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Nicht mehr als drei sollten mitkommen. Zu viele Götter verwirren das einfache Gemüt und werten auch den einzelnen ab. Iks-Wol-Esak ging nicht nur mit, weil seine Erscheinung den Tropas sowohl Ehrfurcht als auch Zutrauen geben sollte, sondern weil er der einzige brauchbare Dolmetscher sein konnte.

Als „Nebengötter“ wollten sich Barnett und Bannister bemühen, eine überzeugende Rolle zu spielen. Sie trugen jeder ein schweres Telepathie-Relais als sichtbares Zeichen ihrer Unterordnung und hielten sich aus demselben Grund immer ein paar Schritte hinter Iks-Wol-Esak zurück, dessen Würde mit einigen schnell zusammengesuchten bunten Kleidern noch unterstrichen wurde.

Schließlich würde es sich auch gut machen, dass sie mit einem Beiboot aus der Luft herabstießen. Es gibt Rassen, deren Götter leben in der Unterwelt oder auf den Bäumen. In den meisten Fällen liegt man aber richtig, wenn man sie oberhalb der Skyline platziert. Außerdem hatte Iks herausbekommen, dass Tsous Sitz auf dem Berg war.

Mit einem feurigen Schweif voraus senkte sich das Räumboot Heck voraus auf die Wiesen. Frisches Gras kochte, trocknete und verbrannte. Die bedrängte Feuchtigkeit in dem frischen Grund entfloh, indem sie kondensierte und einen dichten Nebelschleier über den Talgrund legte.

Iks-Wol-Esak wedelte zufrieden mit den beiden äußeren Tentakeln.

„Absolut wirkungsvoll“, versicherte er. „Absolut wirkungsvoll. Wir kommen mit feurigem Schweif auf einer Wolke geritten.“

Solange er tellurisch sprach, würde sein seltener Sarkasmus keinem Tropa auffallen.

Krut forderte er telepathisch auf, voranzugehen. Der kleine unförmige Vierbeiner, dessen runder Walzenkörper keinerlei Tailleneinschnitt aufwies, gehorchte. Er gehorchte sogar über die Aufforderung hinaus, indem er nicht etwa an der Luftschleuse – fünfzehn Meter über dem Boden – wartete, sondern einfach hinuntersprang.

Forry Bannister stieß einen Fluch aus, den ihm der Schreck entlockte. Normalerweise machte er von vulgären Wörtern keinen Gebrauch. Dann stellte er fest, dass seine Sorge unbegründet gewesen war. Krut stürzte nicht etwa ab, sondern schwebte in einer eleganten Schleife sanft zu Boden und landete in der Manier eines versierten Sportseglers.

Dem Arzt war mittlerweile auch aufgefallen, dass Krut während seines kurzen Fluges mindestens um das Dreifache seines Körperumfangs gewachsen war. Er fühlte sich an einen Luftballon erinnert, kam aber nicht dazu, diesen Vergleich auszusprechen.

„Seht zu, dass ihr auf euren Antigrav-Platten schnellstens nachkommt“, zischte Iks-Wol-Esak und sprang aus der Luke wie eine Katze. Die Menschen nahmen die Technik zur Hilfe und folgten ihm.

Krut zeigte den Weg und ging voran. Nach einigen Minuten stieß er einen penetranten Schrei aus. Die Antwort kam ganz aus der Nähe. Es folgte ein weiteres Duell in unartikulierten Worten. Dann tauchte eine Mauer aus dem Dunst auf. Eine graue Mauer aus vielen hundert kleinen Tropas, die sich sofort flach an die Erde warfen, als sie die Besucher erkannten.

„Es scheint, sie akzeptieren uns als ihre Götter“, vermutete Barnett.

