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Belmar, New Jersey, 1972 CLARENCE

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Am Freitag sollten wir im Vorprogramm von Cheech and Chong auftreten. Bruce wollte am Nachmittag noch proben, und so zwängten wir uns alle in Danny Federicis Van und fuhren los, um David Sancious abzuholen. Wir fuhren immer als Letztes zu ihm, weil er nie fertig war. Wir dachten, er hätte dann mehr Zeit, seinen Kram zusammenzu­packen, und wir müssten nicht so lange auf ihn warten. Das war eine gute Theorie, eine glänzende Theorie, aber sie ging nicht auf. Er war nie fertig. Er wohnte bei seiner Mutter in Belmar. Wir parkten vor dem Haus und plauderten einfach, bis er auftauchte.

Wenn er dann endlich kam, hatte er immer eine blödsinnige Entschuldigung parat, sein Wecker habe den Geist aufgegeben, er habe noch zur Apotheke gehen müssen, um Medikamente zu besorgen, oder irgendetwas in der Art. Nach einer Weile schlossen wir Wetten ab, womit er sich diesmal herausreden würde.

Aber das Warten war nicht so schlimm, weil wir uns die Zeit vertrieben, indem wir Blödsinn erzählten.

Wir redeten über Mädchen und Musik und Mädchen. Wir quatschten eine Menge Zeug zusammen. Danny kam immer mit unglaublichen Sexgeschichten mit allen möglichen Tussis aber niemand von uns hatte jemals irgendeine von ihnen gesehen. Andererseits war er so charmant und hatte wirklich ein Händchen im Umgang mit Frauen, dass wir einfach nicht wussten, was wir glauben sollten. Aber wenn er uns die Wahrheit erzählte, dann legte er ständig jemanden flach. Danny war ein Frauenversteher, bevor er berühmt wurde. Nachdem er berühmt war ... nun, das ist eine ganz andere, lange Geschichte. Vielleicht schreibe ich einmal ein Buch mit all diesen Sex and drugs-Geschichten aus den frühen Jahren, das ich veröffentliche, wenn wir alle tot sind. (Nee, das kann ich auch nicht, weil wir alle Kinder und Enkel haben.) Aber ich denke, ich kann wohl behaupten, dass wir eine Zeit lang kein gutes Beispiel abgegeben haben. Dabei werde ich es belassen.

Jedenfalls erzählte uns Danny ständig irgendwelche Sexgeschichten, und wir sagten ihm, er sei wohl zugedröhnt, und das ging eine Weile so weiter, bis wieder ein Song im Radio gespielt wurde, den wir mochten. Erst hörten wir zu und sangen ein bisschen mit, dann fingen wir an, ihn in Akkorde und Takte aufzulösen. Steve Van Zandt konnte das ganz großartig. Er hat das unglaublichste Ohr. Er sieht Musik mit den Ohren. Sie taucht einfach in seinem Kopf auf und er kann dir sofort davon erzählen. Ein großartiges Talent! Nebenbei ist er auch noch der netteste Mensch auf der Welt. Wer Steven nicht mag, mag niemanden. Ich würde alles für ihn tun. Aber zurück zur Geschichte.

Dann fing Garry Tallent an mit seinem Spezialwissen. Garry weiß alles über den frühen Rock’n’Roll. Es ist mir nie gelungen, ihn in Verlegenheit zu bringen. Ich erinnere mich daran, wie wir wieder einmal im Van saßen und auf David warteten und ich mich an Garry wandte und sagte: „Bluebirds over the Mountain“, und ohne zu zögern, sagt er: „Ersel Hickey, 1958. Der kürzeste Song, der jemals bei Billboards Top 100 erschien. Eine Minute und 28 Sekunden, Platz 75. Ersel ist der Einzige, der Ersel heißt. Niemand hat wohl von jemandem gehört, ob tot oder lebendig, der diesen Namen trägt.“ Diese Art Information hatte er locker drauf.

