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2. 01.03.1977, 08.00 Uhr, DIENSTBEGINN

Die Anreise mit der S-Bahn von meinem Wohnort in München Berg-am-Laim bis zum künftigen Arbeitsplatz in Dachau war für mich als ständigem Beifahrer im Auto des Vaters ein Horror. Ich stand die gesamte Fahrt in einem überfüllten Zugabteil mit übermüdeten und komisch riechenden Leuten.

Unmittelbar nach meiner Ankunft am S-Bahnhof Dachau um 07.50 Uhr bemerkte ich, dass mein Zeitmanagement komplett versagt hatte. Verdammt noch mal! Viel zu spät dran! Wie gibt’s das denn!!! Ein Panikanfall machte sich breit und ich bestellte mir mit Schnappatmung und den paar Mark, die ich von meinen Eltern für den Start erhalten hatte, ein Taxi.

Ankunft Polizeikaserne, Dachau, John-F.-Kennedy-Platz 1, 07.58 Uhr.

Ein kleines Wachgebäude mit zwei Schranken und dahinter eine breite Straße die in das Kasernengelände führte. In dem Gebäude befanden sich zwei Polizeibeamte wobei einer davon mit den Eingangskontrollen beauftragt war.

Die Antwort auf die Frage nach meinem Zielort, der 21. Ausbildungshundertschaft, lies mich im Schweiß baden. Der freundliche Beamte teilte mir in derb bayerischem Ton mit: „Spät dro ha! Da werst etz spitzn, des san fei ungefähr zwoa Kilometer bis dohi! Aba z`fuass!!“

Uhrzeit: 07.59 Uhr und ich rannte nach erhaltener Wegbeschreibung mit Höchstgeschwindigkeit los.

Uhrzeit: 08.08 Uhr Ankunft mit roter FC Bayern-Trainingstasche am Gebäude der Ausbildungshundertschaft.

An der Treppe zum Haupteingang kam mir ein circa 50-jähriger Polizeibeamter, mit etlichen silberfarbenen Sternen auf dem Kragen seiner Uniformjacke, entgegen. Er fragte mich ganz freundlich: „Ja Bub, wo kommst denn so spät noch her?“ Obwohl ich aufgrund meiner sportlichen Tätigkeit konditionell voll auf der Höhe war, stammelte ich ihm gegenüber, vor Aufregung völlig außer Atem und komplett nassgeschwitzt, den Grund für meine Verspätung und gleich im Anschluss noch irgendwie etwas von Dienstantritt und Ausbildungsbeginn um 08.00 Uhr.

Der sehr nette Beamte teilte mir mit, dass ich schnell in den Lehrsaal im 1. Stock laufen soll und alle anderen Neuankömmlinge schon da wären. Abschließend erklärte er mir noch den genauen Weg.

Mir fiel das Herz komplett in die Hose, nachdem ich oben angekommen, diesen Lehrsaal betrat.

Schätzungsweise vierzig junge Burschen starrten mich wie einen Außerirdischen an und ein leises, nicht zu verstehendes Raunen breitete sich im Raum, der einem Schulklassenzimmer sehr ähnlich sah, aus. Ein weiterer Polizeibeamter in Uniform, welcher offensichtlich mit den ersten einführenden Erläuterungen betraut war, zeigte sich sichtlich erleichtert und empfing mich mit den Worten: „Na Gott sei Dank, jetz is er endlich do, jetz kemma richtig ofanga!“

Mir wurde aus Mangel an Alternativen ein Platz in der letzten Reihe neben einem lustig ausschauenden, jungen Auszubildenden zugewiesen. Dessen leuchtende Augen verrieten schon beim ersten Blick, dass ihm der Schalk im Nacken sitzen würde. Er stellte sich kurz und leise mit „Servus, i bin da Willi Harritz aus Hausham“ vor.

Ich stellte mich ebenfalls vor und hatte keine Ahnung, dass das hier und jetzt der Beginn einer bis zum heutigen Tag bestehenden Freundschaft sein sollte. Hausham war mir damals noch völlig unbekannt, aber das sollte sich im Verlauf der nächsten Monate noch ändern.

Nach einem kurzen Verschnaufen legte sich die Aufregung. Puls, Atmung und Blutdruck normalisierten sich schnell und es war mir möglich, meine zukünftigen „Arbeitskollegen“ etwas näher zu betrachten.

