Читать книгу Blaulichtgschichten - Gerhard Gruber - Страница 7
Оглавление1. WIE ALLES BEGANN
Ich war der 16-jährige Sohn des Ehepaares Karl und Elisabeth Gruber aus München. Mein Vater seines Zeichens Polizeibeamter, meine Mutter Verkäuferin in einem Supermarkt. Wohl behütet aufgewachsen und ausnahmslos Interesse am Fußballsport als aktiver Jugendspieler des FC Bayern München.
Meinen Schulabschluss absolvierte ich Anfang August 1976.
Die Schule hast du lang besucht, hast dich gequält und oft geflucht, doch dieses Leiden ist vorbei, vom Schulstress bist du endlich frei!!
Weise Worte! Doch wie sollte es nun weitergehen? Nicht die geringste Ahnung!
Ich genoss jetzt erst einmal die erlangte „Freiheit“, fühlte mich pudelwohl in meiner neuen Rolle und dachte zunächst nicht im Traum daran, diesen Zustand zu ändern.
Im Lauf der Zeit begann ich aber, meinen Eltern als arbeitsloser Schulabgänger langsam auf die Nerven zu gehen und finanziell auf der Tasche zu liegen. Mein Vater meinte diesbezüglich, ob ich mir eigentlich schon irgendwann einmal Gedanken hinsichtlich einer Berufsausbildung gemacht hätte.
Da mir so etwas Ungeheuerliches bis dato überhaupt nicht in den Sinn gekommen war, musste ich seine Anfrage vehement verneinen.
Er begann daraufhin eigenmächtig, freie Ausbildungsplätze zu sondieren, wo der „Möchtegernfußballprofi“ außerhalb seiner sportlichen Tätigkeit zum Einsatz kommen und den Einstieg in das „wahre Leben“ finden könnte.
Seine erste „gute Tat“ war eine Terminvereinbarung mit einer kompletten Bewerbung zum Energieanlagentechniker bei einem namhaften deutschen Betrieb in München. Dies geschah im Vorfeld ohne mein Wissen und überraschte mich völlig unvorbereitet.
Anfang November 1976, an einem Montag, hatte ich mich in dieser Firma einzufinden. Mein Vater fuhr mich persönlich mit dem Auto zu dem Termin und stellte dadurch mein pünktliches Erscheinen sicher. Nachdem er mich abgesetzt hatte, betrat ich mit großem Widerwillen das riesige Firmengebäude.
Es hielten sich überschlägig ungefähr hundert interessierte oder auch nicht interessierte (wie mich) junge Burschen in der dortigen Empfangshalle auf. In Anbetracht der gewaltigen Anzahl wurde mir schon leicht übel. Die Übelkeit verstärkte sich zu meinem Leidwesen nach der Besichtigung der vermeintlich zukünftigen Arbeitsstätte und den langweiligen Erklärungen zur weiteren beruflichen Entwicklung.
Zu guter Letzt mussten die Bewerber einzeln vor einer Kommission, bestehend aus drei suspekten Managertypen mit väterlichem Lächeln, das Interesse an der Firma in Form von wichtigen Fragen an die Herrschaften bekunden.
Mir fiel nur die eine Frage ein: „Bitte! Wie komme ich eigentlich auf dem schnellsten Weg wieder nach Hause?“
Daraufhin erklärte man mir freundlich, aber bestimmt, den Fahrweg mit der S-Bahn zurück in die heimatlichen Gefilde. Ich konnte mich nach einer Verabschiedung endlich erleichtert auf den Heimweg machen.
Ganz ehrlich, die Firma war mit Sicherheit eine Top-Adresse und bot bestimmt einen sicheren Arbeitsplatz für einen jungen Menschen.
Für einen zukünftigen FC Bayern-Profi und kommenden Fußballnationalspieler Deutschlands war das natürlich vollkommen unter dessen Würde.
