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Tag 06: Nicht viel Neues
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Für den früheren HSH-Mann Marc S. war es der vierte Tag im Untreue-Verfahren. Es werden vermutlich zwei weitere Tage folgen. Denn wenn die 8. Große Strafkammer ihre Fragen gestellt hat, sind Staatsanwaltschaft und Verteidiger an der Reihe. Wirklich Neues hat sein Auftreten an diesem Tag nicht ergeben - nur manches Widersprüchliche.
Richter Bruns formulierte einige abschließende Fragen zur Vorstandsvorlage von Omega55 und ging dann dazu über, mit dem Zeugen eMails aus den letzten Dezembertagen 2007 und das so genannte „Second Risk Assessment“[16] durchzusprechen. Das Assessment war Teil der Vorstandsvorlage und eine Analyse der Risikoabteilung. In diesem „Second Risk Assessment“ untersuchten die Fachleute, welche Verluste mit Omega55 verbunden sein könnten und wie diese zu bewerten seien. Bruns interessierte sich allerdings kaum für Details dieser Risikoprüfung. Er wollte statt dessen S.' Meinung hören, zum Beispiel zu diesen Punkten (Vernehmung auszugsweise):
Richter Bruns: Teilen Sie die Ansicht, dass Omega55 einen besonders hohen Komplexitätsgrad hatte?
Marc S.: Einen überdurchschnittlich hohen Komplexitätsgrad ja, aber es war kein besonders hoch komplexes Geschäft.
Bruns: Hat jemand in der HSH eigentlich einen Summenstrich unter Omega55 gezogen, also was es kostet und einbringt?
Marc S.: Davon gehe ich aus. Auf die sieben Jahre Laufzeit bezogen.
(Der Zeuge weiß aber nicht, wer das gewöhnlich tut.)
Bruns: Im Teil-A gibt die HSH Risiken an die BNP Paribas ab, die sie in Teil-B, in der STCDO, wieder zurücknimmt. Hat das Omega55 unattraktiver gemacht?
Marc S.: Nein, im Gegenteil. Es hat das Geschäft attraktiver gemacht. Weil vermutlich die 400-Millionen-STCDO ein besseres Rating hatte als der transferierte 2-Milliarden-Kreditpool aus der Immobiliensparte.
(Diese Aussage, Teil-B habe Omega55 attraktiver für die HSH gemacht, wirkte widersprüchlich zu der Antwort des Zeugen aus der ersten Befragung. Da hatte Marc S. angedeutet, Zweifel an der Aussage der Rechtsabteilung gehegt zu haben, dass Omega55 aufsichtsrechtlich okay sei, also die Entlastung des Eigenkapitals in Teil-A tatsächlich eintrete und durch Teil-B nicht abgeschwächt oder gar aufgehoben wird, siehe Tag 3. Beim genauen Betrachten löst sich der vermeintliche Widerspruch aber auf. Der Analyst unterscheidet zwischen aufsichtsrechtlichen Belangen und wirtschaftlichen Chancen. Mit der aufsichtsrechtlichen Bewertung scheint er sich nicht recht angefreundet zu haben. Dass aber mit Omega55 Geld zu verdienen war - oder es anderweitig vorteilhaft für die HSH war - davon ist S. offensichtlich überzeugt gewesen.)
Anmerkungen:
[16] Das Votum der Risikoabteilung finden Sie im Anhang des Buches.