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Ein verrückter Vermieter

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Im Frühling 1995 musste ich mir eine neue Wohnung suchen, weil mein bisheriger Vermieter mir den Mietvertrag kündigte. Diese Situation verdankte ich dem Bruder meiner Freundin. Ich half ihm sich in Deutschland einzurichten. Daher wohnte er eine Zeitlang bei mir. Hinter meinem Rücken hofierte er den Hausbesitzer. Er unterwarf sich ihm und erwarb sich seine Gunst. Um mich aus der Wohnung rauszuekeln, trickste er mich gemein aus. Obwohl ich den Bruder meiner Freundin viel unterstützte, war er mit seinem hinterlistigen Verhalten keine Ausnahme. Fast alle, die von mir Unterstützung erhielten, revanchierten sich bei mir gleichartig, und zwar zu meinem Nachteil. Ich musste diese Geschwister zurechtweisen und noch vor meinem Auszug aus der Wohnung verweisen, weil ich weder mit meiner Freundin noch mit ihrem Bruder mehr etwas zu tun haben wollte, da sie mich immer wieder schädigten.

Ich konnte diese komischen Situationen noch lange nicht begreifen, und bis dato verstehe ich sie nicht ganz. Ich half anderen, weil ich glaubte, dass man das so tun sollte. Ich hoffte etwas Dankbarkeit von ihnen zu erfahren, weil man eine solche Unterstützung einfach nicht vergisst. Ich verrechnete mich gewaltig in diesen Menschen. Trotz schwieriger Erfahrungen machte ich immer die gleichen Fehler, als ob ich nicht begriffen hätte, auf was für einer Welt ich lebte.

Einige Zeit nach meinem Auszug zog der Bruder meiner Freundin in diese Wohnung ein. Der Hausbesitzer bat mich darum, dass ich an dem neuen Mieter keine Rache nehmen sollte. Ich möchte gar nicht wissen welche Seilschaften und Geheimnisse den intelligenten, gut ausgebildeten Deutschen mittleren Alters mit dem jungen, unterwürfigen, nicht ausgebildeten aber rücksichtslosen Polen verbinden konnten.

Immer wieder, wenn ich jemanden unterstützte, schädigte ich gleichzeitig mich selbst, weil ich meine eigenen Interessen in den Hintergrund gerückt habe. Es schien so, als wenn ich die Gesetze der Natur verletzt hätte, indem ich einen Idealisten spielte, obwohl diese Welt keine edlen Werte kannte. Vielleicht betrachteten die meisten Leute aus meiner Umgebung meine edlen und selbstlosen Handlungen einfach als naiv. Vielleicht war ich in ihren Augen ein großer Trottel, der skrupellos ausgebeutet werden konnte. Oder vielleicht hatte ich Pech und verkehrte in Kreisen von Leuten, die mit Moral kaum etwas zu tun hatten.

Ich fand eine neue Wohnung im Norden von Stuttgart. Am Anfang sah das einstöckige Haus mit dem Garten ganz interessant aus. Ich sollte das Erdgeschoss zur Verfügung haben, und der Hausbesitzer sollte in der ersten Etage wohnen. Meine Freude trübte mein Schwager, der mir bei dem Umzug half, schnell. Schon seit einem Jahr gehörte er zur Pfingstgemeinde. Seitdem veränderte er sich radikal zum Besseren. Die Veränderungen zum Schlechteren standen zu jenem Zeitpunkt noch aus. Der Schwager schaute sich den Hausbesitzer genauer an, der in der Schweiz sein Kopf operiert worden war, und stellte fest, dass ich mit ihm definitiv nicht gut auskommen würde. Ich schaute Krzysztof an und merkte, dass er sich seiner Behauptung sicher war. Das beunruhigte mich ernsthaft. Ich weiß nicht, wieso er das ahnte. Noch zu diesem Zeitpunkt wurde er von einem relativ gutartigen Geist geführt. Seine Bemerkung wurde mir zu einer ungewollten Prophezeiung.

Meine Freundin, mit der ich noch in Kontakt blieb, weil sie sich stets um meine Gunst bemühte, trug am Ende des Tages indirekt dazu bei, dass ich zwei Wohnungen nacheinander verlor. In der Tat aber war mein Alkoholkonsum die Hauptursache für mein Missglück, weil wir zusammen tranken und zusammen Fehler begingen.

Eines Abends, als wir schon gut berauscht nach Hause kamen, ging meine Freundin nach oben zu dem schlafenden Hausbesitzer – aus welchen Gründen auch immer. Vielleicht gerade deshalb wurde ich aus der Wohnung verwiesen. Oder vielleicht suchte der Eigentümer nur eine Ausrede, um mich aus der Wohnung zu werfen, da er Probleme mit seinem Kopf hatte. Anscheinend war seine Kopfoperation in der Schweiz nicht vollständig erfolgreich gewesen und löste nicht all seine Probleme. Ohnehin schränkte er meine Mieterreichte ein. Dass ich das ganze Erdgeschoss zur Verfügung hatte, stand nur theoretisch auf dem Papier. Er war ein Besessener, weil er mich auf Schritt und Tritt kontrollierte.