Mir fiel auf, dass es ein ziemlich bunt gemischter „Haufen“ war. Groß, klein, dick, dünn, langhaarig, kurzhaarig und mir völlig fremdartige, schwer zu verstehende Dialekte, alles ganz wild durcheinander.

Nun stellte sich der genannte Polizeimann vorne am Rednerpult vor.

Es handelte sich hier um den sogenannten Innendienstleiter der 21. Polizeihundertschaft, Polizeihauptmeister Senner, zuständig für alle internen Dienstangelegenheiten. Er teilte uns in ruhigem, freundlichem Ton verschiedene zukünftige Abläufe mit und kündigte im

Anschluss den Hundertschaftsführer, den „Kompaniechef“, den Ersten Polizeihauptkommissar, Herrn Sattler, an.

Dieser trat mit stolz geschwellter Brust und mildem Lächeln in den Leersaal. Es war doch tatsächlich der freundliche Mann von dem Treppenaufgang und sein Blick traf mich, da war ich mir sicher, zuerst.

Er erklärte uns in seiner Rede einige grundlegende Dinge über die kommende Ausbildung. Wir Neuzugänge wurden in vier Gruppen mit jeweils zehn Mann eingeteilt. Diese Gruppen bildeten einen „Zug“ und drei Züge eine „Hundertschaft“. Herr Sattler stellte die Gruppenführer namentlich vor. Es erschienen vier mehr oder weniger sportlich aussehende Polizeibeamte mit grünen Punkten, offiziell „Rosetten“, an den Uniformkrägen.

Diese Menschen sollten für den kommenden Ausbildungsverlauf in Dachau für uns zuständig sein. Anschließend wurde uns der Zugführer, Herr Hauptkommissar Köpp, vorgestellt.

Eine stattliche Gestalt mit wachen Augen und einem hintergründigen Humor. Er war früher Amateurboxer und das sah man auch. Ein durchtrainierter und offensichtlich sehr polizeierfahrener Mittvierziger.

Nachträglich besehen vielleicht einer der besten Polizisten, den ich je kennenlernen durfte. Er führte „seinen“ Zug im Lauf der kommenden Monate immer mit Witz und Esprit und hatte zu jeder Zeit ein offenes Ohr für alle Belange der Auszubildenden.

Weiter ging es mit vielen langatmigen Erklärungen und Unterschriftsleistungen, auf die ich nicht näher eingehen möchte. Mein Nachbar Willi stöhnte angesichts des Aufwandes: “Ja schene Gaudi, wo bin i denn do hi kumma.“ Innerlich musste ich ihm erst mal beipflichten und die Euphorie hielt sich dementsprechend in Grenzen.

Nachdem dieser erste trockene Einführungsteil endlich vorüber war, stand die Unterkunftsbesichtigung an. Im Erdgeschoß befanden sich mehrere Büros für den Dienstbetrieb, im Keller diverse Lager und eine große Gemeinschaftsdusche. Im ersten Stock die Unterkünfte für die Auszubildenden und ein zusätzlicher Gemeinschaftsraum mit ungefähr zehn Waschbecken und Toiletten. Hinter dem Gebäude ein Parkplatz für die Privatfahrzeuge und eine große Freifläche die wir noch ausführlich kennenlernen sollten.

Ab dem Ausbildungsbeginn trat eine sogenannte Residenzpflicht in Kraft. Es bedeutete, dass das Kasernengebäude von nun an der Hauptwohnsitz mit offizieller Anmeldung in der Gemeinde Dachau war.

Die Zimmer waren Räume für maximal sechs Personen mit annähernd dreißig Quadratmetern Größe und sehr spartanisch eingerichtet.

An drei Wänden standen jeweils Etagenbetten. Ein Auszubildender konnte oben, der andere unten liegen. Der vorhandene Bettbezug sehr schön blau-weiß kariert in bayerischem Stil und begleitend dazu eine „kuschelige“ alte Rosshaardecke mit schwarzem Aufdruck „Bayerische Bereitschaftspolizei“.

Für jeden der sechs Insassen war noch ein alter brauner Kleiderschrank vorhanden. Ein großer viereckiger Gemeinschaftstisch mit unbequemen Holzstühlen stand in der Mitte des

Raumes. Ein laut brummender weißer Kühlschrank sowie ein offensichtlich historisches Röhren-Fernsehgerät mit schwarz-weiß Empfang und Zimmerantenne „krönten“ die Einrichtung. Mit Staunen und ehrfürchtigem Schweigen betraten meine künftigen fünf Mitstreiter und ich noch ganz schüchtern diese „behagliche“ Räumlichkeit mit der Nummer 114.

