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Textuelle Sichtbarkeit

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ÜbersetzerInnen produzieren nicht nur Übersetzungen, sondern auch andere Texte, wie Vor- und Nachworte, Interviews zu ihren Arbeiten etc. Wenn es um die Sichtbarkeit in der Übersetzung geht, so wurde die Perspektive meist auf die Frage verfremdende oder einbürgernde Übersetzungsmethode verengt. Es gibt jedoch auch noch andere Möglichkeiten, die sichtbare Präsenz von ÜbersetzerInnen jenseits der Frage, wie sie mit dem Fremdheitspotential des Ausgangstexts umgegangen sind, zu diskutieren, nämlich inwieweit ÜbersetzerInnen als Individuen in ihren Texten sichtbar werden. Diese Frage rückte etwa zeitgleich mit Venutis Buch zur Unsichtbarkeit von ÜbersetzerInnen (1995) in das Blickfeld der Übersetzungswissenschaft. Einen wesentlichen Beitrag lieferte dabei Theo Hermans, der mit dem Konzept der Stimme von ÜbersetzerInnen (1996) und später dem Konzept der „attitude“ (2007) individuelle Interventionen von ÜbersetzerInnen sichtbar machen wollte. Diese umfassen sowohl stilistische Charakteristika, subjektive Entscheidungen als auch ideologische und ethische Werthaltungen. Statt der eher generischen Sichtbarkeit, die pauschal an eine bestimmte Übersetzungsmethode gebunden wird, rückt nunmehr die Subjektivität übersetzerischer Entscheidungen in den Mittelpunkt, wodurch ÜbersetzerInnen in ihrer Individualität sichtbar gemacht werden können.

Auch postmoderne Vertextungsstrategien wie bricolage, Selbstreferentialität, Collagentechniken etc. eröffnen für ÜbersetzerInnen neue Möglichkeiten, sich in den Zieltext einzuschreiben. In diesem Sinne plädiert Coldiron dafür, Sichtbarkeit nicht nur im Hinblick auf Fremdheit, sondern auch als „aesthetic resources, ludic elements“ (Coldiron 2012: 196) zu untersuchen. Ein Beispiel für solche Spielräume stellt Mark Z. Danielewskis Roman House of Leaves (2000) dar, ein Roman, der mit unterschiedlichen Typographien, Textsorten, einem riesigen Fußnoten- und Anmerkungsapparat arbeitet, durch die eine rhizomartig aufgebaute Erzählung entsteht, die sich wie ein „metafiktionaler, postmoderner Hypertextroman“ liest (Frankfurter Allgemeine Zeitung 2007). Während die deutsche Übersetzerin dies lediglich dazu nutzte, sich mit etymologischen Ausführungen über das Wort „Rätsel“ in der Erzählung sichtbar zu machen (vgl. Danielewski 2009: 45), schuf der französische Übersetzer, Claro, einen eigenen Fußnotenapparat mit eigener Typographie, der eine zusätzliche Ebene der Erzählung bildete (vgl. Danielewski 2002). Inwieweit diese Sichtbarkeitsstrategien mit einem kulturspezifischen Übersetzungsverständnis oder mit individuellen übersetzerischen Entscheidungen zu tun haben, wäre eine eigene Untersuchung wert.

ÜbersetzerInnen können sich jedoch nicht nur in ihren Übersetzungen, sondern auch in Paratexten (wie Vor- und Nachworten, Anmerkungen in der Übersetzung) und Epitexten (wie zum Beispiel Interviews zu ihren Übersetzungen) (un-)sichtbar machen. Ob sie dabei ihre Arbeit, ihre Übersetzungsstrategien, ihre Auffassungen, Interpretationen sichtbar machen, oder diese verschleiern, indem sie zum Beispiel vor allem über den Autor bzw. die Autorin und das Original schreiben bzw. reden, ist historisch variabel und hängt wiederum von kulturellen und auch verlagspolitischen Faktoren ab (vgl. Batchelor 2018: 33f.).

Die Sichtbarkeit der Übersetzung

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