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i) Beurteilungsspielräume

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Den Zulassungsgremien werden von der Rechtsprechung vielfach Beurteilungsspielräume zuerkannt. Die gerichtliche Nachprüfung ist dann beschränkt; das Entscheidungsrecht liegt insoweit bei den Zulassungsgremien[276] Sind die Anforderungen an die ordnungsgemäße und rechtsfehlerfreie Ausübung des Beurteilungsspielraums erfüllt, ist dem Gericht eine weitere inhaltliche Prüfung versagt; die Gerichte sind nicht berechtigt, ihre Entscheidung an die Stelle der angefochtenen Entscheidung des Zulassungsgremiums zu setzen.[277] Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich vielmehr darauf, ob der Entscheidung ein richtig und vollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde liegt, ob die durch Auslegung der in der maßgeblichen Rechtsvorschrift verwendeten Begriffe zu ermittelnden Grenzen eingehalten sind und ob die Subsumptionserwägungen so hinreichend in der Entscheidungsbegründung verdeutlicht wurden, dass im Rahmen des Möglichen die zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar ist.[278]

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Beurteilungsspielräume bestehen vor allem bei der Prüfung und Feststellung von Bedarfssituationen, also komplexen Untersuchungen und darauf aufbauenden Feststellungen, die von einer Vielzahl von Faktoren abhängig sind, wie z.B. bei der Prüfung und Feststellung eines qualifikationsbezogenen oder lokalen Sonderbedarfs gemäß § 101 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB V i.V.m. §§ 36 und 37 Bedarfsplanungs-Richtlinie[279], bei bedarfsabhängigen Ermächtigungen, bspw. gemäß §§ 116 SGB V, 31a Ärzte-ZV[280], bei der Verlegung von Vertragsarztsitzen oder genehmigten Anstellungen gemäß § 24 Abs. 7 Ärzte-ZV[281], bei der Ermächtigung zum Betrieb einer Zweigpraxis gemäß § 24 Abs. 3 S. 7 Ärzte-ZV[282], bei Ausnahmegenehmigungen gemäß § 73 Abs. 1a S. 3 SGB V[283] sowie bei Entscheidungen gemäß § 103 Abs. 3a SGB V.[284]

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Begründet wird ein solches Letztentscheidrecht der Zulassungsgremien in Anlehnung an die Rechtsprechung des BVerwG zu den Wertungen von sachverständig oder pluralistisch zusammengesetzten Gremien[285] damit, dass es sich bei den Zulassungsgremien um sektorenspezifische gruppenplural gebildete Gremien handelt.[286]

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Das BVerfG hat durch Beschluss vom 31.5.2011 – 1 BvR 857/07[287] die Anforderungen an eine mit Art. 19 Abs. 4 GG vereinbare eingeschränkte gerichtliche Kontrolle von Verwaltungsentscheidungen verschärft: Beurteilungsspielräume bedürfen hiernach entweder einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage oder müssen sich aus den einschlägigen Normierungen zumindest durch Auslegung als vom Gesetzgeber eingeräumt ermitteln lassen.[288] Ob vor diesem Hintergrund den Zulassungsgremien weiterhin Beurteilungsspielräume zuerkannt werden können, wird unterschiedlich gesehen. Zum Teil wird angenommen, an der Rechtsprechung des BSG könne nicht mehr festgehalten werden.[289] Zum Teil wird vertreten, die Einräumung eines Beurteilungsspielraums lasse sich durch Auslegung hinreichend deutlich ermitteln, insbesondere spreche die Anordnung einer Entscheidung des Zulassungsausschusses durch den Gesetzgeber in Ansehung der bereits bestehenden Rechtsprechung zum Bestehen eines Beurteilungsspielraums ohne anderweitige Regelung für die Annahme eines Beurteilungsspielraums.[290]

Vertragsärztliche Zulassungsverfahren, eBook

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