Das Zimmer an sich ging für das verwöhnte Einzelkind aus München in Richtung Zumutung. Aber egal, jetzt war das für die kommende Zeit sowieso nicht mehr zu ändern.

Optimistisch stimmte mich die Tatsache, dass meine fünf Mitbewohner allesamt einen sehr sympathischen Eindruck machten.

Es handelte sich im Einzelnen um den Walter (1) Besöll aus Lindau, den Sigi Berdoman aus Ottobrunn, den Engelbert Hittmann aus Wasserburg, den Walter(2) Backer aus Illertissen sowie den Harry Mackwiller, dem Einzigen, der direkt aus Dachau war.

Im Lauf der nächsten Wochen kristallisierte sich heraus, dass Walter (1), er war der Stubenälteste, der „Vater“ des Zimmers war. Ein hilfreicher und äußerst sympathischer Mitbewohner. Der Sigi war unser kleiner netter Luftikus, der keiner Fliege etwas zuleide tun konnte. Der Engelbert unser beliebter Pedant, da mussten Aussehen, Bett und Schrank zu hundert Prozent exakt stimmen. Walter (2), der immer etwas müde wirkende und leicht übergewichtige „Kuschelbär“ sowie der Harry, einer der letzten Hippies von Dachau.

Er besaß die beneidenswerte Fähigkeit, später während der jeweils 10-minütigen Pausen zwischen den Unterrichtsstunden im Zimmer stehend schlafen zu können. Er stellte sich neben das Etagenbett, lehnte seinen Kopf gegen die obere Matratze und schlief sogleich, ohne umzufallen, tief und fest ein. Spektakulär! Zum Pausenende wurde er jedes Mal von uns geweckt und setzte den Unterricht vollkommen erfrischt bis zur nächsten Pause fort.

Insgesamt eine Gemeinschaft die von Anfang an wirklich passte. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass es im Lauf der Zeit einmal Streit oder ähnliches gegeben hat.

Nachdem sich die Zimmerbesatzung schon etwas beschnuppert und die Liegeverhältnisse geklärt, Harry und ich teilten uns ein Etagenbett, sowie die Zuteilung der Schränke geregelt war, folgte der nächste Schritt. Das Einkleiden in der polizeieigenen Bekleidungskammer.

Ein Meilenstein für alle jungen Polizeianfänger, die erste Uniform !!!!!!!

Wir marschierten zusammen im sogenannten „geschlossenen Zugverband“. Alle Neuankömmlinge zu Fuß und erstmals schon in Reih und Glied, aber noch in Zivilkleidung, zu dem ungefähr fünfhundert Meter entfernten Gebäude.

Dort angekommen wurden wir von dem routinierten Personal der Polizeischneiderei vermessen. Wir erhielten aus den vorhandenen Beständen unsere komplette Uniform. Über die Passform decke ich hier schon mal den Mantel des Schweigens. So gutsitzend war die Uniform trotz des professionellen Ausmessens nämlich nicht.

Gegen Unterschrift gab es folgende Ausstattung:

Eine 1a Garnitur:

Jacke und Hose in einer wunderbaren Stoff-Ausführung für besondere

Anlässe.

Zusätzlich zwei Garnituren für den täglichen Dienstgebrauch, wobei eine aus Filzstoff genäht (Modell „Zuckersack“) war. Anmerkung: Der Filzstoff war ein Wahnsinn! Nach kurzer Tragezeit war die Hose dermaßen geweitet, dass wenn man durch einen Türrahmen ging, zuerst die ausgebeulten

Knie der tragenden Person sichtbar waren, dann lange nichts und anschließend der Rest des Uniformträgers. Also wer diesen Stoff wohl erfunden hat?

Die Uniform war farbentechnisch durchgängig in unauffälligem Grün gehalten.

Weiter ging es mit Diensthemden (hellblau), Mützen, Krawatten, Gürtel, Handschuhe, Mantel und sogar Socken, weiß (Sport) und braun (Uniform).

