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cc) Problematische Fälle: Repräsentantenmodelle bei Onsite-Werkverträgen in arbeitsteiligen Prozessen und On-Demand-Werkverträge

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Im Gegensatz dazu ist die Einführung und Umsetzung derart eigenständiger betrieblicher Strukturen in der Praxis vor allem in den Fällen mit Problemen verbunden, in denen es aufgrund der Eigenart der Tätigkeiten zu einer starken Verzahnung der Mitarbeiter des Einsatzunternehmens mit dem Auftragnehmer bzw. dessen Mitarbeiter kommt und in Folge dessen (auch) arbeitsbezogene Weisungen erteilt werden. In diesem Zusammenhang sind insbesondere die folgenden beiden Fallgruppen hervorzuheben:

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„Onsite-Werkverträge“ in arbeitsteiligen Prozessen: In diesen Fällen geht es darum, das das Einsatznehmen (Auftraggeber) sich zur Erledigung bestimmter Teilaufgaben eines herzustellenden Gesamtwerks eines Dritten (Auftragnehmer) bedient. Beispiele für derartige „mehrschichtige Gewerke“ finden sich in der Praxis etwa im Baugewerbe oder bei der Herstellung komplexerer technischer Anlagen, die eine Vielzahl verschiedener – oftmals auch hoch spezialisierter – Arbeitsschritte erfordern. In diesen Fällen ist es bereits unerlässlich, dass die erbrachte Dienst- bzw. Werkleistung – trotz der Einbindung des Auftragnehmers bzw. dessen Mitarbeiter – abgrenzbar (und im Fall einer Werkleistung abnahmefähig) ist, da ansonsten eine betriebliche Integration durch die Erteilung arbeitsbezogener Weisungen zur Koordinierung der einzelnen Teilaufgaben in den meisten Fällen praktisch unvermeidbar ist.[38]

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„On-Demand-Werkverträge“: In diesen Fällen werden Rahmenwerk- oder -dienstverträge geschlossen, auf deren Basis die konkreten Werk- oder Dienstleistungen dann „nach Bedarf“ angefordert werden. Bspw. in der Automobilindustrie ist es üblich, dass die Automobilzulieferer sich lediglich in Rahmenverträgen zur Herstellung einzelner Teile nach entsprechendem Abruf verpflichten. Auch ein derartiger Abruf kann eine hinreichende Integration des Auftragnehmers in die Prozesse des Auftraggebers indizieren, wenn hierdurch die näheren Modalitäten der Leistung (bspw. inhaltliche, zeitliche personenbezogene Vorgaben etc.) bestimmt werden und dem Auftragnehmer damit keinerlei eigener Gestaltungsspielraum bei der Erbringung der Werk- bzw. Dienstleistung verbleibt.

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Eine derartige Verzahnung der verschiedenen Tätigkeiten führt – zusätzlich zu den unter Rn. 51 genannten Erfordernissen – zur Notwendigkeit einer Einführung entsprechender Kommunikationsstrukturen, um die Erteilung arbeitsbezogener Weisungen durch Mitarbeiter des Auftraggebers gegenüber dem Auftragnehmer bzw. dessen Mitarbeiter in der betrieblichen Praxis effektiv zu verhindern. Als geeignetes Mittel hierfür haben sich in der Vergangenheit verschiedenartige Repräsentantenmodelle herausgestellt.

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Einfache Repräsentantenmodelle: Diese sehen die Bestellung bestimmter Repräsentanten auf Seiten des Auftragnehmers vor, die allein für die Kommunikation mit dem Auftraggeber und die Entgegennahme von Aufträgen bzw. werkbezogenen Weisungen zuständig sind. Hierdurch soll insbesondere beim Fremdpersonaleinsatz in Dreipersonenverhältnissen gewährleistet werden, dass ausschließlich werkbezogene Weisungen (bei Onsite-Werkverträgen in arbeitsteiligen Prozessen) bzw. Auftragsabrufe (bei „On-Demand-Werkverträgen) gegenüber einem Repräsentanten des Auftragnehmers kommuniziert werden, der dann für den Auftragnehmer darüber entscheidet, welcher seiner Mitarbeiter die sachbezogene Weisung wann und wie umsetzt bzw. den erteilten Auftrag wann und wie abarbeitet.

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Institutionalisierte Repräsentantenmodelle (z.B. Ticketsysteme): In diesem Zusammenhang ebenfalls praxisbewährt ist gerade für den Fall von „On-Demand-Werkverträgen“ die Einführung abstrakter Regeln für die Zuordnung der einzelnen Abrufe bspw. in Form sog. Ticketsysteme. Ein derartiges Ticketsystem kann bspw. im Fall fremdvergebener IT-Dienstleistungen vorsehen, dass Mitarbeiter des Einsatzunternehmens bzw. Auftraggebers im Störfall ein bestimmtes Ticket zur Störbeseitigung ziehen, die dann auf Seiten des Auftragnehmers von allen Mitarbeitern nacheinander abgearbeitet werden. Darüber hinaus sind auch anderweitige Modalitäten der Leistungserbringung denkbar, in etwa, dass die einzelnen Tickets nach bestimmten Themen ebenfalls bestimmten Mitarbeitergruppen zugeordnet werden und von diesen dann nacheinander abgearbeitet werden.[39]

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Die Einführung einer derart geordneten Kommunikationsstruktur schießt eine Konkretisierung der Leistungen durch den Auftraggeber mittels Weisungen aus. Wie das zuletzt genannte Beispiel eines Ticketsystems im Fall fremdvergebener IT-Dienstleistungen zeigt, setzt dies aber auch voraus, dass dieses in der Praxis auch entsprechend umgesetzt wird. Kommt es dennoch – am Ticketsystem vorbei – zum Abruf der Arbeitsleistung und in diesem Zusammenhang zu konkretisierenden Weisungen durch Mitarbeiter des Einsatzunternehmens/Auftraggebers dahingehend, welcher Mitarbeiter des Auftragnehmers die einzelnen Leistungen wie und wann zu erbringen hat, liegt nach der Rechtsprechung eine illegale Arbeitnehmerüberlassung vor.[40]

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