Читать книгу HEAR 'EM ALL - Группа авторов - Страница 24

Оглавление
JUDAS PRIESTStained Class Erich Keller

[CBS, 1978]

Endlich war die Zeit der wallenden Gewänder vorbei! Ab jetzt wurde auf den Körper geschnitten, in Lack und Leder, mit Ketten und Nieten. Wie ein wütender Exorzismus kam der Punk über den Hardrock, trieb ihm den tranig gewordenen Blues aus, die Gemütlichkeit des Marihuanas, den falschen Zauber des Bombasts. Die Musik wurde radikal entschlackt, verschlankt, beschleunigt. Die Fans befreiten sich aus der opernhaften Konzertstarre, bald ging es wieder wilder zu auf den Konzerten. Die Musik wurde aus den politischen Kontexten der 1970er befreit, was sich auch in den Magazinen und Fanzines zeigt. Es entstand eine neue Fankultur, in der die Musik ganz im Zentrum stand. Überall kam Bewegung auf, es schossen neue Bands, Labels, Clubs aus dem Boden – die New Wave of British Heavy Metal war da, planierte ab 1979 einen anderen Weg in die 80er als Postpunk und New Wave. Macht Platz da, ihr alten Säcke, lautete das Motto, und inmitten dieser Drift, in der sich Hardrock zum Heavy Metal verwandelte, steht »Stained Class«. Die zwei Gitarrenstimmen K. K. Downings und Glenn Tipton schufen einen Sound, wie es ihn in dieser Klarheit zuvor nicht gegeben hat.

Rückblickend sei er mit der Produktion der Platte nicht ganz zufrieden, meinte Tipton in einem Interview, aber er wisse auch, dass dieser Sound die Platte ausmache. In der Tat ist es die etwas unglückliche Abmischung, die den Songs ihren flächigen Schliff und die gläserne Härte gibt. Die Instrumente sind, trotz der unglaublichen Heaviness der Riffs, eingemittet, es ist, als ob die Produktion sie unter Kontrolle halten wollte. Unwahrscheinlich elegant klingt das, aber auch bedrohlich und von einer roboterhaften Aggressivität, eingepeitscht und überwacht von der gebieterischen Stimme Rob Halfords: »Stand by for Exciter / Salvation is his task« – eine fordernde Dringlichkeit, vorangetrieben vom schnellen Doublebassspiel, das sich Motörhead gut merken würden. Ein Jahr später eröffnen auch sie ein Album mit einer rasenden Doublebass-Attacke: »Overkill«.

So hört man den Einfluss des Punk direkt und indirekt: Am gesteigerten Tempo und den kürzeren Songs auf der einen Seite – und dann ist da das sehr präzise, kontrollierte Gitarrenspiel, das sich deutlich vom Chaotischen und Ungebundenen des Punk abhebt. Genauso wie vom Wabernden, wie es etwa für Black Sabbaths Schaffen während der 70er charakteristisch ist.

Futuristisch auch die Covergestaltung mit dem androgynen Kopf, der aus flüssigem Metall sein könnte, durchstoßen von einer Lanze aus Licht. Dazu passte das neue Bandlogo; auf dem Vorgängeralbum »Sin After Sin« (1977) war es noch aus den typisch gebrochenen Lettern gestaltet, nun war es scharfkantig und abstrakt.

Einzig das Image fehlte noch. Auf der kurzen Japantour, mit der Judas Priest in Japan ihre neue Platte bewarben, waren sie noch in ihrem alten Outfit zu sehen, und Rob Halford blieb ganz dem Habitus seines großen Vorbilds David Bowie verhaftet. Auf dem nächsten Album, »Killing Machine« (in den USA wegen eines Schulmassakers mit Verzögerung als »Hell Bent For Leather« veröffentlicht), erinnerte nichts mehr daran. Mittlerweile hatte Halford sich in der Fetischabteilung eines Londoner Sexshops mit Lederkappe, Bullenpeitsche, Nietenbändern und Lederjacke ausstaffiert – und trug so, von den Fans lange unerkannt, die Ästhetik der schwulen Lack- und Lederszene in den Metal.

Erst 1998, zwanzig Jahre später, outete sich Rob Halford in einem TV-Interview als homosexuell. Leider sei das erst jetzt möglich, bedauerte er, da die Homophobie der 70er- und 80er-Jahre ein schwules Bekenntnis für den Sänger einer Heavy Metal-Band unmöglich gemacht hätte – auch dafür steht »Stained Class«, das erste Album auf dem Weg der Transformation des Hardrock zum Heavy Metal.

HEAR 'EM ALL

Подняться наверх