Читать книгу Gestrandet in der Unendlichkeit: Paket 15 Science Fiction Abenteuer - Conrad Shepherd - Страница 31

3

Оглавление

„Mein Gott“, stöhnte James Lisman. „Jetzt hat er sich das Genick gebrochen. Mit einem so zarten Wesen geht man auch vorsichtiger um.“

„Ich wette, diese Wurst hat überhaupt kein Genick“, behauptete Perkins. „Und wenn doch, dann ist es das Genick eines Meerschweinchens. Jedenfalls hätte uns dieses Individuum niemals helfen können. Ich schlage vor, wir spielen nicht länger die sorglosen Zoologen, sondern zerbrechen uns lieber den Kopf, wie wir die TRILANI wieder flott kriegen.“

Ohne dem Maschinisten eine Antwort zu gönnen, drängte sich Dr. Bannister nach vorn. Er war der Bordarzt des großen Kugelraumers. Iks-Wol-Esak, der kleine, kugelförmige Proka-Wissenschaftler, machte mit dem mittleren Tentakel ein heftiges Zeichen zu Perkins hinüber, dass dieser für eine Weile seinen vorlauten Mund halten möchte.

Forry Bannister erhob sich schnell wieder. „Diagnosen sind bei unbekannten Lebensformen freilich immer gewagt. Ob der Bursche Verletzungen davongetragen hat, kann ich nicht sagen.“

„Aber er lebt wenigstens?“, wollte Perry Barnett wissen.

Forry nickte. „Das auf jeden Fall. Ich werde ihn ins Krankenrevier bringen und versuchen, ihn zu behandeln. Es handelt sich jedenfalls um den Organismus eines Sauerstoffatmers. Vielleicht gibt uns die Röntgen-Autopsie schon einige Anhaltspunkte.“

„Der Doc hat wieder ein Opfer“, stellte Perkins bissig fest. „Wenn die Röntgen-Autopsie nichts aussagt, dann fängt er an zu schnippeln. Und wenn wir nach Hause kommen sollten – was ich übrigens bezweifle –, so hat er lediglich wieder etwas zum Ausstopfen für die Kemmerlin-Universität. “

„Hast du etwas dagegen?“, fragte Perry Barnett trocken. „Du selbst stufst diesen Burschen bereits als Meerschweinchen ein und erhoffst dir von ihm zuallerletzt Hilfe. Also lass Forry damit machen, was er für richtig hält … Im Übrigen bleibt es bei den zuletzt gegebenen Anweisungen. Probe- und Erkundungsflug für alle Beiboote.“

Die TRILANI, Perry Barnetts 500 Meter durchmessendes Kugelraumschiff, war trotz der Havarie noch verhältnismäßig gut zu Boden gekommen. Es hatte lediglich eine Schräglage von 5 Grad. Da der energetische Landeschirm noch bis zuletzt für eine ausreichende Stabilisierung hatte sorgen können, war auch die Außenhaut nicht beschädigt. Die Bäume des Waldes waren bereits umgeknickt, als der unsichtbare Energieschirm sie berührt hatte.

Die Flugschotten der Hangarschleusen öffneten sich.

„Boot 1, James!“ rief Barnett über Interkom von der Zentrale aus.

„Boot 1 klar“, bestätigt James Lisman.

„Boot 2, Prax!“

„Boot 2 klar!“ rief Praxlomza, der seit Ende des Galaktischen Krieges vom Schiffsjungen zum Oberleutnant avanciert war.

Boot 3 steuerte Daxas, der ehemalige Raumoffizier aus der mistralesischen Flotte. Es war fünf Jahre her, dass die Tesdronen das Mistralsystem mitten im jungen Frieden angegriffen hatten. Eine Expedition unter Perry Barnett war die Rettung für Mistral gewesen. Aus diesen Tagen datierte die Freundschaft zwischen Daxas und dem „Rebellen des Weltraums“. Seitdem waren sie zusammengeblieben, und so machte Daxas noch immer Dienst bei Barnett. Damals auf dem alten Pionierschiff CORA von der Beteigeuze-Klasse, und nun auf dem überdimensionalen Luxus-Kreuzer TRILANI, der in Barnetts Besitz übergegangen war, seit sie das aufregende Abenteuer mit den „Ballett tanzenden Robotern“ gehabt hatten.

„Boot 3 klar“, meldete Daxas knapp.