Aber ich glaube, wir wären beim Warten auf David im Van trotzdem verrückt geworden, wenn nicht Bruce gewesen wäre. Bruce ist ein ganz und gar außergewöhnlicher Geschichtenerzähler. Wenn er zum Beispiel jemanden auf der Straße entlanghinken sieht, erfindet er die Geschichte von dem Jungen, der sich vor drei Jahren in einem Bobrennen in Australien ein Bein gebrochen hat, weil der Fahrer des Bobs die Frau des Hinkenden vögelte. Auf halber Strecke den Berg hinunter fängt der Hinkende an, den Fahrer zu strangulieren, und sie geraten mit irrsinniger Geschwindigkeit aus der Spur und der Typ bricht sich das Bein an drei Stellen, der Fahrer aber stirbt und die Behörden sind niemals dahintergekommen, dass es Mord gewesen ist. Geschichten wie diese kamen ständig aus seinem Hirn. Ich wünsche mir, ich könnte mich genau an sie erinnern, aber ich musste die ganze Zeit so sehr lachen, dass sie in ein Ohr hineingingen und aus dem anderen wieder hinaus. Manchmal erzählte er solche Geschichten auch auf der Bühne, oft während meines Intros, Geschichten von Geistern und Visionen, und der Himmel öffnete sich und ein Licht kam hinunter zu mir, der ich auf einem Hügel stand, mein Saxofon über meinem Kopf haltend ... Verrückte, wirre Geschichten. Jemand hat sie einmal auf einem Bootleg gesammelt und mir zugeschickt. Da war schon sehr lustiger Stoff dabei. Ich schwöre bei Gott, dass Bruce, wenn er nicht die Musik hätte, Comedyautor oder so etwas wäre oder Unterhaltungsromane schriebe.

An eine dieser Geschichten erinnere ich mich genau. Die junge Frau geht zum Skifahren; sie trinkt ein paar Tassen Kaffee in der Skihütte und nimmt dann den Lift den Berg hinauf. Aber die Fahrt ist lang und es ist kalt und windig, und als sie aussteigt, muss sie pinkeln wie ein Rennpferd.

Sie kann es kaum noch aushalten, deshalb fährt sie seitlich in die Büsche. Sie rammt die Skistöcke in den Schnee und öffnet den Reißverschluss ihres Skianzuges. Zum Glück trägt sie eines dieser einteiligen Dinger, sie streift ihn die Beine runter, hockt sich hin und wills laufen lassen, klar? Kein Problem. Außer dass ihre Skier zu rutschen beginnen. Zuerst realisiert sie das nicht, und als sie schließlich nach den Stöcken greifen will, verfehlt sie diese und nimmt weiter Fahrt auf. Und wie gesagt, sie kann sich nicht richtig bewegen, weil ihre Beine so in ihrem Anzug stecken. Jedenfalls hockt sie in der perfekten stromlinienförmigen Position.

So kommt sie kreischend zwischen den Bäumen herausgefahren, nackt, unfähig zu bremsen oder die Fahrt zu verlangsamen. Sie rast weiter den Berg hinunter, geradewegs auf die Skihütte zu. Ein Kellner öffnet die Vordertür und dann die Hintertür. Sie segelt über die Sonnenterrasse, quer durch den Speisesaal, immer noch kreischend, immer noch nackt, anschließend durch die Hintertür und in die Parklücke hinein, wo sie endlich zum Stillstand kommt. Sie steht auf, zieht den Reißverschluss ihres Anzugs zu, schnallt ihre Skier ab, steigt in ihr Auto und fährt davon.

Das ist eine typische Bruce-Geschichte.

Wie dem auch sei, an diesem Freitagnachmittag saßen wir im Van, erzählten Blödsinn, schlugen die Zeit tot. Für die Band hatten wir noch immer keinen Namen. Wir dachten schon an „Bruce Springsteen and the Bruce Springsteen Band“, was ein wenig übertrieben war, Bruce hatte nie diese Art von Ego. So hing dieses „Wie nennen wir die Band?“ permanent in der Luft.

Wir waren dabei, regelmäßiger zu arbeiten. Es entwickelte sich etwas und die Musik wurde richtig gut und deshalb mussten wir uns ziemlich bald entscheiden.

„Soll ich mal hingehen und an die Tür klopfen?“, fragte Danny.

„Hup doch mal“, sagte ich.

Danny hupt. Es fängt bereits an zu dämmern. Im Haus ist das Licht schon eingeschaltet. Der Vorhang wird beiseitegezogen, und wir sehen David, wie er den Daumen hochhält. Also heben wir alle ebenfalls unsere Daumen in Richtung David.

Bruce seufzt und lässt ein leises Lachen folgen. Er dreht sich in seinem Sitz nach uns um.

„Diese Band hat schon so viel Zeit mit dem Parken in dieser gottverdammten Straße verbracht, wir sollten sie E Street Band nennen“, sagte er. So geschah es. Genau so.

Clarence Clemons - Big Man

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