„Krut hat es so gefressen, und er teilt es jetzt den anderen mit“, nickte Iks. „Aber bleibt bitte hinter mir, wie es verabredet war. Vergebt einmal euren menschlichen Stolz und bleibt rein sachlich!“

„Es ist weniger der Stolz als die Neugierde.“

„Ich weiß, dass ihr Tellurer mehrere ungezogene Eigenschaften habt. Du brauchst sie mir nicht alle aufzuzählen. Also …“

Eine weit ausholende Bewegung aller drei Proka-Tentakel unterstrich die Wichtigkeit des Augenblicks.

„Ist euer Chef dabei?“, fragte Iks den Tropa. Er wiederholte den Gedanken fünfmal. Dann kam die Antwort.

Der Chef hieß Fnask und schwebte gehorsam näher. Sobald Iks einen sinnvollen Gedanken der Wesen aufnahm, wiederholte er ihn in tellurischer Sprache, so dass Barnett und Bannister immer auf dem Laufenden waren. Freilich blieb die Verständigung schwierig und zeitraubend, doch man durfte froh sein, überhaupt etwas zu erfahren.

(Der Chronist muss sich hier darauf beschränken, das Gespräch zusammengefasst wiederzugeben, denn es bestand in erster Linie aus Wiederholungen.)

Krut zu den Tropas: „Ich kam zum Berg, Herr, aber nicht hinauf. Auf halber Höhe verbot Tsou das Schweben und verhinderte es auch. Psröi hatte recht. Doch Tsou kommt zu uns. Er rief mich durch sein Licht, und ich eilte zu ihm. In einer Wolke aus Stein und Feuer kam er herab mit hundert Nebengöttern. Und er wollte dich sprechen, Chef. Er sagte, die Zeit des Verborgenen sei um und er komme, um seine Herrschaft anzutreten.“

Fnask zu Krut und Iks-Wol-Esak: „Wir dienten dir aus der Ferne, und wir dienen dir, wenn du bei uns bist, ewiger Tsou! Prüfe uns und fordere, auf dass wir deine Knechte sind.“

„Soweit – so gut“, murmelte Forry Bannister. „Gut, dass wir Perkins nicht mitgenommen haben. Der würde sich jetzt die Schuhe putzen lassen …“

Iks zu Fnask und Krut: „Ich bin Tsou und schuf den Berg und die Welt. Ich bin Tsou und schuf euer Tal und euer Leben. Ich wachte für euch gegen den Bösen.“

An diesem Punkt wurde die Verhandlung kritisch. Die Tropas kannten den „Bösen“ nicht. Nicht mit Luzifer, dem Teufel, und mit Krems, dem Unterweltgott der Prokas, war dieser Begriff den Wesen deutlich zu machen. Nach langem Hin und Her – bei dem die Diplomatie nicht vernachlässigt wurde – schälte sich ein klareres Bild dieses kleinen Völkchens heraus. Sie kannten das Böse nicht, weil sie auch die Versuchung nicht kannten. Es gab wohl ungeschriebene Gesetze, aber niemand hatte jemals den Ehrgeiz gehabt, eines davon zu übertreten.

Schließlich kam aber Iks-Wol-Esak auch dahinter, dass selbst diese paradiesische Version ein Trugbild war. Er hatte von Kruts Expedition erfahren, die ihn den halben Berg hatte erklimmen lassen. Und je hartnäckiger er diese Spur verfolgte, um so deutlicher wurde ihm, dass auch manch anderer vor Krut versucht hatte, den Berg zu ersteigen, auf dem man Tsou wähnte.

Hier hakte der Proka mit einer Gardinenpredigt ein, die historisch hätte werden können, wenn sich jemand die Mühe gemacht hätte, sie auf ein Tonband zu nehmen.

Die Furcht der Tropas vor ihrem Gott und ihre Beteuerungen, ihm zu dienen, waren der Beweis für das schlechte Gewissen der Kreatur. Und ohne das Böse ist ein schlechtes Gewissen nicht denkbar.

Erst später wurde sich Iks klar darüber, dass er mit den Begriffen „Gut und Böse“ eine neue Ethik für die Tropas gegründet hatte, eine Ethik, die nicht unbedingt besser sein musste als die alte. Doch für den Augenblick kam es darauf an, den gewonnenen Respekt nicht zu verlieren. Seine versteckten Fragen umschrieb er mit den Belehrungen des Allwissenden, und damit konnte er bei dieser Begegnung seine Rolle als Gott der Götter mit Erfolg weiterspielen.

