Читать книгу Ausstieg / Glücksspieler / Gefährliche Erben - Drei Romane in einem Band - Elfi Hartenstein - Страница 41
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ОглавлениеRemy Straub wurde es langweilig in der Wohnung von Lous Neffen Manu. Sie lag auf dem Bett, versuchte zu lesen. Aber das Buch, das sie wahllos aus dem Regal geholt hatte, langweilte sie. Sie warf es hin, stand auf, stellte sich so neben das Fenster, dass sie von der Straße und vom Haus gegenüber nicht gesehen werden konnte, und spähte hinaus. Der Wagen, der unten auf der Straße stand, war ihr schon vor Stunden aufgefallen, weil zwei Leute drinsaßen, die keine Anstalten machten auszusteigen, sondern ganz offensichtlich das Haus, in dem sie sich befand, beobachteten. Niemand, der hineinging oder herauskam, entging ihnen. Momentan hielt gerade ein anderer Wagen daneben an, ließ den geparkten Wagen starten und losfahren und stellte sich selbst in die entstandene Parklücke. Wieder saßen zwei Männer drin. Ein etwa Fünfundzwanzigjähriger stieg aus. Auch ein Bulle, dachte Remy Straub. Wenn man sie gefragt hätte, woher sie das wusste, hätte sie nur sagen können: An der Kleidung liegt es nicht. Wenn man auf der Straße lebt und sich vor diesen Typen in Acht nehmen muss, entwickelt man einen Instinkt dafür, sie zu erkennen. Sie wusste es einfach. Wie zu ihrer Bestätigung bückte der Mann sich nach seinem Turnschuh, um den Schnürsenkel festzuziehen und ließ dabei unter seiner hochrutschenden Jacke das Pistolenholster, das er hinten am Hosenbund trug, sichtbar werden. Dann ging er in den Imbiss gegenüber, kam nach einer Weile mit einer Tüte und zwei Flaschen Cola zurück und setzte sich wieder auf die Beifahrerseite des Wagens. Remy Straub hatte genug gesehen, sie ging zu dem im Flur stehenden Telefon. Es war ein sehr altes. Eine Antiquität. Untauglich fürs Internet. Ohne Fax. Ohne Anrufbeantworter. Feldmanns Neffe muss aus der Zeit gefallen sein, dachte sie. Die Nummer, die sie suchte, war neben ein paar wenigen anderen Nummern an die Wand geschrieben. Sie wählte.
Lou Feldmanns Handy klingelte in dem Moment, als er mit Eva Hennings aus der Pforte der Haftanstalt auf die Straße trat. Er warf einen Blick auf das Display, blieb stehen und ließ Hennings weiter auf den geparkten Wagen zugehen, während er sich mit einem knappen „Ja“ meldete. Er hörte eine Weile zu, sagte schließlich: „Bleiben Sie, wo Sie sind. Rühren Sie sich nicht von der Stelle. Ich überlege mir was.“ Bevor er auflegte, fügte er noch hinzu: „Packen Sie schon mal alles ein, was Ihnen gehört.“ Dann ging er zum Wagen, öffnete die Beifahrertür und beugte sich zu Eva Hennings hinein, die ihm neugierig entgegensah. „Eva, fahr schon mal allein los. Ich muss noch woandershin.“
„Wohin denn?“
„Ist für deine Karriere besser, wenn du es nicht weißt. Essen wir heute Abend zusammen?“
„Wo?“, fragte Hennings.
„Ich ruf dich später an.“
„Hoffentlich“, sagte Hennings, als sie den Motor anließ, „du hast mich schon öfter versetzt.“
Lou Feldmann fand seinen Neffen Manu beim Billard im Yorckschlösschen, wo er mit dem Informatikstudenten Erik Bahr, dem wie immer die Haare zu Berge standen und der es offensichtlich aufgegeben hatte, gegen seine Wirbel anzukämpfen, ins Spiel vertieft war. „Dass du schon wieder gewinnst“, sagte Manu Feldmann soeben zu seinem Mitspieler, der gerade seinen letzten Stoß platzierte, „liegt bloß an meinem Handicap.“ Manus linker Unterarm war noch immer verbunden, aber er hatte die Schlinge abgelegt.
„Quatsch. Das liegt an meinem Können und an meiner strategischen Überlegenheit“, antwortete Erik. Sie lachten.
„Ich muss stören“, schaltete Lou Feldmann sich dazwischen. „Tut mir leid.“ Er winkte seinem Neffen, ihm nach draußen zu folgen. Vor der Tür blieb er stehen. Manu sah ihn fragend an. „Das muss ja dringend sein.
Ohne darauf einzugehen, fragte Lou: „Hast du einen Schlüssel zu dem Ausgang in deinem Haus, der von der Straße her nicht einsehbar ist?“
„Habe ich“, sagte Manu Feldmann. „Warum?“
„Weil ich ...”, begann Lou, dann schüttelte er den Kopf, setzte noch einmal an: „Ich brauche für deine Untermieterin für ein paar Tage eine andere Bleibe. Weißt du was?“
„Könnte sein. Lass uns noch mal reingehen.“