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1. Abgrenzung

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Die Rechtsgemeinschaft ist anders als das Gesamtschuldverhältnis nicht lediglich eine Personenmehrheit, sondern ein Zusammenschluss, eine Personenverbindung.

Einen noch höheren Organisationgrad eines Zusammenschlusses mehrerer Personen schafft dann nur die Personengesellschaft; sie ist eine Zweckgemeinschaft und hat als Außengesellschaft eigenes Gesellschaftsvermögen, für welches nicht mehr die Gesellschafter, sondern die Gesellschaft zuständig ist (Bildung von Gesellschaftsvermögen, vgl. §§ 705, 718). Zum verselbstständigten Gesamthandsvermögen können dann Aktiva und auch Passiva gehören. Jeder Teilhaber ist an den Einzelgegenständen des Gesellschaftsvermögens weder berechtigt, noch aus ihnen verpflichtet (allerdings besteht eine akzessorische Haftung aller Gesellschafter für die Gesellschaftsverbindlichkeiten analog §§ 128 ff. HGB, die dadurch als Gesamtschuldner neben die Gesellschaft treten); der Gesellschafter besitzt (nur) ein Mitgliedschaftsrecht am Verband (Geschäftsanteil), dessen materieller Ausdruck der Kapitalanteil ist, der seinerseits nur ein rechnerischer Ausdruck der Höhe der Einlage im Gesellschaftsvermögen darstellt.[16]

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Eine Zwischenstellung nimmt die Erbengemeinschaft (vgl. § 2032) ein. Sie vereinigt Elemente der Gesamthand und der Gemeinschaft. Verwaltet werden nicht einzelne Rechte, sondern ein gesamtes Vermögen. Dieses ist kein Zweckvermögen, vergleichbar etwa dem Gesellschaftsvermögen, weshalb es keine eigene Verwaltungs- und Prozesszuständigkeit wie jenes hat. Das ist auch nicht erforderlich, denn der gemeinschaftliche Zweck bzw. das Ziel der Erbengemeinschaft ist lediglich auf Auseinandersetzung gerichtet (vgl. §§ 2042 ff.). Es handelt sich also nicht um die Führung von Geschäften (vgl. § 709 für die Gesellschaft), sondern bloße (vorwiegend werterhaltende) Verwaltung (so § 2038 Abs. 1 mit entsprechenden Verweisungen in Abs. 2). Da es sich bei dem Nachlass jedoch um ein ganzes Vermögen handelt, bestehen keine Anteile an Einzelgegenständen (missverständlich § 2033 Abs. 2; über solche kann nicht nur nicht verfügt werden, vielmehr existieren sie gar nicht). Der Nachlass ist deshalb gesamthänderisch gebundenes Sondervermögen mit Aktiva und Passiva.

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Die Rechtsgemeinschaft besteht also an gemeinschaftlichen Rechten und enthält als gesetzliches Schuldverhältnis die Regelung der Rechte und Pflichten der Teilhaber aus ihrer Beteiligung im Außen- und im Innenverhältnis. Die schuldrechtlichen Regelungen der §§ 741 ff. dienen dem Individualschutz der Beteiligten in der Erhaltung des gemeinsamen Vermögenswertes und in der Auseinandersetzung.

Beispiele:

Das BGB regelt nicht die Entstehung der Gemeinschaft, sondern knüpft deren Regelungen an einen Zustand, nämlich denjenigen eines gemeinschaftlichen Rechts, an (§ 741). Die Gemeinschaft kann daher vertraglich oder aufgrund Gesetzes entstehen. Beispiele sind die Praxisgemeinschaft etwa von Ärzten, Rechts- oder Steuerberatern (im Unterschied zur Gemeinschaftspraxis oder Sozietät, welche Gesellschaft ist, weil zum Zweck der gemeinschaftlichen Berufsausübung gegründet, was über die gemeinsame Innehabung von Betriebsmitteln hinausgeht); die Praxisgemeinschaft erschöpft sich im gemeinsamen Recht etwa an den Räumlichkeiten und der Arbeitsleistung der Beschäftigten, wodurch das zugrundeliegende Ziel z.B. der Kostenersparnis bereits erreicht oder die Möglichkeit der effizienteren Auslastung der Berufsträger bereits geschaffen ist.