Eines Tages, als ich besoffen nach Hause zurückkam, konnte ich nicht ins Haus rein. Ich konnte die Tür nicht aufmachen und zwar nicht, weil ich den Schlüssel nicht ins Schloss stecken konnte, sondern weil der andere Schlüssel von innen steckte. Die Frau des verrückten Vermieters teilte mir mit, dass ich hier nicht mehr wohnen dürfte, und zwar ohne einen bestimmten Grund. In diesem Fall wurden also die Grundrechte des Mieters verletzt. Ich tat dem Hausbesitzer doch nie etwas Schlimmes an. Dass ich ab und zu Alkohol trank, war meine Privatsache bzw. mein Problem. Niemand war von meiner Alkoholsucht betroffen, es sei denn, dass er mir im Weg stand. Wenn jemand aus welchen Gründen auch immer eine Angst vor mir hatte, hatte es nichts mit mir zu tun, und das war sein eigenes Problem. Wenn sich aber sein Problem auf mich auswirkte, wurde es auch zu meinem Problem, mit dem ich klarkommen musste.

Was blieb mir übrig, wenn ich nicht in meine Wohnung hineingelassen wurde? Ich bummelte durch das Viertel, um etwas auszunüchtern. Es war schon spät in der Nacht. Dann rief ich die Polizei, damit sie mir half in meine Wohnung zu kommen, damit ich mir zumindest meine Kreditkarte holen konnte. Wie sich herausstellte, war der verrückte Vermieter ein ehemaliger Polizist, weil er seine Dienstnummer angab, als er nach seinem Namen gefragt wurde. Das verwirrte die Gesetzeshüter etwas, und sie wollten schon nachgeben, weil der Verrückte keine Absicht hatte die Polizisten ins Haus zu lassen. Erst als ich ihren Ambitionen etwas schmeichelte, setzten sie ihre Dienstmützen auf und verlangten kategorisch in die Wohnung hineingelassen zu werden. Als ich schon drinnen war, dämmerte es mir, dass ich mich bei der Polizei für die Zusammenarbeit bedanken und dann ruhig schlafen gehen konnte. Schade, dass ich das nicht getan habe: Ich hätte dadurch das Gesetz nicht verletzt, und der Hausbesitzer hätte mir nichts antun können. Zu jenem Zeitpunkt kannte ich mich in dem deutschen Recht jedoch nicht allzu gut aus, aber die weiteren Wechselfälle meines Lebens ließen mich dieses Wissen nachholen. Nachdem ich mein wichtigstes Hab und Gut mitgenommen hatte, verbrachte ich die restlichen Nachtstunden auf den Parkbänken.

Früh am Morgen besuchte ich meine Freunde. Wir überlegten zusammen, wie ich aus dieser Schieflage herauskommen konnte. Die Wohnungssperre band mir die Hände. Anka, meine ehemalige Freundin, wollte mir helfen. Zu jenem Zeitpunkt war sie die Kandidatin für die Frau von Dragan – einem kleinen deutschen Unternehmer. Wie sich später herausstellte, brillierte er lediglich in Machenschaften und Konkursen. Anka gab mir die Adresse von Herrn Waldemar, der in solchen Angelegenheiten vermittelte. Ich muss zugeben, dass er um mein Anliegen sehr bemüht war und mir ein ganzes Stück half. Er kam auf die Idee, mit mir als seinem Kollegen vor Gericht zu gehen, weil er sich im deutschen Recht ganz gut auskannte. Seine Unterstützung führte dazu, dass der übermutige Hausbesitzer ein gerichtliches Schreiben erhielt. Er wurde auf diesem Wege dazu aufgefordert, mich unverzüglich in die Wohnung reinzulassen, und zwar unter Androhung einer Geldbuße in Höhe von 500 000 DM und einer sechsmonatigen Haftstrafe. Der Verrückte geriet in eine große Panik und stellte mir die Wohnung zur Verfügung. In einer solchen Atmosphäre wollte ich aber nicht mehr wohnen.

Ich suchte mir eine neue Unterkunft und fand sie mitten im Standzentrum von Stuttgart, an der Olgastraße. Dort kam ich für vier Jahre mit einer recht düsteren und total demoralisierten Unterwelt in Berührung. Dieser Ort prägte meine Persönlichkeit, weil ich dort am eigenen Leib peinlich erlebte, was es hieß in einer Großstadt zu wohnen. Wenn der Abend anbrach, schossen die Prostituierten auf der Straße wie Pilze nach dem Regen und ließen kriminelle Elemente aus ihrem Versteck kriechen. Ich widmete mich der Alkoholsucht und rückte dadurch immer weiter in die Sackgasse. Und Gelegenheiten zu verkommen gab es bei jedem Schritt.

Durch die Hölle in die Freiheit

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