Sportbekleidung in Form eines grünen Trainingsanzuges aus Baumwolle mit blauen Applikationen incl. einer unglaublich „schönen“ grünblauen Polizeibadehose mit bayerischem Wappen sowie herrlichen Sportschuhen der Marke Lico.

Zusätzlich diverse Halbschuhe in schwarz, passend zur Uniform. Dazu schwere Stiefel für das Gelände,

einem grauen Einsatzoverall, zusammen mit einem Stahlhelm und einer Gasmaske mit dazugehörigem Filter.

Abschließend Gummischlagstock, Handschellen, eine kurze und lange Tragevorrichtung für die kommende Dienstwaffe, kurz „Holster“ genannt sowie eine billige alte Feldflasche mit Blechteller und Blechbesteck.

Nach dem Einkleiden ging es schwer beladen zurück zur Unterkunft und man fühlte sich in Anbetracht der erhaltenen Sachen schon ein bisschen wie ein richtiger Polizist. Es sollte bis dahin noch ein weiter Weg werden, aber das war mir in der momentanen Situation beileibe noch nicht so recht bewusst.

Eine Uniform alleine macht eben noch keinen Polizeibeamten aus!

Mir fiel gleich an meinem neben mir gehenden Banknachbarn Willi aus Hausham auf, dass er immer leicht humpelte. Auf Nachfrage erklärte er mir, dass er seit längerem schon Kniebeschwerden haben würde. Diese waren aber kein Grund für eine Nichteinstellung gewesen und somit kein weiteres Problem.

Das sollte sich aber im Verlauf der Ausbildung noch gewaltig ändern.

Nachdem wir unsere erhaltenen Kleidungsstücke und die anderen Utensilien nach lautstarker Anweisung der Gruppenführer auf penibelste Art und Weise in die Zimmerschränke eingeräumt hatten, war die Zeit danach zur freien Verfügung. Der nächste Tag war als offizieller Start in den Polizeiberuf vorgesehen und sollte, für mich damals noch mitten in der Nacht, um 07.00 Uhr beginnen.

Schon beim Einräumen der Schränke herrschte dieser eigenartige laute Befehlston seitens der Ausbilder. Dieser sollte sich in den nächsten Wochen und Monaten fortsetzen. Ich hatte irgendwie das Gefühl, bei der Bundeswehr gelandet zu sein.

Die Zeit verging mit gegenseitigem Kennenlernen, Mutmaßungen über den Ausbildungsverlauf, dies und das und alles Mögliche. Einige Kollegen wurden von den Gruppenführern noch angewiesen, schnellstens einen Friseur aufzusuchen. Deren offensichtlich viel zu lange Haartracht musste zwingend der Arbeitskleidung, sprich Uniform, angepasst werden. Spruch: „Die Zeit des Mädchenseins ist jetzt vorbei, ihr werdet jetzt richtige, sauber aussehende Mannsbilder und mit einem korrekten Haarschnitt ist schon mal der erste Schritt getan!“

Zwischen Haaransatz und dienstlichem Hemdkragen war ein Abstand von exakt zwei Zentimetern vorgeschrieben. Dieser wurde auch nach dem Friseurbesuch akribisch kontrolliert.

Ich ging mit meinen Zimmerkollegen gut gelaunt, unser Haaransatz stimmte zum damaligen Zeitpunkt schon, zum Essen in die Polizeikantine. Dort war es möglich, sich gegen Bezahlung von 09.00 - 22.00 Uhr nahrungsmitteltechnisch zu versorgen. Die Kantine wurde von einem privaten Gaststättenbetreiber geführt. Angrenzend daran der große Speisesaal für die Verpflegung von zweihundert Bediensteten. Die Essensausgaben fanden jeweils am Morgen, Mittag sowie am Abend statt. Die „Bezahlung“ erfolgte mit Essensmarken, die vom Freistaat Bayern für seine Beamten kostenlos zur Verfügung gestellt wurden.

Frisch gestärkt ging es später zu Fuß weiter zur Besichtigung des gesamten Kasernenareals.

Das ganze Gelände bestach mit einer beeindruckenden Größe. Es gab einen Fußballplatz mit einer Laufbahn, eine Sporthalle mit Kraftraum sowie mehrere große Hallen, in denen die Dienstfahrzeuge und die dazugehörigen Werkstätten untergebracht waren. Weiterhin noch mehrere Verwaltungsgebäude, andere Lehrgebäude sowie eine eigene moderne Krankenabteilung.