Eine Rechtsgemeinschaft entsteht außerdem z.B. durch gemeinsame Erfindung (vgl. § 6 S. 2 PatentG – wohingegen § 8 Abs. 2 UrhG die Miturheberschaft zur Gesamthand erklärt und eine Verwertungsgemeinschaft begründet, auf welche dann die §§ 709, 714 anzuwenden sind; diese Ausgestaltung ist aufgrund § 8 Abs. 2 UrhG zwar rechtlich, nicht jedoch sachlogisch zwingend, weshalb die erzielten Verwertungserlöse nicht zwingend der Gesamthand, sondern nach § 7 Urheberrechtswahrnehmungsgesetz genauso wie bei der Rechtsgemeinschaft nach § 743 Abs. 1 jedem Miturheber anteilig zustehen können).

Schließlich führt jedes Miteigentum zur Rechtsgemeinschaft (etwa aufgrund §§ 947 f.). §§ 1008 ff. bestimmen dafür die sachenrechtliche Ordnung des Miteigentums, also den Gegenstand dieses gemeinsamen Rechts, während die Rechtsgemeinschaft die Beteiligungsrechte hieran regelt.

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Die Ausgestaltung der Rechtsgemeinschaft nach §§ 741 ff. ist nur eine zu ideellen Bruchteilen. Die Beteiligung an gemeinschaftlichen Rechten (einschließlich seiner Bestandteile und Früchte) ist keine reale Teilberechtigung, sondern eine rein rechnerische Quote am ganzen Recht.

Darin unterscheidet sich die Gemeinschaft von der Gesellschaft, bei der der Vermögensanteil jedes Gesellschafters ein mitgliedschaftlicher Beteiligungswert am Gesamtvermögen ist und den Gesellschaftern Bruchteile an den einzelnen Gegenständen des Gesellschaftsvermögens gerade nicht zustehen, auch keine ideellen Bruchteile.

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Eine Besonderheit stellt – sachenrechtlich – das sog. Sondereigentum (Wohnungs- und Teileigentum nach § 1 Abs. 2, 3 WEG) dar, als dieses das Miteigentum nach § 1008 BGB beschränkt und v.a. abweichend von § 93 BGB eingeräumt wird (vgl. §§ 2, 3 WEG). Dem folgt die Regelung der gemeinschaftlichen Beteiligungsrechte notwendigerweise, als insoweit doch eine reale Berechtigung besteht (so § 13 Abs. 1 WEG als Ausnahme vom allgemeinen Grundsatz in § 10 Abs. 1 WEG).

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Forderungsrechte sind nur ausnahmsweise Gegenstand der Gemeinschaft nach §§ 741 ff. Sie sind entweder (wenn dem Schuldner zumutbar, rechtlich) teilbar mit der gesetzlichen Folge der Teilgläubigerschaft (§ 420), anderenfalls begründen sie Gesamtgläubigerschaft (§§ 428 ff.), am weitaus häufigsten werden sie aber vielmehr wie Gesamthandsforderungen zu behandeln sein (vgl. § 432 Abs. 1).

Solche Forderungszuständigkeiten gehen der Gemeinschaft vor (vgl. § 741). Gemeinschaftliche Forderungen i.S.d. § 754 können daher nur solche sein, die Teil oder Surrogat eines in Gemeinschaft stehenden anderen Vermögensrechts sind.

Beispiel:

Vermieten Miteigentümer einer Sache diese gemeinsam, so handeln sie bei der Vermietung als Rechtsgemeinschaft. Den monatlichen Mietzins ziehen sie aber wie eine Gesamthandsforderung nach § 432 ein, die Einnahmen werden wiederum gemeinschaftliches Vermögen. Die Nutzungsüberlassung schulden sie als Gesamtschuldner (§ 421), sind sich untereinander dabei jedoch zur anteiligen Tragung allfälliger Kosten verpflichtet (vgl. § 748).

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Soweit Auslagen eines Teilhabers nicht ersetzt wurden und soweit die Teilhaber gegenüber Dritten als Gesamtschuldner (vgl. § 421) für Verbindlichkeiten aus der Verwaltung des Gemeinschaftsguts haften, sind diese schließlich bei der Aufhebung der Gemeinschaft aus dem gemeinschaftlichen Gegenstand zu berichtigen, der zu diesem Zweck ggf. zu verkaufen ist (vgl. §§ 755 Abs. 1, 3 und 756). Eine von vornherein auf nur anteilige Außenhaftung angelegte Regelung enthält allerdings § 10 Abs. 8 WEG.

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