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II In den Wechseljahren fängt das Gehirn Feuer

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Vor Kurzem erzählte mir eine Frau, dass ihr Vater, als ihre Mutter sich den Wechseljahren näherte, die ganze Familie zusammenrief und erklärte: »Kinder, eure Mutter macht nun eine Art Wechsel durch, und ich möchte, dass ihr darauf vorbereitet seid. Euer Onkel Richard hat mir erzählt, dass eure Tante Carol, als sie in die Wechseljahre kam, eine Lammkeule aus dem Fenster geworfen hat!« Auch wenn diese Geschichte wunderbar in das Stereotyp von der »verrückten« Frau in den Wechseljahren passt, sollte man nicht übersehen, dass Tante Carols Lammkeulenwurf möglicherweise der äußerliche Ausdruck der Vorgänge war, die in ihrem Inneren abliefen: die Rückgewinnung ihrer selbst.

Vielleicht war es ihre Art zu zeigen, wie leid sie es war, ihre Familie zu bedienen, ihr zu signalisieren, dass sie über das Köchin/Chauffeurin/Geschirrspülerin-Stadium ihres Lebens hinaus war. Für viele, wenn nicht die meisten Frauen gehört zu diesem Rückgewinnungsprozess, wütend zu werden und vielleicht zum ersten Mal den Kindern und/oder dem Mann gegenüber zu explodieren. Die Ereignisse, die diesen Wutausbruch provozieren, sind niemals neu. Was jedoch neu ist, ist unsere Bereitschaft und Kraft, uns diesen Ärger einzugestehen und ihn zu äußern, uns selbst wie auch anderen gegenüber. Das kann der erste Schritt zu notwendigen Veränderungen in unserem Leben sein – Veränderungen, die häufig seit Langem überfällig sind.

Gleichgültig, wo in Ihrem menstruellen oder klimakterischen Übergang Sie sich gerade befinden, vermutlich haben Sie ein paar Überzeugungen über Ihren Zyklus geerbt, die so oder ähnlich lauten: »Die Probleme, die prämenstruell auftauchen, haben nichts mit dem Leben zu tun, das ich führe. Sie sind strikt hormonell bedingt. Meine Hormone existieren in einem Universum, das mit meinem sonstigen Leben keinerlei Verbindung hat.« Ich fand ein wunderbares Beispiel für diese kulturell sanktionierte Desinformation über das prämenstruelle Syndrom (PMS) in einer populären Frauenzeitschrift:

»Ich liebe PMS. Es gibt mir so viel Perspektive! Es lässt mich im Gang des Supermarkts weinen, weil die Calamata-Oliven ausgegangen sind – eine geplante Bosheit des Filialleiters, um das neue Rezept zu boykottieren, das ich unbedingt an meinem einzigen freien Tag ausprobieren möchte! Es führt dazu, dass ich mit meinem Mann Streit um ungeheuer wichtige Dinge anfange – beispielsweise, weil er vergessen hat, meine Morgenkaffeetasse neben seine auf den Tisch zu stellen, was bestimmt etwas viel Tieferes symbolisiert, meinen Sie nicht auch? ... und dann – puff! – setzt meine Periode ein, und ich wache in einer Welt auf, die rosarot aussieht. Fort ist der Drang, mich scheiden zu lassen, meine Kinder in eine Besserungs-anstalt zu schicken und in ein anderes Land zu ziehen. Im Vergleich dazu, wie ich mich in der vorangegangenen Woche gefühlt habe, geht’s mir richtig gut.« 1

Die Schreiberin fährt fort zu erläutern, dass sich ihr PMS mit zunehmendem Alter intensiviert hat und ihr Frauenarzt ihr vorgeschlagen hat, wieder die Pille zu nehmen oder vor Einsetzen ihrer Periode Prozac (deutscher Handelsname Fluctin) zu versuchen. Mit anderen Worten, sie muss »repariert« werden. Aber sie ignoriert potenziell wichtige Botschaften ihres Körpers. PMS und die Eskalation der Symptome, die im Klimakterium so häufig ist, sind in Wirklichkeit unser inneres Orientierungssystem, das versucht, unsere Aufmerksamkeit auf die Neujustierungen zu lenken, die wir in unserem Leben vornehmen müssen, Neujustierungen, die während der Wechseljahre besonders drängend werden.

Wenn wir den Problemen, die für uns in den Jahren, in denen wir regelmäßig menstruieren, jeden Monat aufkommen, keine Aufmerksamkeit schenken, werden unsere Symptome mit zunehmendem Alter eskalieren. Jedes prämenstruelle Problem, das diese Schreiberin auf PMS schiebt, ist potenziell mit einem größeren und tieferen Bedürfnis verknüpft, das nicht gestillt wird.

Die Probleme, die sie erwähnt, mögen auf den ersten Blick oberflächlich oder sogar töricht erscheinen. Aber wenn sie sich selbst gegenüber ganz ehrlich wäre, dann würde sie erkennen, dass das Fehlen von Oliven im Supermarkt und die Tatsache, dass ihr Mann morgens ihre Kaffeetasse nicht auf den Tisch stellt, auf tiefer liegende Bedürfnisse hindeutet, die sie bisher ignoriert hat: beispielsweise das Bedürfnis nach mehr freier Zeit, ein Verlangen nach der sinnlichen Befriedigung des Kochens, ein Verlangen, von ihrem Mann täglich angenommen zu werden. Wenn diese Bedürfnisse nicht anerkannt werden, führt das dazu, dass der Körper immer lauter schreit, um unsere Aufmerksamkeit zu erregen.

Dadurch, dass die Schreiberin die Signale ihres Körpers auf physische Symptome reduziert, hat sie sich die dualistische Sichtweise zu eigen gemacht, die der gesamten westlichen Medizin zugrunde liegt. Ihrer – nur allzu häufigen – Einstellung zufolge sind die Unruhe stiftenden Hormone ein Kreuz, das eine Frau zu tragen hat, doch mit einer Reihe von Heilmitteln und Sinn für Humor können sie in Schach gehalten werden, sodass sie zumindest erträglich bleiben. Statt darin eine Gelegenheit für neue Einsichten zu sehen, hat sie ihre innere Orientierung »klein« geredet und abgelehnt.

Weisheit der Wechseljahre

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