Читать книгу Ich will leben, lieben und geliebt werden - Franz Ruppert - Страница 18
Оглавление13. Wir und Ich
Ich fühle mich in einer Gemeinschaft, der ich qua Geburt oder später im Leben aus freiem Entschluss angehöre, umso wohler, je mehr ich in dieser Gemeinschaft geliebt werde und sein kann, wie ich bin. Ich bin dann gerne bereit, meine Fähigkeiten und Talente in diese Gemeinschaft einzubringen. Ich helfe ihr, sich weiterzuentwickeln und Fehlentwicklungen zu korrigieren. Jeder Mensch kann ein Impulsgeber für die Entwicklung eines anderen Menschen sein.
„NORMOPATHIE“
Verhindert eine Gemeinschaft meine Ich-Bildung und untergräbt die Ausbildung meines freien Willens, so besteht die Tendenz, dass ich mich blind an die Gruppennormen anpasse und nicht dazu in der Lage bin, diese kritisch zu hinterfragen. In solchen Gemeinschaften kann es leicht dazu kommen, dass alle etwas gutheißen, was in Wahrheit verkehrt und schädlich für jeden Einzelnen ist. Hans Joachim Maaz hat dafür den Begriff der „Normopathie“ geprägt: Was an gesellschaftlichen Prozessen abläuft ist zwar durch und durch krank, aber keiner merkt es.22
KONKURRENZ UND RASSISMUS
In normopathischen Gruppen herrscht die Meinung vor, dass „Wir“ bessere Menschen sind als „die Anderen“, die zu einer anderen Familie, Stadt, Nation etc. gehören. Innerhalb solch scheinbarer Einheiten herrscht keinesfalls Konsens, sondern es finden fortlaufend Konkurrenzveranstaltungen, Machtkämpfe und Spaltungen statt. Will man eine solche Kampf-Gemeinschaft noch weiter spalten, so verwendet man am besten eine Trennlinie zwischen denen, die dazugehören dürfen und denen, die auszugrenzen sind. Das können „die Ausländer“, „die Asylanten“, „die Juden“, „die Rechtsradikalen“, „die Russen“, „die Terroristen“, „die Schwarzen“, „die Schwulen“, „die Ungeimpften“ etc. sein. Die Anlässe für rassistischen Unterscheidungen, wer als richtig und wer als falsch gilt, sind vielfältig und beliebig.
Sozialpsychologische Experimente zeigen eindrücklich, dass sich Menschen leicht dazu verführen lassen, andere abzuwerten und sogar zu hassen, wenn ihnen eingeredet wird, sie seien etwas Besseres und anderen überlegen. Es genügt bereits, Menschen mit brauner Augenfarbe zu erzählen, sie seien denen, mit blauen Augen überlegen oder umgekehrt.23 Schon beginnen sie, andere Menschen abzuwerten, aggressiv zu werden und sich in Täter-Opfer-Dynamiken zu verstricken.
22 Maaz, H. J. (2018). Das falsche Leben. Ursachen und Folgen unserer normapathischen Gesellschaft.
München: C.H. Beck Verlag.