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2.1.7 Der Bildungskanon für die Unsicheren

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Bis in die Neuzeit wird Bildung angepriesen, damit Menschen eine weitere Leistung erbringen, statt frei atmen zu können. Neben der, ein guter Jurist oder Arzt zu sein soll er auch noch wissen, wer Shakespeare ist und was „to be or not tot be“ alles so bedeuten soll. In der Antike brauchte man als Redner gediegene Literaturkenntnisse, für die es einen Kanon (Liste der anerkannten Bücher) gab, damit man die Hörer nicht mit geistlosen Ausführungen zu banalen Tatsachen langweilt, sondern dem Redestil das gewisse Niveau gibt. Auch heute ist Bildung ohne Einblick in die Kulturgeschichte undenkbar. Es heißt: Heute wird einem gesagt, man werde ausgelacht, also sozial ausgegrenzt, was ja besonders weh tut, wenn man nicht weiß, was vor fünfhundert Jahren war. Vielleicht denkt man da aber lässiger als befürchtet. Vorkommen dürfte heute nicht mehr, dass das Kind Golo sich auf das sonntägliche Frühstück bei der Familie Mann mit Spickzetteln vorbereitet, die er auf seinem Knie versteckt, um der bürgerlichen Bildung seines Vaters gewachsen zu sein. Heute ist es längst so, dass man sich über den mokiert, der nicht wissen will, wer Gottschalk ist oder von einem Segelhörnchen statt einem Flughörnchen redet.

Die erstklassigen Naturfilme, die das Fernsehen heute anbietet, bilden durchaus, weil man das Verhalten der Tiere inzwischen recht gründlich studiert hat und die Kulturwelt des Menschen häufig unter diesem Vergleichsniveau zu bleiben scheint. Auf jeden Fall gibt es da aufschlussreiche Analogiegesetze, die schon der Verhaltensforscher Eibl-Eibesfeldt gesehen hat. Elementare Gebote des Weltethos haben ihren Ursprung in diesem Abschnitt der Evolution, der den Übergang zur menschlichen Gattung darstellt. Die heile, vorratsbetonte "Welt" des Eichhörnchens als Vorbild für das Sparkassenwesen in jedem Menschen. Die Metaphern wie "Tigersprung nach Agadir" oder eigentliche Ausdrücke wie "Bärenmütze" der britischen Leibgardisten signalisieren "bärenstark" und animalische Kraft. Es sind Ausdrücke für Qualitäten, in denen sich Tier und Mensch schon nicht mehr unterscheiden. Sie betonen deren Nähe, die sie für uns seit den Zeiten der Eiszeit nie ganz verloren haben. Der Staatschef von Südafrika, Jakob Zuma (2012) posiert im Leopardenfell, hat vier Frauen und 20 Kinder. Die eigenen und die fremden Totemtiere zu kennen war früher einmal auch eine Art Bildung mit sehr viel Notwendigkeit und wenig Freiheit. Schließlich die "Intelligenz" sozial lebender Tiere zu kennen, gehört sicher heute zum Allgemeinwissen, da es den Abstand zwischen Tier und Mensch zu verringern scheint. Auch wenn der Mensch nicht so leben möchte, die durchstrukturierte Welt der Tiere scheint ihn tief zu berühren, in der es geordneter zuzugehen scheint als in der eigenen Kultur. Unter dem Gesichtswinkel Ästhetik läuft Natur vollends außer Konkurrenz.

Allgemeinbildung in der Akademischen Welt

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