doch, José kann kochen.“ Sprang Michael José jetzt helfend zur Seite. Cassandra sah ihren Bruder überrascht an. „Nachdem Du Mexiko wieder verlassen hast, ist José auf die Idee gekommen kochen zu lernen.“ Cassandra schaute erst ihren Bruder und dann José immer noch zweifelnd an.
José grinste. Es amüsierte ihn, in ihrem Gesicht große Zweifel zu sehen. Denn umso mehr konnte er sie dann mit seinen neu erlernten Kochkünsten beeindrucken. Stolz erzählte er Cassandra nun, was er für heute Abend kochen wollte.
„Wie wäre es wenn wir Albondigas zu bereiten, Guacamole, Frijoles und Fleisch. Tortilla Chips habe ich schon gesehen und Speck, Mais und Käse können wir hier auch sicherlich kaufen, oder?“ Cassandra grinste. Diese Seite kannte sie noch gar nicht von José. Er hatte offensichtlich extra für sie kochen gelernt.
Sie fühlte sich geschmeichelt und willigte ein mit ihm zu kochen. „ Estupendo, eh, klasse, dann laß uns alle Zutaten einkaufen.“ Voller Tatendrang schob José jetzt gemeinsam mit Cassandra den Einkaufswagen und sprach mit ihr genau ab, wieviel sie kaufen mussten, damit alle satt wurden.
Michael grinste und freute sich über die positive Energie die José jetzt entfaltete. René hingegen war eher wütend, da er den vermeidlichen Kochkünsten von José nichts entgegen halten konnte, da er selber nicht kochen konnte.
Lissi und Robert waren auch sofort begeistert von Josés Idee mexikanisch kochen zu wollen. Lissi freute sich Zeit zum Lesen zu haben und Robert war froh, dass seine Frau nicht für das Abendessen in der Küche stand, sondern mit ihm auf der großen Terrasse in einem der bequemen Liegenstühle lesen konnte. Außerdem freuten sich beide auf ein leckeres mexikanisches Abendessen.
Cassandra und José hatten alle Zutaten, die sie für das Abendessen brauchten, auf den großen Holztisch in der Mitte der Küche gestellt. Sie überlegten jetzt womit sie anfangen sollten und was später noch zubereitet werden konnte.
René hatte die beiden seit ihrer Rückkehr ins Ferienhaus, keine Minute allein gelassen. Er hatte beim Hereintragen der Lebensmittel und beim Einräumen in die Schränke geholfen und lehnte jetzt mit einem kühlen Bier in einer Hand am Türrahmen der Küchentür und beobachtete ganz genau was Cassandra und José machten.
Cassandra und José amüsierte es, dass sie von René wie von einem Wachhund bei jeder Bewegung beobachtet wurden. Cassandra machte es Spaß mit José zu kochen, doch ihr war auch bewusst, dass es René nicht gefiel, dass sie sich so intensiv mit José beschäftigte. Sie lächelte René beruhigend zu, doch seine Eifersucht konnte sie nicht reduzieren.
José genoss jeden Moment, den Cassandra so nah bei ihm war. Es machte ihm Spaß mit ihr zu kochen und er nutzte jede Gelegenheit ihre Hände zärtlich zu berühren. Es störte ihn nicht, dass René sie beobachtete. Im Gegenteil. Jetzt endlich konnte José einmal glänzen. Heute Abend würde er der Sieger sein.
Cassandra und José war das mexikanische Abendessen vorzüglich gelungen. Es schmeckte allen und auch René musste zugeben, dass José zusammen mit Cassandra wirklich gut kochen konnte. Weshalb die Atmosphäre am Tisch sehr ausgelassen und entspannt war.
Auch die Gespräche waren einmal nicht durch gegenseitige Kompetenzkämpfe von René und José beeinflusst. Harmonie war die vorherrschende Stimmung, die den Abend zu einem Erfolg werden ließ und wodurch alle später gut schlafen konnten.
Michael bemerkte wieder einmal, welch eine positive Wirkung Cassandra auf José hatte. Seit er mit José in Deutschland war, wirkte José ruhiger, gelassener und einfach glücklich. Auch jetzt lag José glücklich lächelnd im Bett. Er hatte das Einzelbett gewählt, das an der Wand zu Cassandras und Renés Zimmer stand und von dem er zusätzlich einen schönen Blick aus dem bodenlangen Dachfenster hatte.
José dachte an Cassandra. Er liebte sie und es hatte ihn sehr glücklich gemacht, heute viel Zeit mit ihr zu verbringen. Er träumte von ihr als er einschlief.
Michael dachte jetzt an seine Frau Maria, Josés Schwester. Er wusste, dass Maria gut allein zurechtkam mit den beiden Jungen Pedro und Rafael. Auch Baby Carmen hatte sie gut im Griff gehabt, als er abflog. Dennoch dachte er häufig an sie. Maria und die Kinder fehlten ihm, auch wenn er sich hier an der Nordsee im Kreise seiner deutschen Familie sehr wohl fühlte, war er doch hin und her gerissen.
Dann sah er von seinem Einzelbett noch einmal zu Josés Bett hinüber. Doch José schlief schon mit einem glücklichen Lächeln im Gesicht.