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Recht im Unrecht?

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Übrigens ändert sich die rechtliche Würdigung nicht, wenn wir annehmen, dass Nachbar Meyer tatsächlich die rechtliche Abstandsgrenze unterschritten hätte und nunmehr Nachbar Schulze für sich beanspruchte, die Abstandsgrenze bei dem Bau seines Carports ebenfalls unterschreiten zu dürfen. „Keine Gleichheit im Unrecht“ ist ein vielzitierter Satz, und tatsächlich stimmt er für die meisten Bereiche, die durch Rechtsnormen geregelt sind. Dies gilt, obwohl es doch geradezu überaus gerecht erscheinen würde, wenn bei einer Verfehlung des Meyer auch der Schulze sich nicht an Recht und Gesetz halten müsste. So ist es aber in einem Rechtsstaat nicht. Das biblische Talionsprinzip „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ ist gerade in einem Rechtsstaat nicht verwirklicht, auch wenn dies nur allzu ungerecht erscheint. Erstens ist Rache kein guter Ratgeber, und zweitens würde dies unweigerlich auf ein „Recht des Stärkeren“ hinauslaufen, was den Rechtsstaat zwangsläufig in Chaos und Anarchie stürzen würde. Nicht das Recht des Stärkeren, sondern die Stärke des Rechts muss regieren. Der Rechtsstaat muss im Gegenzug natürlich Prozesse bereitstellen, die die Einhaltung seiner Regeln unterstützen und sicherstellen. Nur so ist gewährleistet, dass derjenige, der durch einen anderen um „sein gutes Recht“ gebracht worden ist, seine Interessen nicht im wahrsten Sinne des Wortes auf eigene Faust zu wahren versucht.

Darf man in einem Rechtsstaat auch links fahren?

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