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1.3.13Integrative systemische Therapiemodelle
ОглавлениеRüdiger Retzlaff
Neben den bislang vorgestellten systemischen Ansätzen lassen sich gegenwärtig Tendenzen zur Integration verschiedener Modelle beobachten. In Feldern wie der Eltern-Säuglings-Therapie, der Traumatherapie, der Sexualtherapie oder der Paartherapie (Welter-Enderlin u. Jellouschek 2002) haben sich solche integrativen Konzepte bereits seit Längerem bewährt.
Schon in den Anfangsjahren der systemischen Familientherapie in den 1950er- und 1960er-Jahren gab es eine Offenheit für unterschiedliche wissenschaftliche Modelle, therapeutische Traditionen und Theoriesysteme. Ausgebildet in unterschiedlichen psychotherapeutischen Schulen, arbeiteten die Gründerpersönlichkeiten in diversen Praxisfeldern mit Kollegen anderer Richtungen zusammen. So wurden beispielsweise durch die Zusammenarbeit der frühen Palo-Alto-Gruppe mit Milton Erickson zahlreiche Elemente der hypnotherapeutischen Konzepte übernommen, die heute zum Standardrepertoire der systemischen Therapie zählen. Die frühen Abgrenzungskonflikte zwischen verschiedenen Richtungen erscheinen rückblickend als unterschiedliche Entwicklungsphasen der systemischen Therapie. In die therapeutische Praxis wurden bewährte Elemente integriert, die inzwischen zum gemeinsamen Fundus systemischer Techniken gehören (Nichols u. Schwartz 2012; Retzlaff 2012; von Schlippe u. Schweitzer 2012).
In unterschiedlichen Provinzen der systemischen Landschaft gibt es verschiedene Vorlieben – die im deutschsprachigen Raum beliebte hypnosystemische Therapie ist in Großbritannien und den USA deutlich weniger verbreitet. Umgekehrt ist die in diesen Ländern gebräuchliche Einbeziehung von bindungsorientierten Konzepten und verhaltenstherapeutischen Elementen in pragmatisch orientierte systemische Therapien im deutschsprachigen Raum bisher noch sehr viel weniger üblich.
Insgesamt lässt sich ein Trend zu komplexen, manualisierten Behandlungsprogrammen beobachten, die von Forschergruppen für bestimmte Störungsbilder – insbesondere für Substanz- und Sozialverhaltensstörungen, Essstörungen und körperliche Erkrankungen – entwickelt, erforscht und verbreitet werden (Sydow et al. 2007). In diesem Abschnitt werden integrative systemische Ansätze – die sogenannten Markennamentherapien –, bindungsorientierte und humanistische systemische Ansätze sowie die mentalisierungsbasierte Familientherapie vorgestellt.