Barnett und Bannister wurden die Beine steif.

Das Palaver dauerte inzwischen vier tellurische Stunden, und noch immer standen die Menschen in der Wiese – respektvoll drei Schritte hinter Iks-Wol-Esak. Der Arzt hatte sich nach einer Stunde bereits hinsetzen wollen, war aber von Iks daran gehindert worden. Im Sitzen würde er die göttliche Würde verlieren. Und so fügten sich die beiden Menschen in ihr Schicksal.

Der Proka ging endlich zum entscheidenden und schwierigsten Teil seiner Verhandlung über.

Nachdem er den Begriff des Bösen hinreichend definiert glaubte, personifizierte er das Böse und nannte es Teufel. Er schilderte ihn als einen mächtigen Widersacher, der sein Reich jenseits der Wolken habe und gekommen sei, um die Tropas heimzusuchen und den Berg der Götter in Besitz zu nehmen.

„Ich brauche Tropas, die mir treu dienen“, versicherte er den verschüchterten Wesen. „Ich brauche eure Treue und euren Dienst. Der Beste von euch soll mit mir kommen. Es muss einer sein, der selbst schon den Berg erklommen hat.“

Nachdem die Tropas diese Andeutung offenbar nicht sofort verstanden, fragte er in verschiedenen Gedankenformulierungen: „Wer von euch kennt den Berg? Wer von euch war schon einmal auf dem Gipfel, um mich zu sehen und um mir nahe zu sein?“

„Ich wette“, sagte er auf tellurisch zu den beiden Menschen, „dass ein paar von ihnen schon oben waren. Sie müssen nur begreifen, dass es keinesfalls eine Sünde war.“

Die klobigen Tropas drückten sich noch flacher ins Gras. Niemand meldete sich.

Iks-Wol-Esak entschloss sich zu einem stärkeren Geschütz, selbst wenn er dabei an Glorie

verlieren sollte. Er versicherte, dass der Teufel bereits die große Feuerwolke behext habe, und dass sie nicht mehr zum Himmel aufsteigen könne. Er versuchte, in eine völlig fremde Vorstellungswelt das Bild des Infernos zu tragen und verkündete das Ende der Wiesen, Wälder und Wolken, wenn die Tropas und ihre Götter nicht treu zueinanderstünden.

„Kommt zu mir, wenn ihr eure Furcht überwunden habt! Aber überwindet sie schnell, wenn ihr in Frieden leben wollt! Die kleine Wolke wird mich zur großen tragen, die der Teufel regiert. Ein Gott kennt keine Furcht. Er ist mutig für die, die er lieb hat. Aber ich will sehen, dass euer Gebet kein leeres Gerede ist. Ihr alle wolltet mir dienen. Jetzt findet wenigstens den einen, der den Berg kennt und zu mir kommt!“

Iks-Wol-Esak machte weit ausholende Bewegungen mit seinen drei Greifarmen. Dann wandte er sich ab und ging durch die Wiese auf das Beiboot zu. Er ging langsam. Die Tropas sollten ihn sehen und so schnell nicht vergessen, denn er war sich noch immer nicht im Klaren darüber, welches Gewicht er der Religiosität dieser Rasse beimessen durfte. Er kannte genügend oberflächliche Völker in der Galaxis, die sich zwar eine Religion leisteten, innerlich aber kaum Kontakt mit ihr hatten.

„Würde!“, zischte er Barnett und Bannister zu. „Geht langsam und bleibt hinter mir! Sie sollen auf unsere Rücken starren und mit ihren Problemen in den kleinen Gehirnen fertig werden. Und bloß nicht laufen!“

Sie hatten die Hälfte des Weges zu dem Raumboot zurückgelegt, als sie hinter sich das Flattern eines schwebenden Tropa vernahmen. Es war ein heftiges Geräusch, das die Eile des Wesens verriet.

