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Gefängnis Sing Sing, 7. Dezember 1972 CLARENCE

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Wir schrieben das Jahr 1972. Mike Appel hatte uns einen Auftritt im Sing Sing organisiert, dem Hochsicherheitsgefängnis in New York. Er glaubte, dies sei eine gute Möglichkeit, kostenlos Publicity zu bekommen. Am Ende war ein einziger Reporter da – von einem Musikmagazin namens Crawdaddy. Der Auftritt wurde einer der verrücktesten, die ich je erlebt habe. Wenn nicht sogar der verrückteste überhaupt. Die Show fand tagsüber statt. Wir waren es nicht gewohnt, am Tage bereits wach zu sein, allein von daher war die Aktion sehr ungewöhnlich. Als wir am Eingangstor vorfuhren, wussten wir aber nicht, was noch auf uns zukommen würde.

Ich kann mich erinnern, dass sich die Wachmänner sehr abweisend, fast feindselig verhielten. Ich konnte spüren, dass sie einen dort nicht wollten. Nachdem wir das Tor passiert hatten, wurden wir zu einem Gebäude gebracht und dort auf ziemlich grobe Art und Weise durchsucht.

Es war der sterilste Ort, den ich je gesehen hatte. So hatte ich mir immer ein Nazistraflager vorgestellt.

Dann wurden wir in das Gebäude geleitet. Hier saßen Gestalten, wie ich sie noch nie gesehen hatte, das Fernsehen eingeschlossen. Ich hatte das Gefühl, dass jeden Augenblick meine Kehle aufgeschlitzt werden könnte. Auf dem Weg zur Gefängniskapelle, wo wir spielen sollten, vermied ich jeglichen Blickkontakt.

Bereits beim Aufbauen unseres Equipments füllte sich der Raum mit Mördern und Räubern. Mit Männern, denen ihr eigenes Leben völlig egal war, und auch meines würde ihnen mit Sicherheit gleichgültig sein. Für einen Soundcheck blieb keine Zeit mehr, aber das war gut so. Ich dachte nur: Lasst uns endlich anfangen, die Sache hinter uns bringen und uns wieder verpissen.

Unser Roadie in diesen frühen Tagen hieß Albee Talon. Albee stöpselte die Orgel ein, die Verstärker und das Mikrofon – und alle Geräte gaben den Geist auf. Im Gefängnis gab es nur Gleichstrom, keinen Wechselstrom. Ein paar weiße Rauchwölkchen und das wars, alles tot. Und wir selbst würden es sicherlich auch gleich sein, vermutete ich.

Wir waren eine Rock-and-Roll-Band ohne Gitarren, ohne Orgel, ohne Bass und ohne Gesang, und die Mörder fingen an rumzupöbeln. Uns begannen vor Angst die Knie zu schlottern. Was konnten wir tun? Als Bruce mich mit diesem „Was zum Teufel machen wir jetzt?“-Blick ansah, griff ich mein Saxofon und spielte den Buddy-Miles-Song „Them Changes“ an. Der Klang des Instruments beruhigte das Publikum ein wenig, aber wir waren noch nicht über den Berg.

Da nahm Vinnie den Beat auf. Bald hatten wir beide, Vinnie und ich, einen Groove. Das Publikum machte sofort mit und binnen Kurzem waren wir am Rocken. Nur das Saxofon und die Drums, es war echt irre. Dann sah ich den Typen in der Mitte des Publikums, er hatte ein Altsaxofon dabei. Er stand da und fing an, die Klagelaute mitzuspielen. Jetzt rastete das Gefängnispublikum regelrecht aus. Einer der Ihrigen spielte mit der Band! Bruce klatschte mit den Händen und tanzte umher. Was sollte er auch sonst tun? Der Typ wurde immer weiter zur Bühne geschoben, bis er plötzlich neben mir stand: der verlorene Sohn der E Street Band. Eine Stunde lang spielten wir diesen einen Song in jedem nur möglichen Arrangement. Immer den ­gleichen Song. Es sollte der größte Ein-Song-Gig in der Geschichte der Menschheit werden.

Irgendwann rannte Bruce zum Bühnenrand und rief etwas in die Menge, woraufhin ein Gegröle losbrach, das das Gebäude erzittern ließ.

„Wenn das hier vorbei ist“, hatte er verkündet, „könnt ihr alle nach Hause gehen!“

Clarence Clemons - Big Man

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