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AC/DCBack In Black Gerald Fricke

[Atlantic, 1980]

Die Legende von Bon Scott und seinem Heldentod (durch seine eigene Kotze) erfuhr ich auf Klassenfahrt zum Ski-Langlauf in den Harz. Wir fuhren mit einem grau-orangen Büssing, heute ein beliebter Museumsbus. Damals eine einzige vorpubertäre Hormonbombe. Der Harz ist ein majestätisches Mittelgebirge in Südost-Niedersachsen, in dem unsere Schule aus Braunschweig sogar eine eigene »Skihütte« unterhielt. 1981 sah es hier gewiss nicht sehr viel anders aus als 1951 oder 1971, wie uns unser kettenrauchender Sportlehrer erzählte, der auch schon eine Menge erlebt hatte. Wir fragten besser nicht nach.

Ich saß im Bus neben Ecki. Eine große politische und musikalische Freundschaft kündigte sich an. Ecki rechnete mir vor, wie viel Zerstörungskraft eine einzige Bombe eines amerikanischen Atom-U-Boots besaß. Die Umrechnungsformel dazu war Hiroshima. Eine einzige Bombe entsprach fünfzigmal Hiroshima. Es war unvorstellbar. Ich hörte nicht mehr hin, denn ich beobachtete, dass die Mädchen dabei waren, den Busfahrer zu bezirzen, damit er seine Schlagerparade durch die mitgebrachte Kompaktkassette »ABBA Arrival« ersetzen möge. Natürlich hatten sie Erfolg. Im Bus setzte eine allgemeine Neckerei Mädchen gegen Jungen ein, ABBA gegen – AC/DC. Pop gegen Hardrock! Die Jungs hatten kein leichtes Spiel, der Busfahrer entschied, wie ein Busfahrer eben entscheidet. Wir Jungs hielten uns theatralisch die Ohren zu. Aber mein neuer Welterklärer Ecki hatte seinen eigenen Kassettenrekorder mitgenommen. Er sollte auch später IMMER einen dabei haben. Und »Back In Black«, im Jahr zuvor erschienen. Ich war sofort im Thema, im düsteren Glockengeläut von »Hells Bells«. Ich wusste in diesem Moment, hier sollte der Soundtrack für meine nächste Schule, das althumanistische Gymnasium aus großer Wilheminischer Zeit, gespielt werden. Ecki und Angus Young zeigten mir schon mal vorsorglich, wie man zukünftig mit Busfahrern, Hausmeistern und Lehrern umzugehen hat.

Der höchste Berg im Harz war der Brocken, im Osten, mit kilometerweit sichtbaren großen Micky-Maus-Ohren versehen, mit dem der Warschauer Pakt unsere Gespräche abhörte. Das wusste jeder. Wir redeten manchmal Quatsch und riefen dann »Telefonstreich!«, aber später bekamen wir Angst. In der DDR mussten politische Gefangene IKEA-Möbel herstellen, das wussten wir – und, wer weiß, möglicherweise auch die Acht-Mann-Notbetten unserer Ski-Hütte. Wir Jungen spielten hier abends abwechselnd Auto-Quartett und AC/DC. Zu den Mädchen und ABBA gab es Kontaktsperre. Die Ski-Langlauftage waren unglaublich öde. Ich rettete mich mit meinen lautmalerischen Versionen von »Given The Dog A Bone« und »Shake A Leg« durch die Pisten. Ecki erzählte mir in den Pausen alles über Bon Scott, und seine Trauer, dass Brian Johnson aber ein würdiger Ersatz als Sänger sei, und dass Angus Young immer in seiner australischen Schuluniform auftreten würde, und am Ende jedes Konzertes die Hosen runterlasse, fuck off.

Endlich wieder zurück, »kopierte« ich mir die Kassette. Ich ging in den Keller, versuchte alle akustischen Störquellen ausfindig zu machen und präventiv still zu legen, hielt dann Eckis Nordmende-Kassettenrekorder, den ich mir geliehen hatte, an den Grundig-Kassettenrekorder meines Vaters, stellte den Grundig auf Rec und Pause, dann nach einem kurzen Teufelsgebet und drei schnellen Atemübungen den Nordmende langsam, andächtig und respektvoll auf Play, löste nur einen Sekundenbruchteil später mit dem anderen Zeigefinger die Pause-Handbremse und bemühte mich ca. 20 Minuten lang nicht zu atmen. Die Höllenglocke schlägt, wir wechseln kurz ins dramatische Präsens. Ich fühle mich wie unser Schulhausmeister, vermutlich, wenn er die Siegesfanfare der »Wochenschau« hört. Ergriffen.

Etwa zwei Nachmittage später hatte ich »Back In Black« dann endlich erfolgreich »überspielt«, auf meine ehrliche Art, nicht zuletzt auch aus reinem Trotz gegenüber dem Spott und den Belehrungen meines Vaters. »Warum nimmste kein Überspielkabel?!«

»Rock And Roll Ain’t Noise Pollution«, Schulwechsel, im Sommer 1981. Mein neuer Geschichtslehrer bekannte sich zu General Ludendorff, er hatte Bücher über tapfere Einzelkämpfer im Atlantik geschrieben, wie Ecki wusste. Mein Sitznachbar, natürlich. Er trug einen langen, aber ungepflegten Iro und einen Parka mit »Schieß doch Bulle«-Zielschiebe als Aufnäher auf dem Rücken. Ein Glück, dass ich hier und nicht auf einer integrierten Gesamtschule gelandet war. Auf welch ideologisch schiefe Ski-Piste wäre ich sonst geraten!

»Let Me Put My Love Into You«. Im Frühjahr 2018 entnehme ich der Musikpresse, dass AC/DC zum World Record Day im April »Back In Black« tatsächlich noch einmal neu herausbringen werden – als Kassette. Rache für den Harz, die Lehrer und alles! Limitiert auf 2.500 Stück. Ihr findet mich auf der Warteliste, mit einem zufriedenen Grinsen.

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