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Keiner ist Schuld
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Nach Hans Berger, der eine halbe Stunde lang erzählt hatte, warum er nicht verantwortlich zu machen sei für das Omega55-Geschäft, erteilte Richter Tully den anderen Angeklagten Redezeit.
Herausgekommen dabei: Keiner ist Schuld.
Reglos
Dirk Jens Nonnenmacher begann seine Selbstvorstellung mit seiner akademischen Karriere. 1989 erhielt er sein Diplom als Mathematiker, 1990 Promotion, drei Jahre später Habilitation. Forschung im In- und Ausland, 2003 Honorarprofessur in Heidelberg, dann Stationen bei der Dresdner Bank und DZ Bank. Im Oktober 2007 heuerte er bei der HSH an. Er sollte als Finanzvorstand den Börsengang umsetzen, 2008 wird er HSH-Vorstandsvorsitzender. 2011 trennte sich die Bank mit einer 4-Millionen-Euro-Abfindung von ihm. Er soll heute als selbständiger Berater sein Geld verdienen. Zum Anklagevorwurf nahm Nonnenmacher nicht direkt Stellung. Auch äußerlich war ihm keine Regung anzumerken - wie so oft. Aber er erklärte seine Aufgaben als damaliger Finanzvorstand: So sei er für das Finanz-Controlling, Rechnungswesen für Steuern und die Bewertung von Vermögenspositionen zuständig gewesen.
(Aus diesem Grund trifft ihn auch der Vorwurf der Bilanzfälschung der Staatsanwaltschaft. Nonnenmacher war nach seinem Aufgabenprofil als Finanzvorstand ressortzuständig für die Bilanzierung der HSH durch das Rechnungswesen und vertraut mit der Relevanz komplexer Verbriefungen wie in Omega55.)
Verbittert
Joachim Friedrich wurde als einziger emotional. Der gelernte Industriekaufmann hat sich über ein Betriebswirtschaftsstudium an der privaten Eliteuniversität EBS in Östrich-Winkel und ein Trainee-Programm bei der Investmentbank JP Morgan empor gearbeitet. Anschließend war er Global Head Fixed Income der DZ Bank. Als Kapitalmarktexperte fing er im Mai 2007 bei der HSH an. Im November 2009 wurde Friedrich entlassen. Der Manager unterhält heute eine eigene Firma.
Seine Entlassung, sagte Friedrich mit belegter Stimme, könne er immer noch nicht nachvollziehen und akzeptieren. Die Ermittlungen haben ihn zudem persönlich sehr belastet. Den Anklagevorwurf wies Friedrich strikt zurück. Er hatte „alle Informationen vorliegen, um eine verantwortliche Entscheidung zu treffen“. Für Friedrich war Omega55 ein „vorteilhaftes, strategiekonformes und steuerbares Geschäft“. Deshalb halte er seine Unterschrift immer noch für richtig und verantwortlich - basierend auf seinem damaligen Kenntnis- und Wissensstand.
Gefehlt
Hartmut Strauß ist wie Hans Berger ein Landesbanker durch und durch. 1975 fängt er nach seinem BWL-Studium bei der NordLB eine Banklehre an, zwei Jahre später wechselt er zur Hamburgischen Landesbank, wird rasch Führungskraft und ist zuständig unter anderem für das Kreditrisikomanagement, die Revision, das Rechnungswesen. Im Jahr 2000 wird Strauß zum Vorstand für Luftfahrtfinanzierung und Leasing berufen. Nach der Fusion der Hamburgischen Landesbank mit der Landesbank Schleswig-Holstein im Jahr 2003 erhielt er den Posten des Finanz- und Risikovorstands, ab 2007 war er ausschließlich Risikovorstand. Krankheitsbedingt schied Strauß 2008 aus der HSH aus und ist seitdem im Ruhestand.
Auf den Anklagevorwurf ging der pensionierte Risikofachmann nicht direkt ein. Am Ende seiner Kurzvorstellung sagte er aber einen Satz, der aufhorchen ließ: Als HSH-Vorstand habe er „auch Fehlentscheidungen getroffen“.