„Okay! Start frei! Ich erwarte laufend Meldungen, auch wenn die genaue Auswertung erst später durch die Filme erfolgt.“

Lopez, der Mann mit den unnormal großen Füßen, der schwarze Lavista und die beiden Prokas Nam-Legak und Iks-Wol-Esak taten in der Zentrale Dienst. Nachdem Perkins die Schleusen geschlossen hatte, kam auch er dazu.

Auf drei getrennten Bildschirmen verfolgten sie den Flug der Boote. Es wäre eine langweilige Routinearbeit gewesen, wenn sie nicht so hoffnungslos tief im Dreck gesteckt hätten.

Was war geschehen?

Ein kleiner Fehler im Hyperdrive. Ein kleiner Fehler mit großen Folgen. Eine Fehltransition aus der fünften Dimension hatte sie ins normale Kontinuum zurückgeworfen. Leider nicht dort, wohin sie gezielt hatten. Das zentrale Elektronengehirn hatte eine Fehlanzeige gegeben, als sie es nach dem Standort fragten. Es gab keine bekannten Koordinaten dafür.

„Gestrandet in unerforschtem Gebiet“, war das erste Fazit.

Das zweite Fazit: Der Fehler war in der Schwerkraftanlage aufgetreten. Die Erzeugung künstlicher Antigravitation war plötzlich abgesunken. Alle Bewegungen im Hyperraum haben jedoch zur Bedingung, dass zum Zwecke einer genauen Navigation jede natürliche Schwerkraft zunächst auf Null absorbiert wird.

Das dritte Fazit: Reparaturen an der Gravitationsanlage müssen im Vakuum durchgeführt werden. Ein absolutes Vakuum erhält man nur im Weltraum. Man hätte also zunächst wieder aus der Atmosphäre des Planeten herauskommen müssen. Dazu gehörte aber eine funktionsfähige Antigravanlage, die es auf der TRILANI nicht mehr gab.

Dieser scheinbar paradoxe Kreislauf erklärt sich, wenn man weiß, dass Raumschiffe dieser Größenordnung nur im freien All auf Satellitenbahnen montiert werden. Sind sie defekt, so muss man sie dort auch reparieren. Havarierte Schiffe auf einem Planeten waren seit je der Ausnahmefall in zivilisierten Gegenden gewesen. Und wenn es schon einmal passierte, so blieb den Leuten nichts anderes übrig, als den teuren Kasten auseinanderzubauen. Selbst wenn das auf einem unbewohnten Planeten geschah, so hatte man in der Regel immer noch die Möglichkeit, mit einem Funkspruch Hilfe heranzuholen. Nur hier nicht und heute nicht.

Für die TRILANI gab es keine brauchbare stellare Nachbarschaft. Sie steckte irgendwo in einer unbekannten Ecke der Galaxis. Sie war die Stecknadel im Heuhaufen.

Viertes Fazit: „Aus!“

So hatte jedenfalls Perkins im ersten Augenblick behauptet. Und einen zweiten Augenblick hatte es seitdem nicht gegeben. Jedenfalls keinen, in dem ihm einer mit triftigen Argumenten widersprochen hätte.

Mit 85 Prozent aller verfügbaren Bremskraft war die TRILANI auf der Nachtseite eines völlig unbekannten Planeten in einem ebenso unbekannten Sonnensystem gelandet. Der einzige Lichtblick war seitdem gewesen, dass man eine fast erdähnliche Sauerstoffatmosphäre vorgefunden hatte.

Sie hatten Luft zum Atmen, auch wenn sie draußen herumspazieren wollten. Im Schiff selbst war die Sauerstoffversorgung sowieso kein Problem. Sie verfügten über hydroponische Anlagen mit botanischen Gärten. Sie besaßen Nahrungsmittel für dreihundert Jahre.

Trotzdem würde Perkins recht behalten mit seinem „Aus!“.

Raumfahrer, die nicht mehr weg können, fühlen sich als Gefangene. Als Lebenslängliche. Keiner wagte es auszusprechen. Aber jeder sah dem anderen an, dass er dieses Gespenst im Nacken fühlte.

