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5.2 Frailty (Gebrechlichkeit) Cornel Sieber und Andreas Kruse 5.2.1 Einleitung

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Frailty stammt als Begriff ursprünglich aus der Neonatologie, wo es die Fragilität des Frühgeborenen beschreibt. Vor einigen Jahren hat der Begriff Eingang in die geriatrische Literatur gefunden (Fried et al. 2001, Rockwood et al. 2007b). Auch hier beschreibt er die Verletzlichkeit (hoch)betagter Menschen gegenüber endogenen und v. a. exogenen Stressoren, die ein fein ausbalanciertes – aber eben fragiles – System zum Kippen bringen können (Bauer und Sieber 2008; Bergman et al. 2007; Renteln-Kruse und Mindner 2016).

In der internationalen Literatur wird mit dem Begriff Frailty eine allmählich zunehmende Schwächung des Organismus umschrieben, deren Dynamik sich in kontinuierlichen Rückgängen in physiologischen, zellulären, molekularen Funktionen sowie verringerten Reservekapazitäten der Muskulatur, der Knochen, des Kreislaufs, der hormonellen und immunologischen Systeme zeigt (Buttery et al. 2015). Die mit dem Begriff bezeichnete erhöhte Verletzlichkeit (Kruse 2017) bedingt, dass sich die Leistungsfähigkeit der verschiedenen Organe nach und nach einer Schwelle annähert, ab der eine klinisch manifeste Funktionsstörung eintritt. Zudem ist nach Überschreiten dieser Schwelle die Widerstandsfähigkeit in einem Maße geschwächt, dass es für den Organismus immer schwerer wird, Infektionen abzuwehren (Clegg et al. 2013). Frailty ist dabei nicht als Rückgang von Ressourcen in einem Funktionssystem, sondern in mehreren Funktionssystemen zu verstehen. Zudem handelt es sich hierbei um ein mehrdimensionales Konzept, das von einem Wechselspiel physischer, psychischer, kognitiver, sozialer und ökologischer Faktoren ausgeht (Avila-Funes et al. 2012). Die im Deutschen übliche Übersetzung von Frailty mit Gebrechlichkeit wird dem Phänomen aus mehreren Gründen nicht gerecht. Gebrechlichkeit wird gemeinhin mit Pflegebedürftigkeit und weniger mit allmählich zunehmender Gebrechlichkeit assoziiert. Des Weiteren darf Frailty nicht mit Fähigkeitseinbußen und Morbidität gleichgesetzt werden (Gale et al. 2015), sondern umfasst ausdrücklich auch psychische und psychosoziale Aspekte (Nicholson 2009; Strawbridge et al. 1998). Und schließlich gehört zur Dynamik von Frailty auch, dass durch Intervention positive Veränderungen herbeigeführt werden können: Der Prozess wachsender Einbußen kann verlangsamt, aufgehalten und umgekehrt werden. Frailty wie auch seine Vorläuferstadien – in der Literatur mit dem Begriff »Pre-Frailty« belegt – werden als potenziell reversibel angesehen, sodass hier in besonderer Weise auf Therapie, Rehabilitation und rehabilitative Pflege zu achten ist.

Insgesamt ist der Begriff »Frailty « weithin etabliert bei Geriatern und auch anderen im geriatrischen Gebiet Tätigen. Wenn später auch vermehrt über Sarkopenie – also eine altersbedingte Abnahme der Muskelmasse – gesprochen wird, dann deshalb, weil die Sarkopenie in sehr vielen Belangen Überschneidungen zu Frailty zeigt und therapeutisch angehbar ist. So sind wohl Bestrebungen, Frailty zu einer ICD-Diagnose zu erheben, nicht von Erfolg gezeitigt, da einzelne Parameter bei den gängigen Assessment-Instrumenten für Frailty zu schwierig zu quantifizieren sind, wohingegen dies für die Sarkopenie möglich ist ( Kap. 44).

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