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I. Ausgestaltung des Raubtatbestandes
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Untersucht man den Grundtatbestand des Raubes, so ist zunächst festzuhalten, dass die Tatbestände der untersuchten europäischen Länder entsprechend der deutschen Rechtslage das Tatbestandsmerkmal „Gewalt“ enthalten. Innerhalb dieses Tatbestandsmerkmals lässt sich zwischen Gewalt gegen Personen und Gewalt gegen Sachen differenzieren. Ließ man im traditionellen, aber überholten Common Law für die Verwirklichung des Raubtatbestandes die Verübung von Gewalt gegen Sachen noch ausreichen, wurde die Rechtslage in der Folge dem Civil Law angepasst, wonach entsprechend dem deutschen Recht Gewalt gegen Personen erforderlich ist.[777]
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Beim Tatbestandsmerkmal der Drohung zeigen sich fortwährend Unterschiede: Enthalten die meisten Tatbestände, wie im österreichischen, schweizerischen, italienischen und englischen Recht, das Tatbestandsmerkmal der Drohung, verzichtet der französische Code pénal vollständig auf diese Raubvariante und spricht lediglich von violence.[778] Enthält der Tatbestand das Merkmal Drohung, so handelt es sich überwiegend – wie im deutschen Recht – um eine Drohung mit (gegenwärtiger) Gefahr für Leib oder Leben. Weitreichender zeigt sich hier das italienische Recht, welches für die Drohung nicht zwingend das Inaussichtstellen einer Körperverletzung oder gar des Todes einer anderen Person voraussetzt, sondern eine solche in Bezug auf Sachen oder etwa die Privatsphäre genügen lässt.
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Ein Blick auf die Ausgestaltung des subjektiven Tatbestandes lässt ebenfalls (vereinzelt) strengere Regelungen erkennen. Dies zeigt gerade die französische Rechtsordnung, im Rahmen derer es keiner Zueignungsabsicht bedarf, sondern der (Eventual-)Vorsatz hinsichtlich der Merkmale des objektiven Tatbestandes genügt.[779] Das italienische Recht ist ebenfalls weiter gefasst als das deutsche, da über den gewöhnlichen Vorsatz hinaus lediglich ein Handeln mit dem Ziel einer rechtswidrigen Gewinnerzielung gefordert wird.[780] Hierfür genügt nach einhelliger Ansicht jedes materielle oder immaterielle Interesse, das nicht von der Rechtsordnung gedeckt ist.[781]
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Hinsichtlich der Raubqualifikationen finden sich zumeist folgende drei Varianten: Raub mit Waffen, durch eine Bande und mit schwerer körperlicher Folge.[782] Interessant ist hier erneut das französische Recht, das sowohl auf eine durch die Gewaltanwendung verursachte Arbeitsunfähigkeit bei der Strafdrohung rekurriert, als auch eine Deliktsqualifikation statuiert, nach der bei Folter oder bei barbarischen Akten (des actes de barbarie) ein lebenslanger Freiheitsentzug droht.[783] Im englischen Recht finden sich dagegen nach der Einführung des Theft Act 1968 keine Raubqualifikationen mehr, um dem Richter die Freiheit zu geben, das Strafmaß nach seinem Ermessen im Einzelfall lediglich nach der Schwere des Verbrechens zu bestimmen.[784] Die unter Etikettierungsgesichtspunkten kritisch zu betrachtende Folge zeigt sich darin, dass ein impulsives Entreißen einer Handtasche (Schuldspruch in Deutschland: Der Angeklagte ist schuldig des Raubes) in dieselbe rechtliche Kategorie fällt, wie ein schwer bewaffneter Überfall mit Schusswaffeneinsatz auf eine Bank (Schuldspruch in Deutschland: Der Angeklagte ist schuldig des besonders schweren Raubes).[785]
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Im Gegensatz zu Raubqualifikationen finden sich (kodifizierte) Raubprivilegierungen, wie im österreichischen StGB, nur selten. Diese greifen nach österreichischem Recht ein, wenn die Tat „ohne Anwendung erheblicher Gewalt an einer Sache geringen Wertes“ begangen wird, nur „unbedeutende Folgen“ nach sich zieht und es sich „um keinen schweren Raub handelt“.[786]
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Das deutsche wie das österreichische Recht[787] sehen für den Grundtatbestand des Raubes ein Strafmaß von einem bis zehn Jahren Freiheitsstrafe vor. Nach schweizerischem Recht erwarten denjenigen, der einen Raub begeht, ebenfalls bis zu zehn Jahre Haft.[788] Das italienische Recht geht zwar von der gleichen Höchststrafdrohung aus, setzt jedoch den Mindeststrafrahmen deutlich schärfer bei drei Jahren an.[789] Im Unterschied zum deutschen Recht kann in den genannten Ländern aber auch (lediglich) eine Geldstrafe verhängt werden. Im englischen Recht kann der Raub drakonisch mit bis zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe (imprisonment for life) bedroht werden. Demgegenüber zeigt sich das französische Recht mit einer Strafandrohung von Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren weitaus milder.[790]