Perry Barnett war ruhig wie immer. Mancher seiner Männer hatte sich schon gewünscht, einmal zu sehen, dass er Nerven hatte, dass seine Hand einmal zitterte, oder dass er verbissen mit den Zähnen mahlte. Das hätte ihnen wenigstens seine Menschlichkeit bewiesen. Wenn sie aber vergeblich auf solche Regungen warteten, konnten sie sich einsam fühlen und glauben, ihr Kommandant sei nicht mehr als ein Roboter.

Perkins registrierte es mit Genugtuung, als Barnett einen Schaltknopf ein wenig heftiger als sonst drückte.

„Er ist doch ein Mensch. Und er ist auch nervös“, flüsterte er Lavista zu. „Mensch, ich würde ersticken, wenn ich nicht einmal richtig aus der Haut fahren dürfte.“

Lavista zischte den Maschinisten an, dass er schweigen solle.

Barnett rief ins Interkom: „Seid ihr da draußen eingeschlafen? Ich habe laufende Lagemeldungen verlangt.“

„Es ist nichts zu melden, Perry“, antwortete Praxlomza als erster.

„Wälder und Wiesen“, wusste Daxas zu berichten. „Ein paar Flussläufe. Wir kartographieren laufend.“

„Okay“, brummte Barnett. „Standorte bitte!“

„Danke! Ihr könnt zurückkommen, bis auf Lisman. Ab sofort bleibt immer nur eine Maschine draußen. Sonst haben wir nächste Woche den ganzen Planeten vermessen und dann nichts mehr zu tun.“

Daxas und Praxlomza kehrten zurück. Sie warfen ihre Sofortfilme in die Projektoren und führten vor, was sie mitgebracht hatten.

Es stimmte. Flüsse, Wiesen, Wälder. Ebene.

Und ein Berg.

„Das ist das Ding genau vor unserer Nase. Wenn dieser Planet noch weitere Gebirge haben sollte, so müssen sie auf der anderen Halbkugel liegen.“

Nachdem Prax berichtet hatte, kam Daxas an die Reihe. Die gleichen Bilder, das gleiche Einerlei. Lediglich im Elektronenatlas würden sie sich unterscheiden, indem nämlich jedes eine andere Gradnetz-Nummerierung erhielt.

„Da ist noch eine interessante Aufnahme vom Rückflug“, unterbrach der Mistralese das Schweigen. Man sah, dass sich etwas schnell bewegte. Schwebende wurstähnliche Körper, die plötzlich in der Erde verschwanden.

„Eingeborene“, kommentierte Iks-Wol-Esak trocken. „Ihr werdet die gleichen Gestalten festgestellt haben, wie sie unser Patient besitzt.“

„Ich nehme an, sie sind vor uns geflohen“, vermutete Daxas.

Weitere Kommentare gab es nicht zu dieser Beobachtung. Was konnte die Beschäftigung mit der primitiven Fauna helfen? Sie hatten – weiß Gott – andere Sorgen.

Die beiden Prokas, die ja Halbtelepathen waren, spürten die Abneigung der Menschen gegen diese skurrilen Wesen.

„Diese Wesen sind keine Tiere“, behauptete Iks-Wol-Esak. „Und es sind auch keine Würste, wie Perky zu denken beliebt.“

„Natürlich, auf einem müsst ihr ja herumhacken, wenn ihr nicht weiter wisst“, beschwerte sich Perkins. „Ich kann dir nur sagen, du kleine Proka-Kugel, es ist nicht fair, dass du immer in unseren Gedanken schnüffelst.“

„Wenn du Geheimnisse hast, dann lauf doch mit dem Gedankenschirm herum. Es ist nicht verboten, soviel ich weiß.“

„Aber er zwickt hinter den Ohren. Ich werde auch nicht euretwegen hier im steifen Anzug herumlaufen. Meinetwegen sollst du ruhig wissen, was ich über dich denke.“

„Du bist eher neidisch als hochmütig, wie ich gerade feststelle. Und außerdem hältst du mich für klüger als dich selbst. Deshalb erhoffst du von mir eine Patentlösung.“

„Na bitte, wäre das zu viel verlangt? Sieh doch nur ins Bordbuch! Nach jeder kitzligen Expedition wird dein Name besonders erwähnt. Wenn alles stimmt, was da drin steht, dann hat dein kluger Kopf uns jedes Mal gerettet.“

„Wenn mein Name dir zu oft erwähnt wird, dann liegt es wohl an der Bescheidenheit unseres Captains.“

