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3.4 Wissenschaftsverständnis

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Die Akademie von Dijon schreibt 1750 die Preisfrage aus: „Hat die Wiederherstellung der Wissenschaften und der Künste zur Verfeinerung der Sitten beigetragen?“ Rousseau antwortet in seiner Schrift „Diskurs über die Wissenschaften und die Künste“ mit einer eindringlichen Verurteilung der Vernunft, der Wissenschaften und der Künste. Mit Beispielen aus der Geschichte versucht Rousseau zu beweisen, dass zunehmende Zivilisation und Gelehrsamkeit stets zu Lasterhaftigkeit und Ungleichheit unter den ursprünglich natürlichen und tugendhaften Menschen geführt haben. Die Blüte der griechischen Wissenschaften und der Künste habe in Athen mit einem Sittenzerfall geendet; fortschreitendes Wissen und Aufklärung hätten Argwohn, Hass und Verrat mit sich gebracht. Die Triebfeder der wissenschaftlichen und künstlerischen Tätigkeit ist in den Augen von Rousseau eitle Neugier, deren Befriedigung sich nur Müßiggänger, also die Privilegierten, erlauben könnten. „Luxus, Zügellosigkeit und Knechtschaft“, so behauptet Rousseau,

„sind zu allen Zeiten die Strafe für die hochmütigen Anstrengungen gewesen, die wir gemacht haben, um aus der glücklichen Unwissenheit herauszugelangen, in die uns die göttliche Weisheit versetzt hatte. … Die Wissenschaften sind unnütz durch das, was sie erstreben, und noch viel gefährlicher durch die Wirkungen, die sie hervorbringen. Im Müssiggang entstanden, fördern sie diesen ihrerseits“ (Rousseau, zit. nach Holmsten 1996, 66).

Rousseau beschließt seinen Traktat mit einem Hymnus auf die Tugend (vertu) des einfachen, unverbildeten Menschen. Um die Tugend als erhabene Wissenschaft der schlichten Seelen kennenzulernen, bedürfe es nicht vieler Mühen. Man finde ihre Grundlagen in allen Herzen eingegraben. Es genüge, in sich zu gehen und die Stimme des Gewissens zu hören, wenn die Leidenschaften schweigen. Rousseau behauptet auch später noch,

„dass die Mehrzahl unserer Leiden unser eigenes Werk ist und dass wir sie beinahe vermieden hätten, wenn wir die einfache, gleichförmige und solitäre Lebensweise beibehalten hätten, die uns von der Natur vorgeschrieben wurde. Wenn die Natur uns dazu bestimmt hat, gesund zu sein, so wage ich beinahe zu versichern, dass der Zustand der Reflexion ein Zustand wider die Natur ist und dass der Mensch, der nachsinnt, ein depraviertes Tier ist“ (Rousseau 1990, 89).

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