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j) Änderungen der Sach- oder Rechtslage

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Nach den Grundsätzen des intertemporalen Sozialrechts sind vorbehaltlich entgegenstehender (Übergangs-)Regelungen bei den auf Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung oder auf vergleichbare Statusentscheidungen gerichteten Vornahmesachen[291] grundsätzlich alle Änderungen der Sachlage bis zur mündlichen Verhandlung in der letzten Tatsacheninstanz sowie alle Rechtsänderungen, auch soweit sie in der Revisionsinstanz eintreten, zu berücksichtigen.[292] Damit sind im Regelfall sowohl vorteilhafte als auch nachteilige Sach- und Rechtsänderungen[293] zu berücksichtigen.[294] Dies gilt auch dann, wenn die Anfechtung durch einen der verfahrensbeteiligten Verwaltungsträger[295] erfolgt,[296] bspw. wenn der Beschluss über die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung von der Kassenärztlichen Vereinigung angefochten wird.[297] Unter Umstanden besteht für den Antragsteller Vertrauensschutz gegen nachteilige Sach- und Rechtsänderungen.[298]

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Diese Grundsätze gelten nicht, wenn nicht die Statusentscheidung selbst, sondern allein hiervon zu trennende Abrechnungsobergrenzen[299] im Streit stehen.[300]

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In Ausnahmefällen, insbesondere in Drittanfechtungskonstellationen, ist auf den Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung abzustellen, falls sich die Sach- oder Rechtslage zu diesem Zeitpunkt für den begünstigten Dritten vorteilhafter darstellt.[301] Geht dem Vornahmebegehren – wie etwa im Falle des § 103 Abs. 4 S. 4 ff. SGB V – notwendigerweise eine Abwehrklage in Gestalt einer Drittanfechtung der Begünstigung des für die Praxisnachfolge ausgewählten Bewerbers voran, ist auf den Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung abzustellen, falls sich die Sach- oder Rechtslage zu diesem Zeitpunkt für den begünstigten Dritten vorteilhafter darstellt.[302]

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Im Urteil des BSG vom 29.11.2017 – B 6 KA 31/16 R –[303] wurde die Rechtsprechung des 6. Senats noch einmal präzisiert: In einem Verfahren auf Zulassung seien grundsätzlich alle Änderungen – vorteilhaft oder nachteilig – der tatsächlichen Verhältnisse bis zur mündlichen Verhandlung in der letzten Tatsacheninstanz zu berücksichtigen.[304] Allerdings könne auch für die Beurteilung von tatsächlichen Verhältnissen aus Rechtsgründen auf einen früheren Zeitpunkt abzustellen sein.[305] Änderungen des anzuwendenden Rechts gegenüber dem Zeitpunkt des Zulassungsantrags sind hingegen nur dann zu berücksichtigen, wenn sie sich zugunsten des Antragsstellers auswirken. Dies entspreche dem Grundsatz, dass bei einer durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufszulassung auf die jeweils für den Antragsteller günstigste Rechtslage abzustellen ist.[306] Dieser für bipolare Konstellationen entwickelte Grundsatz könne jedoch Modifikationen für den Fall einer Entscheidung über mehrere sich wechselseitig beeinflussende Grundrechtsverhältnisse erfordern (sogenannte multipolare Konfliktlagen), da die Rechtspositionen des begünstigen Dritten sowie ggf. weiterer vorhandener Bewerber mit bedacht werden müssten. Deshalb habe der Senat in Drittanfechtungskonstellationen angenommen, dass auf den Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung abzustellen sei, falls sich die Rechtslage zu diesem Zeitpunkt für den begünstigten Dritten vorteilhafter darstelle; Rechtsänderungen, die nach diesem Zeitpunkt zugunsten eines abgelehnten Mitbewerbers in Kraft treten, seien somit nicht zu berücksichtigen.[307]

Vertragsärztliche Zulassungsverfahren, eBook

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