„Schluss, zum Teufel!“, unterbrach Perry Barnett das unfruchtbare Duell. „Ich verlange von jedem, dass er sich den Kopf zerbricht. Jeder tut’s letzten Endes für sich selbst.“

„Meinen Vorschlag habt ihr bereits gehört“, war Perkins nicht mundtot zu kriegen. „Wir nehmen die TRILANI auseinander, fliegen sie in ihren Einzelteilen auf eine Satellitenbahn und bauen sie dort wieder zusammen. Dann habt ihr euer Vakuum und könnt den Hyperdrive reparieren.“

„Schon gut“, winkte Barnett ab. „Das kannst du einem vorschlagen, der tausend Jahre Zeit hat. Die TRILANI braucht die Industrie eines ganzen Planeten zur Montage.“

„Bisher haben wir über Perkys Vorschlag gelacht“, mischte sich Nam-Legak ein. „Trotzdem ist er theoretisch in Ordnung.“

„Ich danke für Theorien. Wir brauchen was Handfestes.“

„Dann nehmt eine Variation.“

„Aha“, staunte Perkins. „Jetzt kommt der prokaskische Esprit.“

„Die TRILANI ist wie eine Zwiebel“, fuhr Nam-Legak unbeirrt fort. „Der Motor sitzt im Kern. Wenn wir um die Zentrale herum lediglich drei oder vier Decks aufbauten, dann wären wir flugfähig.“

„Und auf die übrigen 80 Prozent willst du verzichten?“

„Wir würden uns ein wenig einschränken müssen. Aber was wir unbedingt brauchen, hätten wir.“

„Die Hydroponik liegt im Deck sechs.“

„Man könnte sie in Deck drei einbauen.“

„Okay! Die Arsenale liegen in Deck neun.“

„Auf Waffen müssten wir verzichten.“

„Also mit der weißen Fahne nach Haus fliegen.?“

„Das wäre unser Risiko. Schließlich ist Frieden im größten Teil der Galaxis.“

„Trotzdem bist du ein Optimist, Nam-Legak“, meinte Barnett. „Dein Plan verkürzt die Bauzeit vielleicht um neunhundert Jahre. Hundert hätten wir dann immer noch.“

„Du könntest wenigstens deinen Lebensabend daheim verbringen.“

„Danke! Ich glaube, wir kommen darauf zurück, wenn wir absolut nicht mehr weiter wissen.“

„Der Punkt wäre bereits erreicht“, behauptete Perkins.

„Im Gegenteil. Ich hatte befohlen, dass ihr nachdenkt. Dabei bleibt es, du Vollblutpessimist.“

„Okay, Chef! Ich wüsste schon wieder was.“

„Na, und?“

„Fragt die Würstchen draußen in den Wiesen. Oder besser noch Forrys Patienten. Iks hat vorhin behauptet, sie seien keine Tiere.“

„Sie sind intelligent“, versicherte der Proka und wedelte dazu energisch mit seinem mittleren Greifarm. „Als ich mit dem Telepathierelais an ihn heranging, hat er den Grundgedanken meiner Worte begriffen. Deshalb reagierte er ja auch so heftig.“

„Du meinst, er sprang unter die Decke.“

„Er sprang nicht. Im Gegenteil! Er entspannte die Arme.“

„Was tat er dann?“

„Irgend etwas anderes. Ich habe es nicht sofort erkannt.“

„Aber er ging unter die Decke, mein Junge. Daran zweifelt doch wohl niemand von euch.“

„Ganz recht. Es hat mich sehr verblüfft. Ich habe ihn in Verdacht, dass er ein uns unbekanntes technisches Hilfsmittel benutzt hat. Wir müssen der Sache nachgehen. Wir müssen den Planeten und alle seine Hilfsquellen erforschen, ehe wir den falschen Weg einschlagen und sinnlose Maßnahmen ergreifen.“

„Hm, von meinem Demontagevorschlag hältst du wohl nicht viel?“, erkundigte sich Perkins.

„Ehrlich gesagt – nein.“

„Well, dann schlage ich vor, du erfindest ein neues Gerät. So eine Art Super-Existenzpost. Du hast einen klugen Kopf, eine gut eingerichtete Werkstatt, ein Labor und die Bodenschätze eines Planeten.“

„Das wäre immerhin noch aussichtsreicher als dein erster Vorschlag.“

Gestrandet in der Unendlichkeit: Paket 15 Science Fiction Abenteuer

Подняться наверх