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Profis am Werk

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Die kriminellen Karrieren der Brüder nahmen so richtig Fahrt auf, als sie sich ihrem liebsten Interessensgebiet widmeten: Autodiebstahl. Überall in Berlin stahlen sie Autos, deren Kennzeichen und Aussehen sie veränderten und die sie dann weiterverkauften. Der Polizei war klar, wer hinter den Diebstählen steckte, doch gelang es ihr nie, Beweise gegen die Brüder zu finden. Denn das Triumvirat bediente sich einer sehr simplen Taktik – es stritt alles ab und engagierte die besten Anwälte als Verteidiger. Diese Taktik war bis zur Machtübernahme der Nazis 1933 erfolgreich, denn wie das von Heydrich und Himmler herausgegebene Monatsheft Kriminalistik in einer Abhandlung über den Sass-Fall schrieb, existierten damals „rechtliche Überlegungen“, „bürokratische Hindernisse“ und eine Presse, die die Brüder zu „Märtyrern“ verklärte. So etwas sollte es im Dritten Reich nicht geben! Doch schlugen die Brüder zunächst ab 1927 einen Weg ein, der zu ihrem speziellen Markenzeichen als Verbrecher werden sollte, den Weg der Tresorknackerei.

Das Ganze begann in der Filiale der Deutschen Bank Alt-Moabit 129. Die Bank lag nicht weit von der Wohnung der Brüder entfernt, weshalb sie von ihnen als ihr erstes 'Opfer' auserkoren wurde. Die angehenden Tresorknacker waren gründlich vorbereitet. Zunächst hatten sie sich schon 1926 bei der Firma Femholz einen Schneidbrenner besorgt, in dessen Gebrauch die Firma sie selbst einwies, nachdem die Brüder behauptet hatten, sie arbeiteten für den Schlüsseldienst Schumann. Femholz schöpfte keinerlei Verdacht und beauftragte sogar einen ihrer Ingenieure, den Brüdern zu zeigen, wie das Gerät funktionierte. Ein paar Tage später stahl die Sass-Clique 15 Gasflaschen aus einem Lager in Berlin-Schöneberg und experimentierte eine Zeit lang mit dem Schneidbrenner herum. Laut späterer polizeilicher Ermittlungen legten sie dabei großes Geschick und eine enorme Ausdauer an den Tag. Offenbar zeigten sie hier das Engagement, das sie während ihrer Schulzeit vermissen ließen, wofür ebenfalls spricht, dass sie sich den Grundriss der Bank beschafften und genauestens studierten; alles war bis ins kleinste Detail aufgezeichnet, und jede Schwäche in der Konstruktion des Hauses wurde markiert. Ins Gebäude zu gelangen war ein Kinderspiel für sie: Die Brüder mussten nur über eine Mauer klettern und durch ein Kellerfenster einsteigen, und schon waren sie dort, wo sich der Tresor der Bank befand.

Aber in einem Punkt hatten sie sich verrechnet – sie hatten nicht genug Gas für den Schneidbrenner dabei. Deshalb mussten sie den Keller ohne Beute verlassen, da die Panzertür erst halb aufgebrochen war.

Trotz des Fauxpas' waren die Brüder weit davon entfernt, den Mut sinken zu lassen, ganz im Gegenteil nahmen sie nun die Dresdner Bank am Savignyplatz in Berlin ins Visier. Wieder schafften sie es ohne große Probleme, in das Gebäude einzudringen. Während der Arbeit am Tresor bewiesen sie große Umsicht. So nahmen sie kein Wasser aus dem Hahn in dem Kellerraum, in dem der Tresor stand. Stattdessen holten sie Wasser aus einem etwas weiter entfernten Keller – beschwerlich, doch fürchteten sie, andernfalls könnte man ihr Tun entdecken. Die Brüder gingen davon aus, dass der Wasserverbrauch im Tresorkeller überwacht wurde. Ebenso sorgfältig gingen sie bei dem Versuch vor, den Tresor aufzubrechen, denn sie schnitten um die Alarmdrähte herum, die in direkter Nähe des Schlosses angebracht waren. Das einzige Problem in diesem Zusammenhang bestand darin, dass der Stahlpanzer an den Stellen, an denen sie ansetzten, besonders dick war. Daher gelang es ihnen nicht, die Geldschranktür bis zum Morgen zu knacken – und sie waren wieder gezwungen, das Gebäude unverrichteter Dinge zu verlassen. Immerhin räumten sie ordentlich auf, denn sie hatten vor, am nächsten Tag wiederzukommen – das berichtete Erich Sass im Rahmen eines Verhörs durch die deutsche Polizei 1939. Allerdings muss man bedenken, dass Erich viele seiner Geständnisse vermutlich unter Folter ablegte! Das Wachpersonal der Bank hatte jedoch bemerkt, was vor sich ging, und alarmierte die Polizei, die einige Beamte schickte, die sich die Nacht über in der Bank versteckten, da sie annahmen, die Brüder würden wieder auftauchen. Doch die hatten den Braten gerochen und hielten sich fern.