Geschwiegen
Bernhard Visker und Peter Rieck sagten selbst nichts. Sie ließen ihre Verteidiger für sich reden. Das Verteidigerpaar Gaby Münchhalffen und Norbert Gatzweiler, das die Angeklagten vertritt, ist für seinen Stil bekannt, ihren Mandanten das Schweigen nahe zu legen.
Statt Bernhard Visker wandte sich also Verteidigerin Münchhalffen an das Gericht. Sie wies mit Nachdruck den Vorwurf der schweren Untreue zurück. Visker sei ein „sorgfältig handelnder Kaufmann, der seine Pflichten nicht verletzt und auch die HSH nicht geschädigt“ habe. Er habe weder „eigennützig noch vorsätzlich gehandelt“. Für Visker waren die Mängel in der Vorstandsvorlage „nicht erkennbar“, er war nicht ressortzuständig und er „konnte auf die Mitarbeiter vertrauen“. Viskers berufliche Vita stellte Verteidigerin Münchhalffen nicht vor. Wieso blieb unerwähnt.
Dabei ist Visker berufliche Vita unverfänglich. Gemäß Urteil und eigenen Recherchen begann Visker 1988 bei der Hamburgischen Landesbank eine Banklehre. Danach berufsbegleitendes Studium an der Universität of Wales. 2001 stieg er zum Stellvertreter Schiffsfinanzierungen auf und wurde 2003 Leiter Immobilien in der fusionierten HSH. Ab Januar 2007 rückte er in den Vorstand auf, zuständig für Firmen- und Immobilienkunden. Visker kündigte als Einziger der Angeklagten im August 2011 selbst. Heute ist er geschäftsführender Gesellschafter der Münchner ABG Unternehmensgruppe.
Nach Gaby Münchhalffen ergriff als Letzter Verteidiger Norbert Gatzweiler das Wort für seinen Mandanten Peter Rieck. Dem Vorwurf der Untreue trete Rieck mit Nachdruck entgegen, sagte er. „Die Anklageschrift verstelle den Blick auf die Tatsache, dass die Vorstände nicht eigennützig gehandelt haben, sondern als Angestellte der Länder“ mit dem Ziel, mit Wegfall der Gewährträgerhaftung die Liquidität der Bank sicherzustellen, sagte Gatzweiler. Riecks beruflicher Werdegang war dem Verteidiger ebenfalls wie bei Münchhalffen keine Erwähnung wert.
Rieck heuerte nach seinem BWL-Studium 1978 bei der Landesbank Schleswig-Holstein in Kiel an. 1995 Wechsel zur Investitionsbank Schleswig-Holstein. Nur drei Jahre später zog er an die Elbe und wurde stellvertretender Chef der Hamburgischen Landesbank. Nach der Fusion der Hamburgischen Landesbank mit der Landesbank Schleswig-Holstein blieb er Mitglied des Vorstands. 2007 wurde er stellvertretender Vorstandschef der HSH. Rieck wird gemeinsam mit Friedrich 2009 entlassen und betreibt seither in Hamburg eine Beraterfirma.
Stattliche Gehälter und Boni für die HSH-Crew
Es ist schon erstaunlich: Da werden sechs Männer als Vorstände berufen, die die Bankenaufsicht als vorstandsfähig einstuft und die für diesen Job fürstlich entlohnt wurden, aber keiner übernimmt Verantwortung für sein Handeln als Vorstand, wenn es darauf ankommt. Keiner übernimmt wenigstens im Nachhinein eine Teilschuld.
Im Krisenjahr 2007, ist im Geschäftsbericht 2008 zu lesen, erhielt der HSH-Vorstand mehr als 4,1 Millionen Euro feste Vergütung, dazu Tantiemen in Höhe von mehr als 3,6 Millionen Euro. Welche Vergütungen davon auf die Angeklagten entfiel, schlüsselte der Geschäftsbericht nicht auf.