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17. WACHGESCHICHTEN

Die Ausbildung lief ohne Pause weiter und wurde in zwei Abschnitte wechselseitig aufgeteilt. Die eine Hälfte der Hundertschaft machte mit dem Unterricht weiter und die andere Hälfte begann mit ersten Wachperioden zur Sicherung des Polizeigeländes.

Diese Unterkunftswache wurde im 4-wöchigen Wechsel und im Schichtbetrieb geleistet. Es begann mit der Mittagschicht von 12.00 - 20.00 Uhr, am nächsten Tag von 06.00 - 12.00 Uhr und gleich anhängig die Nachtschicht von 20.00 - 06.00 Uhr. Danach hatte man zweieinhalb Tage Freizeit um wieder frisch gestärkt die kommende Mittagschicht anzutreten.

Die Aufgabe der jungen Polizeibeamten bestand darin, das Kasernengelände tagsüber und insbesondere in den Nächten intensiv zu sichern, um auf jede mögliche Art der Bedrohung adäquat reagieren zu können.

Nach diversen Kurzlehrgängen begann diese äußerst wichtige Tätigkeit.

Da eh kein Rechtsbrecher oder eine terroristische Vereinigung etwas von uns wollte, stellte sich nach kürzester Zeit gepflegte Langeweile unter den Dienst schiebenden Beamten ein.

Es gab zwei Wachbeamte, die am Haupteingang den Personenverkehr kontrollierten und noch sechs zusätzliche Beamte, die mit der Bestreifung des Geländes betraut waren. Besonders die Nachtstreife war mehr als ätzend. Stundenlanges Gehen im Kasernenbereich

bei jedem Wetter, Meldepunkte anlaufen und dem „BvD“ per Funk mitteilen. Nach einiger Zeit wurde die Routine immer größer und der Dienst immer langweiliger.

Es dauerte nicht lange und verschiedene Kollegen entwickelten diverse Gegenmaßnahmen, um der Langeweile zu entgehen und dem Ganzen irgendeinen Sinn zu geben.

Dieter Harck zum Beispiel, ein nach außen hin ganz ruhiger aber mit allen Wassern gewaschener Kollege aus Memmingen. Da ihm der Fußmarsch zu den verschiedenen

Meldepunkten zu mühsam war, fuhr er diese in der Nachtschicht mit seinem Privat-Pkw und seinem jeweiligen Streifenpartner an und meldete ordnungsgemäß per Funk.

Die daraus resultierende Zeitersparnis nutzte er, um sich seinem Hobby, dem Angeln, zu widmen.

Durch das Kasernengelände bahnte sich der Pollnbach seinen Weg. Ein kleines Flüsschen der sich durch Dachau schlängelte.

Dieter hatte ständig seine komplette Angelausrüstung griffbereit im Kofferraum und stand in voller Uniform, mit Mütze, Mantel, Maschinenpistole und Angelrute „bewaffnet“ am Uferrand. Er ließ seiner sportlichen Begeisterung freien Lauf. Sein damaliger Streifenpartner, German Deuthell, stand hoch konzentriert „Schmiere.“ Sie waren aber immer noch bereit, so glaubten sie, die Kaserne und deren Insassen bei einem eventuellen Übergriff jeglicher Art bis zur letzten Kugel verteidigen zu können.

Die gefangenen Fische übergaben sie nach Ende der Nachtschicht ordnungsgemäß dem Wachhabenden, Werner Lannig. Dieser verteilte anschließend, mit dem Hinweis auf vollkommene Verschwiegenheit, die „Jagdbeute“ an den Rest der Mannschaft zur geflissentlichen Verwertung.

Andere Fußstreifenmänner hatten sich in einem halb verfallenen alten Haus ein geheimes Matratzenlager eingerichtet. Dort konnten sie die Nachtschicht in Ruhe mit Lesen oder Schlafen verbringen.

Das Los entschied über den einen Kollegen, der die Meldepunkte anlaufen musste, für den Rest war Tiefenentspannung angesagt.

Es passierte aber auch einmal ein gefährlicher Vorfall im Raum des Wachhabenden.

Bei jedem Wechsel der Streife schrieb die Dienstanweisung zwingend vor, dass die dienstliche Pistole entladen und gesichert dem jeweiligen Nachfolger zu übergeben ist.

Unser Dachauer Harry nahm die Pistole aus dem Holster und zog den Verschluss der Waffe zurück. Nachdem die Patrone von diesem ausgeworfen wurde, lies er den Verschluss wieder vorschnappen und entnahm danach das Magazin.

Das hätte er in dieser Reihenfolge nicht so tun sollen.

Durch das Vorschnappen des Verschlusses und der nachfolgenden Entnahme des Magazins befand sich natürlich wieder eine Patrone in der Kammer und die Waffe war somit wieder geladen.

Der nichtsahnende Harry betätigte dann vor dem ablösenden Beamten, in diesem Fall Manfred Derringer, nur um sicher zu gehen das die Waffe auch wirklich leer war, den Abzug.

Der Schuss, der sich anschließend mit lautem Krachen löste, schlug genau zwischen den Füßen von Manfred in den Betonboden der Wachstube ein.

Werner Lannig reagierte sofort, sprang von seinem Stuhl und schlug dem völlig überraschten Harry die Waffe aus der Hand.

Manfred stand vollkommen ungerührt da und kommentierte den Vorfall mit den Worten: „Mei liaba Freint! Da wennst mi jetz troffa hättst, dann häst dir wahrscheinlich deine Finger bluadig gschriebn bei der anschließenden Stellungnahme.“

Er dachte nicht im Entferntesten daran, dass ihn die Kugel in irgendeiner Weise hätte verletzen können. Einem Ringkampfsportler aus Anger passiert so etwas nicht!

Harry wurde leichenblass und entschuldigte sich sichtlich geschockt mehrmals bei Manfred. Er versprach hochheilig, dass so etwas nie mehr wieder vorkommen würde.

Mit diesem Versprechen hatte er tatsächlich nicht gelogen. Ihm war vorher schon bewusst gewesen, dass der Polizeiberuf doch nicht die Erfüllung für ihn war. Nur kurze Zeit nach dem Vorfall kündigte er als zweiter den Polizeidienst und verließ die Hundertschaft. Wirklich schade, da er für mich ein sehr angenehmer Zeitgenosse war.

Meines Wissens ist er heute Deutsch- und Englischlehrer in Bangkok, Thailand.

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