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Das Zechensterben geht weiter
ОглавлениеAm 27. November 1968 wurde die Ruhrkohle AG als Konsolidierungsunternehmen der deutschen Steinkohleförderung gegründet. Alle noch in Oberhausen existierenden Bergbaubetriebe wurden in die neue Gesellschaft überführt. Der Hüttenvertrag von 1969 zwischen der Ruhrkohle AG und den deutschen Hüttenbetrieben bildete die Geschäftsgrundlage des Unternehmens.
Wer Hoffnungen gehegt hatte, dass weitere Zechenschließungen verhindert werden könnten, sah sich schnell enttäuscht. Im Rahmen des Anpassungsprogramms der Ruhrkohle AG wurde bereits im Sommer 1971 ein Auslaufen der Förderung auf der Hausbrandzeche Alstaden bis 1975 beschlossen. Aber schon am 15. Dezember 1972 wurde nach 115 Jahren die Förderung auf der von vielen Bergleuten und Bewohnern in Alstaden „Familienpütt“ genannten Zeche eingestellt. Die Mehrzahl der zuletzt gut 500 Belegschaftsmitglieder fand auf den Schachtanlagen Osterfeld und Jacobi oder auf Prosper und Franz Haniel in Bottrop einen neuen Arbeitsplatz. Für einige Kumpel war es der Beginn des vorgezogenen verdienten Ruhestandes. Mit der Zechenschließung entfiel auch die Bereitstellung der Sole an das Solbad Raffelberg in Mülheim-Speldorf, so dass dieses ebenfalls seinen Betrieb einstellen musste (WAZ, 1. Juli 1971 und 16. Dezember 1972). Erst 1979 wurde das Bad wieder mit Sole aus einem Schacht der Zeche Concordia versorgt.
Im Jahr 1973 folgten weitere gravierende Veränderungen für den Bergbau in Oberhausen, denn die Ruhrkohle AG forderte eine Konzentration des Abbaus auf die besten Lagerstätten sowie eine optimale Ausnutzung der Übertageanlagen. Um diesem Auftrag zu entsprechen, wurde die Schließung der Zeche Jacobi beschlossen und im Zuge der Nordwanderung des Kohleabbaus der an der Straße Zum Ravenhorst vorhandene Nordschacht der Zeche Osterfeld zu einer modernen Seilfahrt ausgebaut. Am 1. April 1974 erfolgte dann die Stilllegung der Zeche Jacobi. Der größte Teil der Belegschaft, am Jahresende 1973 waren dies fast 3.900, konnte auf der Zeche Osterfeld einen neuen Arbeitsplatz finden. Hier wie auch bei der Schließung der Zeche Alstaden zeigte sich in der Übernahme der Belegschaften ein positiver Aspekt des Zusammenschlusses der deutschen Steinkohleunternehmen in der Ruhrkohle AG (WAZ, 10. Februar 1973).
Die Zeche Osterfeld wurde neben der Erhöhung der Tagesförderung auch durch die Inbetriebnahme der modernsten Kokerei in Europa am 1. März 1973 zu einer modernen Großschachtanlage. Oberbürgermeisterin Luise Albertz nahm die feierliche Inbetriebnahme vor. Die mit einem Investitionsvolumen von über 120 Millionen DM, davon allein 15 Millionen für den Umweltschutz, von der Osterfelder Baugesellschaft Theodor Küppers gebaute, damals größte Kokerei Europas mit ihren über 90 Meter hohen Kaminen trug, wenn auch mit einigen Anlaufproblemen, zu einer erheblichen Reduzierung der Staub- und Geruchsbelästigung für die Bevölkerung bei (WAZ, 1. März 1973).
Ende 1973 gab es für kurze Zeit die Hoffnung, dass die Schließung von Jacobi doch vermieden werden könnte. Der ▶ Jom-Kippur-Krieg veranlasste die Organisation der Erdölexportierenden Staaten (OPEC) am 17. Oktober 1973 die Ölförderung um fünf Prozent zu drosseln, was zu einer unmittelbaren Steigerung des Ölpreises um 70 Prozent führte. Von dieser sogenannten „Ersten Ölkrise“ waren alle wichtigen Industrienationen betroffen. In Deutschland markierte sie das Ende der wirtschaftlichen Stabilität der Nachkriegszeit und konfrontierte die Menschen in zunehmender Stärke mit den Themen Kurzarbeit, Arbeitslosigkeit und steigenden Sozialausgaben.
Um Öl einzusparen wurde in der Bundesrepublik vom 25. November bis zum 16. Dezember 1973 ein allgemeines Sonntagsfahrverbot eingeführt. Der wirtschaftliche Effekt dieser Maßnahme war gering, für die Menschen damals war es allerdings ein prägendes Erlebnis. Die Zeche Jacobi konnte von der Ölkrise nicht profitieren, die Förderung wurde wie beschlossen eingestellt und aus dem bisherigen Verbundbergwerk Haniel/Jacobi wurde das Verbundbergwerk Prosper/Haniel14.