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3. 1.AUSBILDUNGSSTUFE

Wir starteten in die dreimonatige Grundausbildung, im Nachhinein ähnlich der bei der Deutschen Bundeswehr.

Ich hatte noch keine klare Vorstellung, was da auf mich zu kommt und erwartete mit Interesse die anstehenden Aufgaben.

Unser Gruppenführer hieß mit Namen Otto Hertle und war offensichtlich ein erfahrener Polizeibeamter im Alter von circa dreißig Jahren im Rang eines Polizeiobermeisters. Er erklärte in kurzen knappen Worten, dass jetzt der Ernst des Lebens beginnt. Er würde bei seinen Anordnungen keinerlei Widerspruch dulden und wir könnten durch ihn, das eigene Engagement natürlich vorausgesetzt, tadellose Staatsdiener werden.

Die erste Herausforderung war: Wie grüße ich richtig! Diese Respektsbezeugung wäre von äußerster Wichtigkeit, da man ja im Kasernenareal oder auch im Einsatz den einen oder anderen hochrangigen Polizisten sehen würde. Dabei war ein korrekter Gruß zwingend vorgegeben.

Ich dachte mir schon, dass dies nicht mit einem „Grüß Gott“ oder „Servus“ oder womöglich einem freundlichen „Hallo“ abgetan wäre, aber dass es so schlimm sein würde, habe ich nicht für möglich gehalten. Wir marschierten erstmalig zu dem freien Platz hinter dem Ausbildungsgebäude.

Dort empfingen wir die ersten Instruktionen zur richtigen Ausführung. Im Anschluss ging es sofort los mit den praktischen Übungen.

Die rechte Hand und deren Finger ausgestreckt am Schirm der wunderschönen Polizeimütze, dementsprechend der Ellenbogen abgewinkelt, ging es im Stechschritt mit durchgedrückten Knien, mit ernstem Gesichtsausdruck und mit ständigem Augenkontakt wortlos an der zu grüßenden Person, in diesem Fall Gruppenführer Hertle, vorbei. Diese „schwierige“ Übung musste jeder einzeln über sich ergehen lassen. Immer und immer wieder, stundenlang!!

Das dabei den beteiligten Kollegen und auch mir natürlich der eine oder andere Lacher rausrutschte, wurde mit der lauten Aufforderung „nach vorne weg marsch marsch!“ vom Gruppenführer sofort geahndet. Nicht der Grüßende, sondern der oder die Lacher mussten nun rennen was das Zeug hielt, bis der Ruf „volle Deckung!“ kam. Der Lauf war dann zwingend durch sofortiges Hinfallen bäuchlings auf den Boden zu beenden.

Nachdem man sich wieder hochgerappelt, die „volle Deckung“ aufgegeben und seine Uniform dementsprechend gesäubert hatte, durfte man in den „Schoß“ der Gruppe zurückkehren.

Man glaube mir, wir liefen und fielen ziemlich oft im Verlauf der gesamten Grundausbildung.

Ich erinnere mich noch an den außerordentlichen Kollegen Wolfgang Siedend aus München. Eine Gestalt, etwa 190 cm groß bei ungefähr 40 kg Lebendgewicht. Wolfgang hatte seinen langen Dienstmantel an und den Gürtel körperbedingt dermaßen eng geschnallt, dass der Mantel in Form eines Schwammerls (hochdeutsch: “Pilz“) nach unten aufgegangen war. Im krassen Gegensatz dazu seine spinnendünnen Beine und Riesenfüße mit geschätzter Schuhgröße 54. So ging er mit nach innen gebogenen Fingern an der Mütze mit todernster Miene und auffälligem Pendelgang am Gruppenführer vorbei. Ein Anblick, der mir heute noch nachträglich die Lachtränen ins Gesicht treibt.

Aber nicht nur das Grüßen musste gelernt werden, sondern auch das Marschieren im Gruppenverband und dazugehörig: Links um, rechts um, stillgestanden, habacht, rührt euch!

Irgendwie konnte ich das ganze Getue noch gar nicht mit dem Polizeiberuf in Verbindung bringen.

Einige Kollegen, die Ausbilder brüllten sie mit dem Ausdruck „Passgänger“ an, waren anfänglich nicht imstande, beim Marschieren im Zugverband die Schrittfolge einzuhalten. Das hatte zur Folge, dass sie ständig aus dem Tritt kamen und die restlichen nachfolgenden Jungpolizisten ebenso.

Ein stolpernder Haufen zukünftiger Staatsdiener. Ein Bild für Götter!

Der oder die Passgänger hörten dann gleichermaßen das schon bekannte „nach vorne weg marsch marsch!“ und alles Weitere wie beschrieben.

Ein Wahnsinn! Vor allen Dingen, weil sich dieser ungewohnte Ausbildungsabschnitt über mehrere Tage hinzog. Wenn das so weitergeht, na bravo!

Gott sei Dank waren wir schlussendlich alle imstande, perfekt zu Grüßen, schnell davon zu laufen, zu Boden zu stürzen, wieder aufzustehen und wunderbar zu marschieren.

Jeweils nach Beendigung dieser Außenübungen standen die Intensivreinigung der Uniform, der Schuhe und des kompletten Zimmers, inclusive Schränke und Betten, auf dem Programm. Also alles unglaublich wichtige Dinge, die einen jungen Polizeibeamten anscheinend zunächst einmal ausmachten. Die genaue Vorgehensweise wurde vom Gruppenführer in erneut strengem Befehlston erläutert.

Im Allgemeinen waren solche Reinigungen von einer schier unglaublichen Wichtigkeit.

Da wir unter der Woche in der Unterkunft wohnten und nur am Wochenende nach Hause fahren durften, gab es Freitagnachmittag den sogenannten Stubenappell. Die Gruppenführer kontrollierten die Sauberkeit der Schränke, deren Inhalt und die Zimmer im Allgemeinen. Es bedeutete, dass der Boden feucht gewischt, die Fenster geputzt und das Bett millimetergenau gefaltet sein musste. Wurde nur die geringste Unregelmäßigkeit gefunden erfolgte eine diesbezügliche Nacharbeit. Was unsauber war, bestimmten die Herren Gruppenführer. Dazu der saudumme Spruch: „Sehen Sie mich aufgrund des Staubes noch oder erkennen Sie mich nur an meiner Stimme!“

Die Willkür des Gruppenführers entschied im Endeffekt, wer heimfahren durfte und wer nicht. Es kam nicht selten vor, dass Kollegen aufgrund dessen nicht zum offiziellen Ende um 15.00 Uhr, sondern erst Stunden später ihre Heimfahrt antreten konnten.

Disziplin will gelernt sein!

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