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Los Angeles, 1974 DON

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In den frühen Tagen hat Bruce die Sperrstunde dort, wo es eine gab, meistens ignoriert. Er spielte einfach, bis er oder das Publikum nicht mehr konnten. Viele seiner Auftritte dauerten bis weit nach ­Mitternacht.

Ich war Zeuge eines Konzerts, das nicht vor zwei Uhr am Morgen anfing.

In den ersten Jahren meiner Karriere als Fernsehautor und Produzent war ich stets auf der Suche nach neuen Talenten. Das ist ein Teil des Geschäfts. Ich arbeitete mit Agenten und Managern zusammen, die mir regelmäßig ihre Klienten ans Herz legten. So kam ich an jenem Abend gegen elf Uhr zum Nachtclub Troubadour am Santa Monica Boulevard. Ein Freund von mir, der bei Columbia Records arbeitete, hatte mich dorthin eingeladen, um einige der bei Columbia unter Vertrag stehenden Künstler zu sehen. Die Plattenfirma versuchte, Auf­­tritte ihrer Künstler häufiger in die Medien zu bekommen, und hatte dazu so etwas wie eine private Party mit Musik auf die Beine gestellt.

Gerüchten zufolge sollte Dylan in der Show auftreten. Auch wenn das eine glatte Lüge war, sorgte sie jedenfalls für entsprechendes ­Interesse. Am Abend des Konzerts war es im Troubadour dermaßen voll, dass man ohne Einladung in den Club nicht mehr reinkam. Es war in jener Nacht das angesagteste Event in der Stadt.

Ich schnappte mir einen Stuhl an einem der Tische direkt vor der Bühne und bestellte ein Bier. Es sah nach einer langen Nacht aus und ich musste mich ein wenig zurückhalten.

Um neun Uhr begann das Konzert mit dem hawaiischen Duo Cecilio und Kapono. Ich war nie ein großer Fan von hawaiischer Musik außerhalb von Hawaii gewesen. Das ist so, als ob du dir bei einem Texasbesuch einen Cowboyhut kaufst. Der sieht gut aus und er steht dir auch gut, aber nur, solange du in Texas bleibst. Wenn du in ein Flugzeug steigst und nach New York fliegst, siehst du mit dem Hut ziemlich bescheuert aus. Na ja, Cecilio und Kapono waren gut, aber vielen der Anwesenden gingen eineinhalb Stunden Ukulele offenkundig sehr auf die Nerven. Als sie aufhörten, hatte ich meine Zurückhaltung beim Trinken längst aufgegeben.

Es gab eine Pause, während der die Bühne abgeräumt und dann für eine andere Band vorbereitet wurde. Im Saal war die Erregung zu spüren. Alle wollten Dylan oder zumindest Bruce Springsteen and The E Street Band sehen. Ich war immer noch beeindruckt von deren Auftritt in der Woche zuvor im Santa Monica Civic Auditorium, wo sie als Vorgruppe von Dr. John gespielt hatten.

Die Leute von der Plattenfirma waren sich noch nicht sicher, ob sie mit Bruce und der Band Geld verdienen konnten. Ein Jahr zuvor hatte sie bei einer ähnlichen Veranstaltung nur mäßigen Erfolg gehabt. Sie hatte nach dem mörderischen Set von Edgar Winter auftreten müssen, und Bruce ignorierte die Fünfzehn-Minuten-pro-Auftritt-Regel und spielte fast vierzig Minuten lang ziemlich obskures Zeug. Das hatte die Manager nicht wirklich überzeugt.

Um halb zwölf betrat Roger McGuinn die Bühne. Der Ex-Byrd-Sänger, an diesem Abend mit einer großartigen Begleitband, war in prima Form. Er sang: „We did it for the stories we could tell“, und er begeisterte alle. Ich wünschte trotzdem, dass er schnell aufhörte, denn meine Kondition ging zu Ende und Bruce war noch immer nicht in Sicht. Roger spielte ebenfalls eineinhalb Stunden. Als er schließlich fertig war, war ich fast schon wieder nüchtern. Seitdem die Bars in L.A. um zwei Uhr schlossen, musste ich mich entscheiden. Sollte ich mir, um Bruce’ Set durchzustehen, schnell noch etwas Alkoholisches genehmigen oder mir lieber einen Kaffee bestellen? Ich entschied mich für Kaffee.

Man konnte sich in jener Nacht unmöglich vorstellen, dass Roger und Bruce eines Tages, nach 35 Jahren, erneut zusammen auftreten würden, in einem anderen, viel größeren Saal. Es war tatsächlich unvorstellbar. Bis zu der Nacht im Troubadour hatten wir ja noch nicht einmal 35 Jahre gelebt.

Gegen ein Uhr war Rogers Set endlich zu Ende, aber auch die nächste Stunde war eine Qual. Die Band ging von der Bühne und die Roadies kamen. Erst schafften sie Rogers Bandequipment weg, dann bauten sie Bruce’ Anlage auf.

Erst um zwei Uhr gingen die Lichter wieder aus und Bruce und die Band betraten die Bühne. Das Warten sollte sich jedoch gelohnt haben.

Als David Sancious, am offenen Stutzflügel stehend und dessen Saiten wie eine Gitarre zupfend, „Incident of 57th Street“ anstimmte, brach die Menge in Jubel aus. Und spätestens bei den Versen „It’s midnight in Manhattan, this is no time to get cute / It’s a mad dog’s promenade“ war das East-Coast-Zusammengehörigkeitsgefühl voll da.

Die Show war unglaublich. Die späte Stunde und die Umstände trugen sicherlich dazu bei, aber die Band spielte auch fantastisch. Sie brachte „Spirit“ und „Sandy“, und dann, in einer frühen Version von „Jungleland“, trat der Mann, der mein bester Freund werden sollte, ins Rampenlicht und spielte Saxofon. Gegen halb vier glitt die Nacht mit einer Marathonversion von „Rosalita“ in den Morgen über.

Als ich den Club verließ, fühlte ich, dass sich mein Leben geändert hatte. Noch nie hatte ich diese Art der Verbundenheit mit einem Künstler und seiner Musik erlebt. Ich konnte noch nicht gleich nach Hause gehen. Niemand konnte das. Ich erinnere mich, wie ich noch lange auf dem Gehsteig mit einem ebenso aufgekratzten James Taylor und seiner neuen Frau, Carly Simon, stand. Wir alle fühlten, dass Bruce und die E Street Band dabei waren, die Musikszene für immer zu verändern.

Clarence Clemons - Big Man

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