Als nächstes versuchten die Brüder ihr Glück mit dem Tresor der Direktion der Reichsbahn am Schöneberger Ufer 1-4. Mit großem Einfallsreichtum verschafften sie sich Zutritt zum Tresor, indem sie sich durch eine Wand im Erdgeschoss bohrten. Die Bohrarbeiten nahmen mehrere Wochen in Anspruch, in denen sie Putz und Dreck entfernen mussten, damit niemand etwas bemerkte. Die Löcher, die die Bohrmaschine hinterließ, deckten sie zu, sodass nicht zu sehen war, was vorging. Kurz vor dem endgültigen Durchbruch wurden sie allerdings von zwei Wachleuten entdeckt, die Hilfe herbeiriefen, doch den Brüdern glückte die Flucht.

Die unverbesserlichen Tresorknacker hatten weder bei ihren Einbrüchen in die Dresdner Bank in der Budapester Straße noch bei der Firma König und der Oberfinanzkasse das Glück auf ihrer Seite – und das, obwohl sie sich jedes Mal sehr geschickt anstellten. Tatsächlich scheiterten sie nur an der Benutzung des Schneidbrenners, weil sie entweder befürchteten, an den falschen Stellen an- und den Alarm in Gang zu setzen oder weil ihnen schlicht und ergreifend das Gas ausging. Tatsächlich stahlen sie einmal sogar Gas, während sie dabei waren, einen Tresor aufzuschneiden. Eine imponierende Kaltblütigkeit! Im Januar 1929 waren die Brüder schließlich erfolgreich, ihnen glückte der große Coup!

Es ging um die Disconto-Gesellschaft, Kleiststraße 23. Wie immer war der Einbruch minutiös geplant: Der Tresor der Bank befand sich im Keller, dessen Türen aus Stahl und mit Alarmanlagen gesichert waren. Keine leichte Aufgabe! Versuchte man, die Türen mit dem Schneidbrenner aufzuschneiden oder die Schlösser mit einem Dietrich zu knacken, sprang der Alarm an und das Wachpersonal eilte herbei. Die Brüder umgingen das Risiko, indem sie in ein Nebengebäude der Bank eindrangen. Von einem Keller dieses Gebäudes verschafften sie sich Zutritt zu einem Lichtschacht, der in den Tresorkeller führte. Hier machten sie sich an die Arbeit, den Geldschrank zu öffnen und sorgten dafür, dass sie nicht gestört werden konnten, indem sie die Zugangstür mit Keilen blockierten. Alles in allem ein gut durchdachter Plan, der Insiderwissen aus der Bank voraussetzte – woher sie die notwendigen Informationen bekamen, wurde nie herausgefunden. Das galt im Übrigen für alle Tresor-Coups, die ihnen noch gelangen!

Im Gegensatz zu früheren Einbrüchen ging den Brüdern diesmal nicht das Gas aus, auch konnte ihnen niemand in die Quere kommen. So gelangten sie ans Ziel ihrer Träume. Sie knackten den Tresor und erbeuteten Goldbarren, Juwelen und reichlich Geld, alles in allem im Wert von 150.000 Reichsmark, was heute zirka 15 Millionen Kronen entspricht. Die Brüder verstauten ihre Beute in mitgebrachten Taschen und machten sich aus dem Staub. Sie waren jetzt reiche Leute, die sich um die Zukunft erst einmal keine Sorgen mehr machen mussten.

Die größten Kriminalfälle Skandinaviens - Teil 2

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