„Bloß nicht umdrehen! Kümmert euch nicht um ihn. Jetzt müssen die Tropas zu uns kommen.“

Der wurstartige Balg zog eine Schleife um die drei und sank genau vor Iks-Wol-Esak ins Gras. Dort streckte er sofort wieder alle Viere von sich und ließ ein scharfes Krächzen hören. Der Ruderschwanz zuckte nervös hin und her und peitschte den Boden.

„Nanu, Krut?“, überlegte Barnett.

„Es ist nicht Krut“, versicherte der Proka. „Er denkt anders.“

„Wenn du ihn an seinen Gedanken erkennst, will ich es glauben. In den Gesichtern erkenne ich wenigstens keinen Unterschied.“

„Schweigt jetzt. Er will etwas sagen.“

Die Gedanken des Tropa waren ein Gewirr von Angst, Sehnsucht und Neugier. Der Appell an das schlechte Gewissen hatte doch etwas genützt.

„Du bist Psröi, nicht wahr?“

„Ich bin Psröi, dein Diener, Tsou! Ich bekenne, auf dem Berg gewesen zu sein, um dich zu finden. Aber ich sah dich nicht, und keinem konnte ich sagen, dass ich dir gedient hatte. Aber glaube mir, Tsou, dass ich keinem verriet, was ich dennoch sah.“

„Du musst es mir sagen, denn ich will deinen Sinn und deine Augen prüfen. Wenn du die Wahrheit sprichst, soll dir nichts geschehen. Vielmehr werde ich dich belohnen als meinen treusten Diener.“

„Beinahe ist es abscheulich, wie wir diese harmlosen Burschen hereinlegen“, machte sich Iks auf tellurisch Luft.

„Werde jetzt bloß nicht sentimental“, verlangte Barnett. „Du trittst beinahe wie ein Samariter auf und findest dich noch immer nicht human genug. Versuche endlich herauszubekommen, was mit dem Berg los ist! Schließlich hat der Gipfel Daxas auf dem Gewissen …“

Ein neuer telepathischer Dialog begann. Der Proka übersetzte zwischendurch, so dass Bannister und Barnett immer auf dem Laufenden blieben.

„Er hat ein Loch im Gipfel gesehen.“

„Einen Krater?“

„Es scheint so. Aber wenn es sich um einen Vulkan handelt, dann muss er erkaltet sein.“

„Ein Vulkan ist es auf jeden Fall“, behauptete Bannister. „Das hätte ich euch schon früher sagen können. Ein einzelner Berg in einer weiten, platten Ebene kann nur durch Eruptionen entstanden sein.“

„Moment, jetzt sagt er, dass er in den Krater hineingesehen habe. Ein Licht soll drin brennen. Doch ohne Rauch und ohne Hitze.“

„Ein letzter Rest glühender Lava vielleicht.“

„Keineswegs. Er ist abgerutscht und auf den Grund des Bergesinneren geschwebt. Er sagt, am Berg draußen könnten sie nicht schweben, weil ich es verboten habe. Aber im Krater wäre es wieder möglich gewesen. Und er wäre auch wieder hinausgesprungen – oben aus dem Loch.“

„Dann kann es nicht tief sein. Was verrät er sonst noch?“

„Viel Ungereimtes. Ich bekomme keine klare Vorstellung aus seinen Gedanken. Er muss Dingen begegnet sein, die er nicht begreift, die außerhalb seiner vertrauten Umwelt hier draußen liegen. Und was er sich selbst nicht erklären kann, das kann er auch mir nicht deutlich machen.“

„Well, auf jeden Fall kam er schadlos wieder heraus, und ihm passierte nicht das gleiche wie Daxas. Nimm ihn mit, Iks. Bring’s ihm schonend bei, dass wir dem Berg noch einmal gemeinsam einen Besuch abstatten werden.“

Gestrandet in der Unendlichkeit: Paket 15 Science Fiction Abenteuer

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