Zuhause angekommen warteten bereits mein neugieriger Vater und meine nicht minder neugierige Mutter. Ich gab ihnen bereitwillig Auskunft über den Tagesablauf, stellte fest, dass dieses hochinteressante Betätigungsfeld ja wunderbar gewesen wäre, letztendlich aber für mich aus verschiedenen Gründen wohl eher nicht in Frage kommen würde. Meine Meinung teilten offensichtlich auch die genannten Managertypen der Firma, da ich keinerlei Rückmeldung bezüglich einer möglichen Ausbildung erhalten hatte.
Nachdem sich meine Eltern mental einigermaßen gefangen hatten, kam nun vom Vater der nächste Vorschlag.
Ich sollte mir doch einmal Gedanken über eine Laufbahn bei der Bayerischen Polizei machen. Ich fiel innerlich aus allen Wolken und konnte mich damit erst einmal überhaupt nicht anfreunden.
Ich, der zukünftig beste Fußballer der Welt, ein Beamter, ein Sheriff, ein Schnittlauch, ein Bulle? Ja überhaupt nicht! Niemals!!
Meine Gefühle spielten verrückt und ich dachte zunächst über eine sofortige Flucht aus dem Elternhaus nach. Aber mein Vater war natürlich ein schlauer Diplomat. Er stellte mir in Aussicht, dass Spitzensportler, ich spielte ja schließlich nicht irgendwo, sondern in der Jugend-Bayernliga, bei der Bayerischen Polizei gefördert werden und in punkto Vereinsfußball nicht die geringsten Einschränkungen zu erwarten hätten. Außerdem wäre die Bezahlung, also das Gehalt, im Vergleich zu „normalen“ Auszubildenden exorbitant hoch.
Aha, wenn das so ist! Ich begann langsam aber sicher hellhörig zu werden.
Er erklärte mir begeistert die immensen zusätzlichen Vorteile des Beamtentums und kurz gesagt, die Bewerbung wurde, vollkommen überzeugt vom sportlichen und finanziellen Aspekt und zunächst nicht so sehr vom kommenden möglichen Aufgabengebiet, abgeschickt.
Am 02.12.1976 und 03.12.1976 absolvierte ich, zusammen mit dreißig anderen Bewerbern, einen umfangreichen Einstellungstest in der Münchner Abteilung der Bayerischen
Bereitschaftspolizei. Nach Ablauf der zwei Tage konnte ich diesen in jeder Beziehung erfolgreich abschließen. Anschließend wurde noch eine polizeiärztliche Untersuchung durchgeführt. Zu guter Letzt erfolgte ein persönliches Abschlussgespräch mit dem Leiter der Personalabteilung und dem Hinweis auf eine schriftliche Benachrichtigung im Falle der Einstellung.
Die nächsten Wochen vergingen ohne weitere zusätzliche Bewerbungen. Am 13.01.1977 war es dann so weit. Im Postkasten befand sich das entscheidende Schreiben. Der Brief wurde ganz aufgeregt von meinem Vater geöffnet.
Freudestrahlend und sichtlich erleichtert teilte er mir mit, dass ich eine Zusage bekommen habe und vom Freistaat Bayern eingestellt werde.
Ich erhielt einen Ausbildungsplatz zugewiesen und der Dienstbeginn wurde mit diesem offiziellen amtlichen Schreiben Nr. 31-76-17091959 bestätigt. Dieser würde am 01.03.1977 um 08.00 Uhr in der VI. Abteilung der Bayerischen Bereitschaftspolizei in Dachau erfolgen.
Irgendwie fühlte es sich richtig komisch an. Einerseits richtig stolz, diesen Ausbildungsplatz erreicht zu haben, andererseits die Gewissheit, dass die schöne Jugendzeit mit siebzehn Jahren jetzt endgültig vorbei sein wird.
Na ja, dann lass ich mich mal überraschen!
Zukünftiger Freund und Helfer im Staatsdienst!