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4. Rechtsfolge bei Rechtsverstößen
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Bei Rechtsverstößen ist die Satzung, wie dies bei allen Rechtsnormen der Fall ist, nicht nur rechtswidrig, sondern grundsätzlich von Anfang an nichtig. Sie kann insbesondere für belastende Verwaltungsakte der Kommunalverwaltung keine wirksame Ermächtigungsgrundlage sein. Bei Nichtigkeit einzelner Satzungsbestandteile können die übrigen Teile weiterhin Wirksamkeit entfalten, wenn sie für sich allein existenzfähig sind und eine – aus Sicht des Satzungsgebers – sinnvolle Regelung ergeben. Dieser Gedanke der Teilnichtigkeit kann als allgemeiner Rechtsgrundsatz aus der analogen Anwendung des § 139 BGB entnommen werden.[19]
Beispiel
In der Hauptsatzung einer Stadt sind drei Veröffentlichungsformen für öffentliche Bekanntmachungen vorgesehen. Hiervon ist eine rechtlich ungeeignet und damit unwirksam. Der verbleibende Teil mit den beiden rechtmäßigen Veröffentlichungsformen bleibt eine existenzfähige und in sich sinnvolle Regelung.
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JURIQ-Klausurtipp
Die wichtige Vorschrift § 7 Abs. 6 S. 1 GO wird in Klausuren nicht selten übersehen. Insbesondere wenn im Sachverhalt Daten genannt werden, sollte man eine mögliche Fristrelevanz erwägen.
Gemäß § 7 Abs. 6 S. 1 Hs. 1 GO kann die Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften der Gemeindeordnung nach Ablauf eines Jahres seit Verkündung (= ordnungsgemäße öffentliche Bekanntmachung) der Satzung nicht mehr geltend gemacht werden. In jedem Fall beachtlich bleiben trotz Ablaufs der Jahresfrist hingegen die in § 7 Abs. 6 S. 1 Hs. 2 GO enumerativ aufgeführten Rechtsverstöße.
Beispiel
Der Gemeinderat beschließt mit den Stimmen zweier befangener Ratsmitglieder am 1.3. mit einer Stimme Mehrheit durch Änderung der Unternehmenssatzung einen geänderten Zweck für die Anstalt des öffentlichen Rechts (§ 114a GO). Der Beschluss leidet noch an anderen Mängeln, z.B. hat der Bürgermeister versehentlich die Einladung zur Ratssitzung nicht unterschrieben und weder Zeit, Ort noch die Tagesordnung wurden vorher öffentlich bekannt gemacht. Zudem ist die nach § 115 GO erforderliche Anzeige über die Änderung des Zweckes an die Aufsichtsbehörde nie erfolgt. Am 15.3. wird die geänderte Unternehmenssatzung öffentlich bekannt gemacht. Am 17.3. des Folgejahres will die Aufsichtsbehörde gegen den Ratsbeschluss vorgehen.
In diesem Fall sind die Verstöße der fehlerhaften Einberufung (§ 47 Abs. 1 GO), der nicht erfolgten öffentlichen Bekanntmachung von Zeit, Ort und Tagesordnung (§ 48 Abs. 1 S. 4 GO), der erheblichen Mitwirkung Befangener (§ 43 Abs. 2 i.V.m. § 31 Abs. 1 GO) gemäß § 7 Abs. 6 S. 1 Hs. 1 GO unbeachtlich, weil seit der Verkündung ein Jahr vergangen ist, ohne dass dies gegenüber der Gemeinde gerügt worden ist. Aufgrund des Verstoßes gegen das nach § 115 GO vorgeschriebene Anzeigeverfahren kann allerdings die Aufsichtsbehörde weiterhin gegen den Satzungsbeschluss aufsichtsrechtlich einschreiten (§ 7 Abs. 6 S. 1 Hs. 2 Buchstabe a GO).
Bitte lesen Sie die im Überschneidungsbereich der Prüfungsfächer Kommunalrecht und Baurecht wichtige Vorschrift des § 214 BauGB.
Infolge spezialgesetzlicher Grundlagen können bestimmte weitere Rechtsverstöße ausnahmsweise unbeachtlich sein (vgl. die in der Praxis wichtige Ausnahme des § 214 BauGB).
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