An der Westseite befand sich angrenzend ein 18-Loch-Golfplatz der vormals stationierten US-Streitkräfte. An der Ostseite die Gedenkstätte des ehemaligen Konzentrationslagers Dachau aus der Nazi-Zeit. Da man ja wusste, was sich dort abgespielt hatte, war es für mich ein sehr beeindruckender und trauriger Moment, diese Örtlichkeit im Original zu sehen.

Gegen 22.00 Uhr fiel ich ziemlich müde in mein neues Bett, nachdem dies von mir jungem Bürschchen zum ersten Mal selbst bezogen worden war. Die genaue Anleitung hierfür gab es vorher in erneut lautem Befehlston von den Ausbildungsbeamten.

Ich war mit meinen Mitbewohnern und der ganzen Situation einigermaßen zufrieden und schlief friedlich ein.

Der erste offizielle Ausbildungstag begann mit Wecken um 06.00 Uhr durch einen Beamten des Stammpersonals. Dieser pfiff lautstark und mehrmals mit einer Trillerpfeife und schrie zusätzlich noch „Kompanie aaaaaauuuuuuuffffffstehn!!!“ Oh mein Gott, ich wusste zuerst nicht, wo ich war und warum ich eigentlich hier bin. Aber ganz schnell wurde mir bewusst! Ich werde ja Polizist und jetzt weht ein ganz anderer Wind!

Zur Morgenwäsche ging es eilig in den großen Gemeinschaftswaschraum, der bereits stark frequentiert war. Kurz danach standen wir das erste Mal in Uniform, geschniegelt und gestriegelt, zur morgendlichen Versammlung auf dem Vorplatz des Kasernengebäudes. Was wir anzuziehen hatten, wurde uns noch am Tag vorher von den Gruppenführern vorgegeben.

Die morgendliche Wäsche fiel immer relativ kurz aus und wurde von einem Kollegen die „sibirische Punktwäsche“ getauft. Es handelte es sich dabei um eine für den Dienst völlig ausreichende „Schnellwäsche“ der wichtigsten Körperteile.

Vermerk:

Nach der Grundausbildung hörte sich das Gepfeife frühmorgens Gott sei Dank auf. Wir waren von da an für das Wecken und das Aufstehen selbst verantwortlich. Um die Schlafphasen morgens um ein paar wenige Minuten verlängern zu können und Zeit zu gewinnen, hielten wir uns aber nach wie vor an die „sibirische Punktwäsche“.

Die ausführliche Körperpflege stand erst abends vor dem „Ausrücken ins Nachtleben“ auf dem Programm.

Jetzt ging es also los!!!!

Die nachfolgende Zeremonie, die von nun an jeden Morgen und um Punkt 07.00 Uhr stattfinden sollte, nannte man dienstlich den Morgenappell, leger hieß es „das Antreten“.

Vierzig, zum Teil sehr blasse zukünftige Staatsdiener, standen nun nach lautstarker Anweisung sauber aufgereiht da. Sie erwarteten neugierig die Morgenansprachen der Vorgesetzten für den Tag. Die Gruppenführer meldeten dem Zugführer und der anschließend dem Chef der Hundertschaft lautstark: „Erster Zug der 21. Hundertschaft vollzählig zum Appell angetreten!!!“

Dieser bedankte sich schneidig und hielt seine tägliche „Morgenpredigt“.

Insgesamt befanden sich nun auf dem Vorplatz achtzig Polizeischüler perfekt in Reih und Glied.

Es waren noch weitere vierzig Mitstreiter in der Hundertschaft, welche uns in der Ausbildung ein Jahr voraus waren. Sie hatten einen anderen Tagesablauf und machten auf uns schon einen ziemlich routinierten Eindruck. Sie befanden sich alle im Rang eines Polizeioberwachtmeisters. Erkennbar an einem kleinen silberfarbenen Blechstreifen jeweils rechts und links auf dem Jackenkragen.

Fachmännisch ausgedrückt handelte es sich hier um einen „Kragenspiegel“ mit dem sogenannten „Hoffnungsbalken“, da der Auszubildende in der Hoffnung war, die anstehende Polizeiprüfung zu bestehen.

Unser Dienstrang war der eines Polizeiwachtmeisters und eigentlich noch gar nichts. Der „Kragenspiegel“ leer und komplett ohne Rangabzeichen.

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