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Dramatischer Beschäftigungsabbau
ОглавлениеIn den Jahren von 1961 bis 1970 erlebte Oberhausen den höchsten Abbau von Industriearbeitsplätzen in der gesamten Stadtgeschichte. In diesem Zeitraum wurden insgesamt 18.600 Arbeitsplätze abgebaut. Betroffen hiervon waren neben dem Bergbau, mit dem Verlust von über 8.000 Arbeitsplätzen, insbesondere die Betriebe der Eisen- und Metallerzeugung sowie des Stahl-, Maschinen- und Fahrzeugbaus mit einem Rückgang der Mitarbeiterzahl um 7.000 Personen.
Die 1958 beginnende Strukturkrise des Steinkohlenbergbaus wurde ausgelöst durch die Einfuhr preiswerter amerikanischer Kohle und ständig zunehmende Erdölimporte. Mitte der 1960er Jahre standen die Bergbauunternehmen in Oberhausen vor massiven Absatzproblemen, in deren Folge es 1968 zur Schließung der Zeche Concordia, auf der 1961 noch über 4.000 Bergleute arbeiteten, kam sowie zu einem Belegschaftsabbau auf der Zeche Osterfeld von 6.100 (1961) auf 3.100 Beschäftigte im Jahr 1970. Die weltweiten Überkapazitäten insbesondere beim Massenstahl führten bei der Hüttenwerke Oberhausen AG (HOAG) seit 1965 zu einschneidenden Anpassungsmaßnahmen. Die Belegschaft am Standort Oberhausen verringerte sich von 13.600 (1961) auf 10.100 (1970) Mitarbeiter. Auch in den stark exportorientierten Oberhausener Betrieben des Maschinen-, Fahrzeug- und Anlagenbaus wurden in den 1960er Jahren Arbeitsplätze abgebaut. Von 1961 bis 1970 nahm die Belegschaftszahl bei der GHH Sterkrade AG von 9.200 auf 8.600 ab. Im gleichen Zeitraum reduzierte sich die Beschäftigtenzahl bei der Deutsche Babcock AG von 7.100 auf 6.800.
Bei der Ruhrchemie wurden in Folge der 1958 begonnen Neuordnung des Unternehmens von 1958 bis 1970 rund 400 Arbeitsplätze abgebaut. 1967 zog die Unternehmensleitung jedoch eine positive Bilanz des Konsolidierungsprozesses: Das Umsatzvolumen des Geschäftsjahres 1966/67 hatte sich gegenüber dem Vorjahr um mehr als sechs Prozent gesteigert, 40 Prozent der Produktion gingen ins Ausland, das Aktienkapital wurde zum 1. Juli 1967 auf 84 Mill. DM erhöht und den Aktionären wurden 14 Prozent Dividende gezahlt (WAZ, 18. August 1967).
Auch im Bereich der Konsumgüterindustrie wurden in erheblichem Umfang Arbeitsplätze abgebaut: 1965 stellt die Polstermöbelfabrik Carl Hemmers mit 1.000 Beschäftigten die Produktion ein. Lediglich rund 150 Mitarbeiter finden bei der Polstermöbelfabrik Profilia in den ehemaligen Hemmers Werkhallen einen neuen Arbeitsplatz (NRZ, 23./24. März 1967). Der Verlust von so vielen Industriearbeitsplätzen wirkte sich auch auf andere Wirtschaftsbereiche aus: Im Baugewerbe wurden 2.000 Arbeitsplätze abgebaut und im Handel 600.
Diesem massiven Beschäftigungsabbau standen lediglich 2.200 neu geschaffene Arbeitsplätze im tertiären Sektor gegenüber. Ein über Jahrzehnte anhaltender Strukturwandel der Oberhausener Wirtschaft hatte begonnen, in dem sich zunächst der Anteil des tertiären Sektors von 32 Prozent (1961) auf 40 Prozent (1970) erhöhte, während gleichzeitig der Wert für den primären und sekundären Sektor zusammen von 68 auf 60 Prozent abnahm9.
Der räumlichen Verteilung der Arbeitsstätten im Stadtgebiet entsprechend, waren die drei Stadtbezirke Oberhausens in unterschiedlicher Weise von Arbeitsplatzverlusten betroffen. Der große Verlierer war Alt-Oberhausen. Von den 1961 in Alt-Oberhausen existierenden 61.500 Arbeitsplätzen wurde fast jeder Fünfte bis 1970 abgebaut. Absolut waren dies 11.600, während in Osterfeld die Beschäftigtenzahl insgesamt nur geringfügig abnahm und Sterkrade eine leichte Zunahme verzeichnen konnte.
Das deutlich geringere Arbeitsplatzangebot führte neben erhöhten Fortzügen aus Oberhausen in der zweiten Hälfte der 1960er Jahre auch zu einem erheblichen Ansteigen der Auspendlerzahlen von 19.400 (1961) auf 25.000 (1970). Die Zahl der Einpendler blieb dagegen mit 16.000 Einpendlern konstant. Der sich damit ergebende Auspendlersaldo nahm in diesem Zeitraum von 3.100 auf 8.700 Personen zu. Die intensivsten Austauschbeziehungen bestanden auch weiterhin zu den Nachbarstädten Duisburg, Essen, Bottrop und Mülheim. Die Mehrzahl der Berufspendler waren Männer im Alter von 25 bis unter 45 Jahren. Die Ein- und Auspendler nach Duisburg, Essen und Mülheim waren überwiegend im Verarbeitenden Gewerbe beschäftigt, für die Auspendler nach Bottrop waren die Zechen Prosper und Franz Haniel die wichtigsten Arbeitgeber10.